MoR 04 - Caesars Frauen
Ausstrahlung; in dieser Hinsicht erinnerte sie Caesar an seine Mutter, die eine Cousine ersten Grades von Calpurnias Großmutter, einer Rutilia war. Intelligent, belesen, liebenswürdig und niemals fordernd, fügte sie sich in das Domus Publica mit solcher Leichtigkeit ein, als habe sie schon immer dort gelebt. Da sie zudem im gleichen Alter wie Julia war, tröstete sie alle Mitbewohner — und besonders Caesar — über deren Verlust hinweg.
Caesar hatte im Umgang mit ihr seinen ganzen Schatz an Erfahrung aufgeboten. Einer der großen Nachteile arrangierter Heiraten, besonders jener schnell entstandenen, war die Reaktionsweise der neuen Frau. Sie kam zu ihrem Ehemann als völlig Fremde, und wenn sie, wie Calpurnia, ein reserviertes Wesen hatte, errichteten Scheu und Verlegenheit häufig eine Mauer. Da Caesar sie verstehen konnte, bemühte er sich sehr, diese Mauer abzubauen. Er behandelte sie ähnlich wie Julia, nur mit dem Unterschied, daß Calpurnia seine Frau, nicht seine Tochter war. Wenn er sie liebte, war er zärtlich, aufmerksam und heiter, und so verhielt er sich ihr gegenüber auch auf allen anderen Ebenen.
Als sie von ihrem hocherfreuten Vater hörte, daß sie den Ersten Konsul und Pontifex Maximus heiraten würde, hatte sie aller Mut verlassen. Wie sollte sie ihm nur gerecht werden? Und dann erwies er sich als so nett, so liebevoll! Tagtäglich überraschte Caesar sie mit Geschenken, mit einem Schal, hübschen Sandalen oder Ohrringen, die er an einem Marktstand hatte glitzern sehen. Einmal ließ er im Vorbeigehen etwas in ihren Schoß fallen. Das Ding bewegte sich und ließ ein winziges Miau ertönen — es war ein kleiner Kater! Wie konnte er nur wissen, daß sie Katzen über alles liebte und daß sie, da ihre Mutter diese Tiere haßte, nie selbst eine gehabt hatte?
Calpurnias dunkle Augen leuchteten, als sie das orangefarbene Knäuel an ihre Wange drückte; sie strahlte ihren Mann an.
»Jetzt ist er noch ein wenig jung, doch wenn du ihn mir an Neujahr gibst, dann werde ich ihn für dich kastrieren«, sagte Caesar, der selbst erstaunt darüber war, wie sehr ihn der beglückte Ausdruck auf ihrem reizenden Gesicht erfreute.
»Ich werde ihn Felix nennen«, sagte sie, noch immer lächelnd.
Ihr Mann lachte. »Felix der Glückliche. Warum — weil er fruchtbar ist? Im neuen Jahr wird dieser Name widersprüchlich klingen, Calpurnia. Wenn man ihn nicht kastriert, wird er niemals zu Hause bleiben, um dir Gesellschaft zu leisten, und es gibt einen Kater mehr, nach dem ich mitten in der Nacht mit meinem Schuh werfen muß. Nenn ihn Eunuch, das ist viel passender.«
Calpurnia stand mit dem Kätzchen auf, legte einen Arm um Caesars Hals und küßte ihn auf seine Wange. »Nein, er heißt Felix.«
Caesar drehte seinen Kopf, bis ihre Lippen seinen Mund erreichten. »Ich habe solches Glück«, sagte er nach dem Kuß.
»Woher hast du ihn?« fragte sie und imitierte, ohne es zu ahnen, Julia, indem sie die Lachfältchen in seinem Augenwinkel küßte.
Caesar unterdrückte seine Tränen und nahm sie in die Arme. »Ich habe Lust, mit dir zu schlafen; setz Felix ab und komm mit mir. Du machst mein Leben so viel leichter.«
Ein wenig später wiederholte er den letzten Satz auch seiner Mutter gegenüber.
»Sie erleichtert mir das Leben ohne Julia.«
»Ja, das ist wahr. In dieses Haus gehört ein junger Mensch, und ich bin froh, daß du genau wie ich empfindest.«
»Die beiden sind sehr unterschiedlich.«
»Ja, allerdings, und das ist gut so.«
»Das Kätzchen mochte sie viel lieber als die Perlen.«
»Das ist ein gutes Zeichen.« Aurelia runzelte die Stirn. »Es wird für sie nicht einfach werden, Caesar. In sechs Monaten bist du fort, und dann wird sie dich jahrelang nicht sehen.«
»Wird sie denn Caesars Frau auch bleiben?«
»Da sie das Kätzchen lieber mochte als die Perlen, bezweifle ich, daß ihre Treue wanken wird. Am besten wäre es, wenn du sie schwängern würdest, bevor du gehst — mit einem Säugling wäre sie beschäftigt. Doch diese Dinge lassen sich nicht beschwören; ich habe außerdem nicht feststellen können, daß deine Neigung für Servilia nachgelassen hätte. Kein Mann verfügt über unendliche Ressourcen, Caesar, und das gilt selbst für dich. Du solltest mit Calpurnia öfter und mit Servilia seltener schlafen.«
»Mater, du bist wirklich eine harte Frau! Was für ein kluger Rat, doch leider habe ich nicht vor, ihn zu befolgen.«
Aurelia wechselte das Thema. »Ich hörte, daß Pompeius
Weitere Kostenlose Bücher