MoR 04 - Caesars Frauen
des Vorrats, der Hausgemeinschaft und der Ahnen, der Eltern und der Kinder. Meine Tochter sieht sich als Teil des Juliergeschlechts.«
»Ich weigere mich zu glauben, daß es in Rom jemanden gibt, der dir politisch mehr bieten könnte als Brutus.«
»Das mag in zehn Jahren vielleicht zutreffen. Und sogar mit Sicherheit in zwanzig Jahren. Doch jetzt bin ich auf verstärkten politischen Einfluß angewiesen. Wenn Brutus’ Vater heute noch am Leben wäre, lägen die Dinge anders. Aber dein Familienoberhaupt ist vierundzwanzig Jahre alt, das gilt für Servilius Caepio ebenso wie für Junius Brutus. Ich brauche die Hilfe eines Mannes, der mein Alter hat.«
Brutus hatte keine Regung gezeigt, hatte auch nicht angefangen zu weinen. Er hörte zwar all die Worte, die Caesar und seine Mutter wechselten, doch erreichten sie ihn nicht wirklich. Sie standen da im Raum und bedeuteten etwas, was er wohl verstand. Er würde sich an sie erinnern. Doch warum war nur seine Mutter nicht viel wütender?
Tatsächlich zitterte Servilia vor Wut, doch hatte die Erfahrung sie gelehrt, daß Caesar ihr in jeder Auseinandersetzung überlegen war. Sie mußte sich beherrschen, den Schwachpunkt des Gegners suchen, sich in ihn hineinversetzen und dann zum Schlag ausholen.
»Wer ist der Mann?« fragte sie mit durchdringenden Augen.
Caesar, was ist los mit dir? Gib zu, daß du das alles hier im Grunde genießt, wenn du ganz ehrlich bist. Dein Genuß wäre natürlich größer, gäbe es diesen armen, gebrochenen jungen Mann dort drüben nicht. In den Sekunden, in denen du jetzt gleich seinen Namen aussprechen wirst, wirst du mehr Befriedigung empfinden als an dem Tag, an dem du ihr gesagt hast, daß du sie nicht heiraten würdest. Enttäuschte Liebe kann Servilia nicht umbringen, doch die Beleidigung, die ich ihr jetzt zumuten werde, könnte es...
»Gnaeus Pompeius Magnus«, sagte er.
» Wer? «
»Du hast es gehört.«
»Das ist nicht wahr!« Ihr ganzer Körper bebte. »Das ist nicht wahr!« Ihre Augen traten hervor. »Das ist nicht wahr!« Ihre Beine gaben nach, sie wankte auf den Stuhl zu, der am weitesten von Brutus entfernt stand. »Das kann einfach nicht wahr sein!«
»Warum nicht!« fragte er kühl. »Nenn mir nur einen besseren Verbündeten als Magnus, und ich bin bereit, die Verlobung zwischen ihm und Julia genauso aufzulösen, wie ich soeben diese löste.«
»Er ist ein — ein — ein Emporkömmling! Ein Niemand! Ein Ignorant!«
»Mit deiner ersten Bezeichnung stimme ich gern überein. Nicht aber mit der zweiten und der dritten. Magnus ist weit davon entfernt, ein Niemand zu sein. Er ist der Erste Mann in Rom. Auch ist er beileibe kein Ignorant. Ob es uns gefällt oder nicht, Servilia, der Sohn des Schlächters aus Picenum hat einen breiteren Pfad durch Roms Wald gehauen als Sulla es vermochte. Sein Reichtum ist schier unermeßlich, und seine Macht ist noch größer. Wir können nur von Glück sagen, daß er niemals so weit wie Sulla gehen würde, weil er nicht den Mut dazu hat. Das einzige, wonach er strebt, ist, einer von uns zu sein.«
»Er wird nie zu uns gehören!« rief sie mit geballten Fäusten.
»Indem er eine Julierin heiratet, hat er bereits den ersten Schritt getan.«
»Man sollte dich auspeitschen lassen, Caesar! Dreißig Jahre Altersunterschied liegen zwischen den beiden — er ist ein alter Mann und sie kaum eine Frau!«
»Ach, sei doch still!« sagte er. »Die meisten deiner Launen ertrage ich gut, domina, jedoch nicht diese — ach so ehrliche — Entrüstung.«
Er warf ihr einen kleinen Gegenstand in den Schoß, dann ging er zu Brutus hinüber. »Es tut mir wirklich leid, mein Junge«, sagte er und berührte sanft die noch immer verkrampfte Schulter. Brutus schüttelte ihn nicht ab, seine glanzlosen Augen bückten zu Caesar auf.
Ob er ihm, wie geplant, sagen sollte, daß Julia in Pompeius verliebt war? Nein. Das wäre allzu grausam. Dann wollte er ihm sagen, er würde sicher eine andere finden. Doch er ließ es sein.
Das scharlachrote Gewand wirbelte durch die Luft, die Tür schloß sich hinter dem Pontifex Maximus.
Der Gegenstand in Servilias Schoß war ein großer, rötlicher Stein. Sie war gerade im Begriff gewesen, ihn durch das offene Fenster in den Garten zu schleudern, als sie bemerkte, wie verlockend sich das Licht in ihm brach, und sie hielt inne. Nein, das war kein Stein. Die Farbe seiner rundlichen Herzform erinnerte an eine Erdbeere, doch der Stein leuchtete und glänzte und glitzerte so matt
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