MoR 05 - Rubikon
Küstenstraße von Genua nach Nicaea war zwar in einem nicht annähernd so guten Zustand, aber immer noch erheblich besser als zu der Zeit, da Gaius Marius seine dreißigtausend Soldaten hier entlang geführt hatte. Sobald die Männer ihren Marschrhythmus gefunden und sich an die langen Märsche gewöhnt hatten, bekam Caesar trotz der kurzen Wintertage seine täglichen vierzig Meilen. Die Füße waren im Ausbildungslager abgehärtet worden, und darüber hinaus gab es Tricks, wie man sich das Laufen leichter machen konnte. Die Legionäre waren sich ihres schlechten Rufes durchaus bewußt und fest entschlossen, ihn ein für allemal vergessen zu machen.
In Nicaea erhielten sie die beiden versprochenen Ruhetage, während Caesar und seine Legaten überlegten, wie sie aufgrund eines Briefes von Gaius Trebonius, den sie dort vorfanden, weiter vorgehen sollten.
Caesar, folgende Informationen erhielten wir von einem arvernischen Druiden, den wir entführten und von Labienus verhören ließen. Warum ausgerechnet einen Druiden, fragst Du? Fabius, Sextus, Quintus Cicero und ich waren nach reiflicher Überlegung zu dem Schluß gekommen, daß ein Leibeigener vermutlich nichts Genaues wüßte, während ein Krieger möglicherweise lieber sterben würde als etwas Wichtiges zu verraten. Wohingegen die Druiden bekanntlich aus weicherem Holz geschnitzt sind. Wenn unsere Volkstribunen auch nur halb so unantastbar wie die untersten Druiden wären, würden sie Rom sicher sehr viel skrupelloser regieren, als sie es ohnehin schon tun. Labienus wurde mit dem Verhör betraut, weil er — na, das kannst du dir ja denken. Obwohl ich mir gut vorstellen kann, daß der Druide schon lange bevor Labienus die Eisen zum Glühen brachte, ausgeplaudert hatte, was er wußte.
Anfang Februar wurden in Cenabum Gaius Fufius Cita, seine Kommissionäre, die restliche römische Zivilbevölkerung und ein paar griechische Händler, die ebenfalls dort wohnten, umgebracht. Da es keine Augenzeugen gab, erfuhren wir zunächst nichts davon. Die Nachricht davon traf noch am Tag des Überfalls in Gergovia ein. Vercingetorix war zwar aus dem oppidum verbannt worden, doch als er erfuhr, was in Cenabum geschehen war, stürmte er in die arvernische Ratsversammlung und ermordete Gobannitio. Dann ernannte er sich zum König, und die arvernischen Hitzköpfe ließen ihn hochleben.
Danach traf er sich offenbar sofort mit dem Carnuten Gutruatus und Deinem alten Freund, dem Oberdruiden Cathbad, zu einer Beratung in Carnutum. Unser Informant wußte zwar nicht, wer sonst noch daran teilgenommen hat, glaubte allerdings, daß auch Lucterius, der Vergobret der Cadurcer, dabei war. Und Commius! Im Anschluß an die Beratung erging der Ruf zu den Waffen.
Dieser Krieg ist wahrhaftig keine lustige Angelegenheit, Caesar. Von der Mündung der Mosa bis nach Aquitanien und von Westen nach Osten, quer durch das ganze Land, schließen sich die Gallier zusammen. Weil Vercingetorix davon überzeugt ist, daß nur ein vereintes Gallien stark genug ist, uns zu vertreiben, will er Gallien vereinigen. Unter seiner Führung natürlich.
Anfang März haben die Gallier sich vor Carnutum zu einem Winterfeldzug versammelt. Gegen uns, fragst Du? Nein, das zwar nicht, aber gegen alle Stämme, die sich nicht an ihrem Kampf beteiligen wollen.
Lucterius ist mit fünfzigtausend Cadurcern, Pictonen, Anden, Petrocoriern und Santonern in den Krieg gegen die Rutener und Gabaler gezogen. Sobald sich auch diese beiden Stämme den Galliern angeschlossen haben, will Lucterius mit seiner Armee in die römische Provinz einrücken, und zwar in die Gegend von Narbo und Tolosa, um unsere Verbindung zu den Spaniern zu unterbrechen. Darüber hinaus soll Zwietracht zwischen Volkern und Helviern gesät werden.
Vercingetorix persönlich führt etwa achtzigtausend Senonen, Carnuten, Arverner, Suessionen, Parisier und Mandubier gegen die Biturigen, die nichts vom Plan eines vereinigten Gallien wissen wollen. Da den Biturigen die Eisenminen gehören, liegt auf der Hand, warum Vercingetorix sie eines Besseren belehren muß.
Während ich diese Zeilen schreibe, ist Vercingetorix mit seiner Armee bereits auf dem Weg ins Land der Biturigen. Unserem druidischen Informanten zufolge plant Vercingetorix, im Frühjahr gegen uns zu Felde zu ziehen. Seine Strategie ist nicht dumm. In der Annahme, wir würden uns ohne Dich nicht aus unseren Lagern herauswagen, will er Dich von uns isolieren und uns belagern.
Zweifellos brennst Du darauf zu
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