Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
weiter beachtet hatte, keine andere Frau mehr um sich gehabt. Sie hatte daher keine Vorstellung von abstrakten Dingen wie Schönheit oder Häßlichkeit anerzogen bekommen. Brutus war ihr geliebter Vetter, deshalb war er schön. Das hatten schließlich schon die griechischen Philosophen gesagt.
    »Du bist gewachsen«, sagte er, um im nächsten Moment zu merken, wie das in ihren Ohren klingen mußte — denk doch erst nach, Brutus, bevor du den Mund aufmachst! Sie leidet sicher auch unter ihrer Größe und ihrem Aussehen!
    Aber sie lachte nur wiehernd wie Cato und entblößte dabei dieselben großen, leicht vorstehenden Zähne; auch ihre rauhe, laute und unmelodische Stimme glich der ihres Vaters. »Durch die Decke gewachsen, sagt Papa! Er ist ja schon groß, aber ich bin noch ein bißchen größer. Ich muß sagen, ich bin froh, daß ich so groß bin.« Wieder lachte sie. »Ich finde, das verleiht mir Autorität. Eigentlich komisch, daß sich die Menschen von Zufällen wie Abstammung und Aussehen so beeindrucken lassen, was? Aber das ist nun einmal so.«
    Der sonst nicht übermäßig phantasievolle Brutus hatte plötzlich eine ungewöhnliche Vision. Er stellte sich vor, wie der kleine, nüchterne Bibulus versuchte, dieses lodernde Feuer zu umarmen. Ob Bibulus auch schon gemerkt hatte, wie verschieden er und Porcia waren?
    »Dein Vater sagt, du heiratest Bibulus.«
    »Ja. Ist das nicht wunderbar?«
    »Du freust dich?«
    Die schönen grauen Augen verengten sich, doch nicht aus Ärger, sondern fragend. »Sollte ich mich denn nicht freuen?«
    »Na ja, er ist viel älter als du.«
    »Zweiunddreißig Jahre.«
    »Ist das nicht sehr viel?« beharrte er.
    »Aber das ist doch nicht wichtig.«
    »Und... und macht es dir nichts aus, daß er einen Kopf kleiner ist als du?«
    »Das ist auch unwichtig.«
    »Liebst du ihn denn?«
    Das war natürlich das Unwichtigste von allem, auch wenn sie es nicht sagte. »Ich liebe alle guten Menschen«, sagte sie statt dessen, »und Bibulus ist ein guter Mensch. Ich freue mich wirklich. Stell dir vor, Brutus, ich werde ein viel größeres Zimmer haben!«
    Sie ist ja noch ein Kind, dachte er verblüfft. Sie hat keine Ahnung, was eine Ehe bedeutet. »Und es stört dich auch nicht, daß er schon drei Söhne hat?«
    Wieder lachte sie laut. »Ich bin froh, daß er keine Töchter hat!« sagte sie dann. »Mit Mädchen komme ich nicht zurecht, die sind so albern. Seine beiden älteren Söhne Marcus und Gnaeus sind nett, und den kleinen, den Lucius, den mag ich ganz besonders! Das wird schön werden. Er hat tolle Spielsachen!«
    Besorgt machte Brutus sich auf den Heimweg. Doch als er zu Hause mit seiner Mutter über Porcia sprechen wollte, war diese kurz angebunden.
    »Die spinnt doch!« schimpfte sie. »Aber was kann man erwarten? Sie ist von einem Säufer und einigen dämlichen Griechen aufgezogen worden! Die haben sie gelehrt, schöne Kleider, gute Manieren, gutes Essen und gute Unterhaltung zu verachten. Jetzt rennt sie in einem Sack herum und vergräbt sich in Aristoteles! Mir tut Bibulus leid.«
    »Ich glaube nicht, daß Bibulus dein Mitleid braucht, Mutter«, sagte Brutus, der inzwischen wußte, wie er seine Mutter ärgern konnte. »Bibulus ist sehr zufrieden mit Porcia. Er hat eine unschätzbare Partie gemacht — das Mädchen ist vollkommen rein und unverdorben!«
    »Pah!« schnaubte Servilia.

    Die Unruhen in Rom hielten unvermindert an, und so verging der Februar, ein kurzer Monat, gefolgt vom Mercedonius, jenen zweiundzwanzig Tagen, die das Priesterkollegium auf Pompeius’ Antrag in den Kalender eingefügt hatte. Alle fünf Tage nahm ein neuer Interrex die Amtsgeschäfte auf und versuchte erfolglos, Wahlen abzuhalten. Alle jammerten, ohne daß Jammern geholfen hätte, und Pompeius zeigte gelegentlich, daß er durchaus imstande war, etwas durchzusetzen, wenn er nur wollte, etwa ein Gesetz, das den Einfluß der zehn Volkstribunen einschränkte. Zugleich bekam Caesar die Erlaubnis, in vier Jahren in Abwesenheit für das Konsulat zu kandidieren. Er brauchte also sein Imperium nicht abzugeben, um Roms heilige Stadtgrenze zu überschreiten und seine Kandidatur persönlich anzumelden, und konnte in dieser Zeit auch nicht von seinen Gegnern angeklagt werden.
    Milo sammelte weiter Unterstützung für sein Konsulat, doch wuchs der Druck, ihn gerichtlich zu belangen. Die beiden jungen Neffen des Clodius agitierten ohne Unterlaß im Namen ihres toten Onkels auf dem Forum, vor allem darüber erzürnt, daß

Weitere Kostenlose Bücher