MoR 04 - Caesars Frauen
verhindern, daß sich der Name Gaius Julius Caesar in die Verhandlung einschlich.
Doch es kam anders. Als Caesars Liktoren aus der Richtung des Lautumiae-Gefängnisses herbeieilten, kamen sie ohne Vettius; schon aus der Ferne konnte man erkennen, wie bleich ihre Gesichter waren. Lucius Vettius war immer noch an seine Zellenwand gekettet, doch er war tot. An seinem Hals zeichneten sich Spuren von großen, starken Händen ab, an seinen Füßen Spuren eines verzweifelten Überlebenskampfes. Da man ihn angekettet hatte, hatte man es nicht für nötig gehalten, eine Wache aufzustellen. Wer immer nachts erschienen sein mochte, um Lucius Vettius zum Schweigen zu bringen, war ungesehen gekommen und verschwunden.
Cato, der in freudiger Erwartung abseits gestanden hatte, spürte, wie ihm das Blut in den Adern stockte; er war nur froh, daß sich die Aufmerksamkeit der Menge vor der Rostra ganz auf den aufgebrachten Caesar konzentrierte. Dieser gab seinen Liktoren in barschem Ton Anweisung, diejenigen, die in der Nähe des Gefängnisses wohnten, auszuhorchen. Und zu dem Zeitpunkt, als die Umstehenden Cato nach seiner Meinung zu dem Vorfall hätten fragen können, war er bereits davongeeilt. So schnell war er gelaufen, daß es Favonius nicht mehr gelang, ihn einzuholen.
Cato stürmte in Bibulus’ Haus, wo jener Ehrenwerte sich gerade in seinem Peristyl befand, ein Auge auf den wolkenlosen Himmel, das andere auf seine Besucher gerichtet: Metellus Scipio, Lucius Ahenobarbus und Gaius Piso.
»Wie konntest du es wagen, Bibulus?« donnerte Cato.
Die vier Männer wandten sich gleichzeitig zu ihm um.
»Wie konnte ich was wagen?« fragte Bibulus baß erstaunt.
»Vettius umzubringen!«
» Was? «
»Caesars Liktoren wollten soeben Vettius aus dem Lautumiae- Gefängnis holen und fanden ihn tot vor. Erwürgt, Bibulus! Warum? Warum hast du das nur getan? Ich hätte niemals meine Zustimmung dazu gegeben, das wußtest du ganz genau! Politischer Verrat ist eine Sache, besonders, wenn er sich gegen einen Hund wie Caesar richtet, doch Mord ist verabscheuungswürdig!«
Bibulus hatte Cato mit einem Ausdruck im Gesicht zugehört, als sei er kurz davor, ohnmächtig zu werden; jetzt stand er schwankend auf und streckte ihm die Hände entgegen.
»Cato, Cato! Kennst du mich denn so wenig? Weshalb sollte ich ausgerechnet einen armen Tropf wie Vettius ermorden? Wenn ich nicht Caesar umgebracht habe, warum dann irgend jemand anderen?«
Der Zorn in den grauen Augen begann zu verblassen; Cato blickte ihn unsicher an, dann hielt auch er ihm seine linke Hand entgegen. »Du warst es also nicht?«
»Ich war es nicht. Ich denke doch genau wie du, das war schon immer so und wird auch stets so bleiben: Mord ist verabscheuungswürdig.«
Die andern drei erholten sich allmählich von dem Schock; Metellus Scipio und Ahenobarbus umringten Bibulus und Cato, Gaius Piso lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schloß die Augen.
»Ist Vettius wirklich tot?« fragte Metellus Scipio.
»Caesars Liktoren haben es behauptet, und ich glaube ihnen.«
»Wer?« fragte Ahenobarbus. »Und wieso?«
Cato ging zu einem Tisch, auf dem eine Weinkaraffe und einige Becher standen, und schenkte sich ein. »Ich dachte wirklich, du seist es gewesen, Marcus Calpurnius«, sagte er und schüttete den Wein in sich hinein. »Es tut mir leid. Ich hätte es besser wissen müssen.«
»Wir sind uns sicher, daß es keiner von uns war«, sagte Ahenobarbus, »doch wer war es dann?«
»Es kann nur Caesar gewesen sein«, sagte Bibulus und versorgte sich ebenfalls mit Wein.
»Und welchen Vorteil hätte ihm der Mord gebracht?« fragte Metellus Scipio mit gerunzelter Stirn.
»Nicht einmal ich kann dir das sagen, Scipio«, sagte Bibulus. Da fiel sein Blick auf Gaius Piso, den einzigen von ihnen, der schweigend dasaß. Gräßliche Angst stieg in ihm hoch, er holte hörbar Atem. »Piso!« schrie er plötzlich. »Piso, nein, nicht du!«
Die blutunterlaufenen Augen, die tief in Gaius Pisos fleischigem Gesicht versunken lagen, funkelten verächtlich. »Oh, wann wirst du erwachsen werden, Bibulus!« sagte er müde. »Wie hätte dieser Schwachsinn sonst erfolgreich sein können? Habt ihr ernsthaft daran geglaubt, daß Vettius die Frechheit und den Schneid besitzen würde, eure Intrige durchzuführen? Er haßte Caesar, ja, doch zugleich erfüllte ihn der Mann mit Schrecken. Ihr beide seid doch solche Stümper! Was nützen eure ganze Würde, eure hehren Ideale, wenn ihr für die Intrigen, die ihr
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