MoR 05 - Rubikon
Milo seine Sklaven freigelassen hatte und diese verschwunden waren, für immer unauffindbar. Zu seinem Unglück konnte sich Milo nicht mehr wie kurz nach dem Mord auf die Hilfe des Caelius verlassen; Cicero war gehorsam nach Ravenna gereist und hatte es geschafft, Caelius nach seiner Rückkehr mundtot zu machen, ein schlimmes Omen für den sorgengeplagten Milo.
Doch auch Pompeius hatte Sorgen. Der Widerstand im Senat gegen seine Ernennung zum Diktator war so stark wie nie.
»Du bist doch einer der prominentesten boni« , sagte er zu Metellus Scipio, »und ich weiß, daß du nichts gegen meine Ernennung zum Diktator hast. Nicht, daß ich Diktator werden will, darum geht es überhaupt nicht. Ich verstehe nur nicht, was Cato, Bibulus oder Lucius Ahenobarbus und so viele andere dagegen haben. Ist politische Stabilität nicht jeden Preis wert?«
»Fast jeden«, erwiderte Metellus Scipio vorsichtig. Er war in spezieller Mission bei Pompeius, auf die er sich mit Cato und Bibulus stundenlang vorbereitet hatte. Seine Absichten waren allerdings nicht ganz so lauter, wie Cato und Bibulus annahmen. Metellus Scipio hatte nämlich seine eigenen Sorgen.
»Was heißt >fast« fragte Pompeius finster.
»Ich bin beauftragt, dir ein Angebot zu unterbreiten, Magnus.«
Und da war geschehen, was Pompeius nie für möglich gehalten hatte: Metellus Scipio hatte ihn »Magnus« genannt! Ein süßer Sieg! Pompeius wurde sichtbar größer, und ein Lächeln breitete sich über sein ganzes Gesicht aus.
»Nur zu, Scipio, ich höre!« Diesmal nannte er ihn Scipio, nicht Metellus.
»Was hältst du davon, wenn der Senat dich zum consul sine collega macht?«
»Du meinst, ich soll allein Konsul sein? Ohne einen Amtskollegen?«
»Ja.« Angestrengt versuchte Metellus Scipio sich zu erinnern, was er sagen sollte. »Der Widerstand gegen eine Diktatur richtet sich vor allen Dingen gegen die Unantastbarkeit des Diktators, Magnus. Er kann für nichts zur Verantwortung gezogen werden, was er während seiner Amtszeit unternimmt. Sulla hat das Vertrauen in dieses Amt zerstört. Und nicht nur die boni sind dagegen, viel stärker ist der Widerstand der Ritter der ersten achtzehn Zenturien, glaube mir. Vor allem sie haben damals Sullas Hand gespürt; sechzehnhundert von ihnen fielen seiner Verfolgung zum Opfer.«
»Aber warum sollte ich die Ritter verfolgen?« fragte Pompeius.
»Mir ist das doch alles klar, nur den anderen leider nicht!«
»Warum nicht? Ich bin doch nicht Sulla!«
»Weiß ich doch. Aber es gibt Menschen, die glauben, daß nicht die Person das Amt prägt, sondern das Amt die Person. Verstehst du, was ich meine?«
»Ja, ja. Daß jeder Diktator mit der Macht, die ihm sein Amt gibt, Mißbrauch treibt.«
Metellus Scipio lehnte sich zurück. »Genau.«
»Aber ich bin nicht so, Scipio.«
»Weiß ich doch, weiß ich doch! Ich kann doch nichts dafür, Magnus! Die Ritter wollen eben genausowenig wie Cato und Bibulus einen Diktator. Sobald nur das Wort >Proskription< fällt, werden sie aschfahl!«
»Während ein einzelner Konsul immer noch dem Gesetz untersteht«, sagte Pompeius nachdenklich. »Er kann hinterher vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden.«
Die nächste Bemerkung Metellus Scipios, so war es abgesprochen worden, sollte wie selbstverständlich klingen, und das gelang ihm auch. Wie beiläufig sagte er: »Für dich ist das ja kein Problem, Magnus. Du hättest vor Gericht nichts zu befürchten.«
»Stimmt.« Pompeius’ Miene hellte sich auf.
»Die Idee, einen Konsul ohne Kollegen einzusetzen, ist übrigens etwas Neues. Auch wenn es Zeiten gegeben hat, in denen ein Konsul aufgrund eines Todesfalls oder aufgrund von Vorzeichen, die die Ernennung eines zweiten Konsuls verhinderten, ein paar Monate lang ohne einen Amtskollegen regierte, zum Beispiel Quintus Marcius Rex.«
»Oder als Julius und Caesar Konsuln waren!« witzelte Pompeius lachend.
Caesars damaliger Amtskollege Bibulus hatte sich geweigert, zusammen mit Caesar zu regieren. Metellus Scipio fand das nicht besonders witzig, unterdrückte jedoch seinen Unwillen und sagte nichts. »Konsul ohne Amtskollege zu sein ist das großartigste Angebot, das man dir je gemacht hat.«
»Meinst du wirklich?« fragte Pompeius aufgeregt.
»Ganz sicher!«
»Na ja, dann!« Pompeius streckte die rechte Hand aus. »Abgemacht, Scipio, abgemacht.«
Die beiden Männer gaben sich die Hand, dann stand Metellus Scipio auf, ungeheuer erleichtert, daß er seinen Auftrag zu Bibulus’
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