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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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daß Vettius keine andere Quelle für den Dolch eingefallen sei; doch im Senat begriffen alle die Symbolik dieser Geste: Es war ganz einfach Bibulus’ Art zu sagen, daß das geplante Verbrechen seine Unterstützung finden würde.
    »Unsinn!« rief Pompeius, sich seiner Sache völlig sicher. »Marcus Bibulus hat mich bereits im Mai vor einem Mordkomplott gegen mich gewarnt. Bibulus kann nichts damit zu tun haben.«
    Man rief den jungen Curio herein, der den Senatsmitgliedern in Erinnerung brachte, daß Paullus sich in Makedonien aufhielt; die ganze Angelegenheit sei nichts weiter als ein Lügengespinst. Der Senat war zwar geneigt, dem zuzustimmen, hielt es jedoch für ratsam, Vettius zum Zwecke weiterer Verhöre zu inhaftieren. Es gab zu viele Parallelen mit Catilina, und niemand wollte sich den Vorwurf machen lassen, einen Römer ohne Gerichtsverfahren hingerichtet zu haben, und wenn es sich auch nur um Vettius handelte. Diese Verschwörung durfte nicht eskalieren und dem Senat aus den Händen gleiten. Caesar als Erster Konsul entsprach dem Wunsche des Senats und befahl seinen Liktoren, Lucius Vettius in das Lautumiae-Gefängnis zu bringen und an die Mauer seiner Zelle ketten zu lassen; anders war einer Flucht aus diesem baufälligen Gefängnis nicht vorzubeugen.
    Obgleich die Sache, oberflächlich betrachtet, ganz und gar ungereimt zu sein schien, beschlich Caesar ein Gefühl der Unruhe; sein Selbsterhaltungstrieb sagte ihm, daß es sich um eine jener Situationen handelte, in der man keine Mühe scheuen durfte, die Volksversammlung über die Geschehnisse zu informieren. Die Angelegenheit durfte nicht auf das Innere der Senatskammer begrenzt werden. Deshalb rief er die Volksversammlung zusammen, nachdem er die Senatoren entlassen hatte, und setzte sie über den Vorfall in Kenntnis. Einen Tag später ließ er Vettius zur öffentlichen Befragung auf die Rostra bringen.
    Diesmal klang Vettius’ Verschwörerliste anders. Nein, Brutus hatte nichts damit zu tun. Richtig, er hatte wohl vergasen, daß Paullus sich in Makedonien aufhielt. Was Spinthers Sohn betraf, da hatte er sich wohl getäuscht, vielleicht war es ja Marcellinus’ Sohn gewesen — schließlich gehörte sowohl Spinther als auch Marcellinus zur Familie der Cornelii Lentuli und beide waren zukünftige Kandidaten für das Konsulat. Und er fuhr fort, noch weitere und neue Namen aufzutischen: Lucullus, Gaius Fannius, Lucius Ahenobarbus und Cicero. Alles waren boni oder boni- Anhänger. Angewidert ließ Caesar Vettius in das Lautumiae-Gefängnis zurückbringen.
    Vatinius jedoch fand, daß man mit Vettius strenger umzugehen habe, ließ ihn eiligst auf die Rostra zurückschaffen und setzte ihn einer gnadenlosen Befragung aus. Vettius beharrte auf der Richtigkeit der genannten Namen und fügte noch zwei weitere hinzu: zum einen ausgerechnet Piso Frugi, Ciceros Schwiegersohn, der als besonders respektable Stütze der Gesellschaft galt; zum anderen Senator Juventius, bekannt für seine Unentschlossenheit. Die Versammlung wurde abgebrochen, nachdem Vatinius vorgeschlagen hatte, einen Gesetzentwurf vor die Plebejische Versammlung zu bringen, um eine offizielle Untersuchung der Vettius-Affäre einzuleiten.
    An diesem Punkt schien alles undurchschaubar, nur eines lag klar auf der Hand: Die boni hatten mehr als genug von ihrem eigenen Mordkomplott gegen Pompeius. Jedenfalls war selbst der aufmerksamste Beobachter des öffentlichen Lebens nicht mehr in der Lage, die verworrenen Fäden zu entwirren, die Vettius — gewoben? — nein, verknotet hatte.
    Pompeius selbst war nun der festen Meinung, daß gegen ihn ein Komplott im Gange war, doch war er nicht zu überzeugen, daß die boni dafür verantwortlich zeichneten. Hatte nicht Bibulus persönlich ihn gewarnt? Doch wenn die boni nicht die Schuldigen waren, wer war es dann? Und schließlich kam er, wie auch Cicero, zu der Überzeugung, die Wahrheit käme schon ans Tageslicht, wenn erst Vatinius’ Untersuchung der Affäre eingeleitet sei.
    Es gab noch etwas anderes, das an Caesar nagte. Daß Vettius ihn haßte, war eine Tatsache. In welche Richtung also hatte die Affäre führen sollen? War sie auf Umwegen gegen ihn gerichtet? Wollte man einen Keil zwischen ihn und Pompeius treiben? Caesar beschloß, den Monat bis zum Beginn der offiziellen Untersuchung nicht mehr abzuwarten. Er wollte Vettius für eine weitere Befragung auf die Rostra bringen, und sein Instinkt riet ihm, dies schnell zu tun. Vielleicht war so noch zu

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