MoR 05 - Rubikon
Caesar keine Bedeutung gehabt.
In den folgenden Jahren hatte Vatia Isauricus im Senat stets für Caesar gestimmt, und als Pompeius und der Großteil der Senatoren geflohen waren, war er in Rom geblieben. Caesar bedeutete ihm mehr, als seine Ehe mit Servilias ältester Tochter Junia vermuten ließ. Und als Cicero in ganz Rom herumposaunte, daß Junias Bild im Gepäck eines Schurken niederer Geburt zu finden sei, ließ Vatia sich trotzdem nicht von ihr scheiden. Er war treu in jeder Hinsicht.
Am Tag nach Caesars Ankunft in Rom ließ Marcus Antonius Caesar mitteilen, daß er ihn in Pompeius’ Villa auf dem Marsfeld erwarte. Marcus Aemilius Lepidus, der Caesar die Diktatur verschafft hatte, wartete in der Domus Publica auf ein Gespräch mit ihm. Doch Caesar traf sich zuerst mit Vatia Isauricus.
»Leider kann ich nicht lange bleiben«, sagte Caesar.
»Das habe ich nicht anders erwartet. Du mußt schließlich noch vor den Herbststürmen mit deinem Heer über die Adria übersetzen.«
»Und ich muß es selbst anführen. Was hältst du von Quintus Fufius Calenus?«
»Du kennst ihn selbst. Er war dein Legat.«
»Als Legat war er gut, aber für den Feldzug gegen Pompeius brauche ich neue Befehlshaber. Trebonius, Fabius, Decimus Brutus und Marcus Crassus stehen nicht zur Verfügung, und zugleich habe ich mehr Legionen als je zuvor. Hältst du Calenus für imstande, eine ganze Armee statt nur einer Legion anzuführen?«
»Wenn man einmal von seiner Rolle in der unerfreulichen Geschichte mit Milo und Clodius absieht, ist er meiner Meinung nach der ideale Mann dafür. Außerdem darf man gerechterweise nicht vergessen, daß der arme Calenus damals in Milos Wagen mitgefahren ist, ohne zu wissen, was Milo vorhatte. Daß Milo ihn dabeihaben wollte, ist sogar eine Empfehlung — Calenus ist offenbar über alle Zweifel erhaben.«
»Aha!« Caesar lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete Vatia Isauricus aufmerksam. »Willst du Italia während meiner Abwesenheit regieren?«
Vatia Isauricus sah ihn verblüfft an. »Du willst mich zu deinem Stellvertreter als Diktator machen?«
»Nein, Vatia, ich will nicht Diktator bleiben.«
»Nein? Warum hat Lepidus dann das alles arrangiert?«
»Um mir so lange die unumschränkte Macht zu sichern, bis Rom wieder eine ordentliche Regierung hat, das heißt so lange, bis ich selbst und ein Mann meiner Wahl zu Konsuln für das kommende Jahr gewählt sind. Ich hätte gerne dich als Amtskollegen.«
Das war zweifellos eine gute Nachricht. Vatia Isauricus strahlte.
»Welch große Ehre, Caesar!« Weniger aus Sorge als in Gedanken runzelte er die Stirn. »Wirst du wie Sulla nur zwei Kandidaten für die Konsulatswahlen zulassen?«
»Nein! Es ist mir ganz egal, wie viele Kandidaten gegen uns antreten wollen.«
»Die Senatoren werden keinen Widerstand leisten, aber die Ritter haben schreckliche Angst, daß du die Wirtschaft zugrunde richten könntest. Vielleicht fällt die Wahl also gegen dich aus.«
Caesar mußte lachen. »Sei unbesorgt, Vatia, die Ritter werden uns mit Begeisterung wählen. Ich will der Volksversammlung noch vor den Wahlen eine lex data zur Regulierung der Wirtschaft vorlegen. Das wird die Furcht beseitigen, ich könne einen allgemeinen Schuldenerlaß vorhaben oder sonst irgendwelche Dummheiten machen. Rom braucht Gesetze, um das Vertrauen der Geschäftsleute wiederzugewinnen; Gläubiger und Schuldner müssen wissen, woran sie sind. Meine lex data wird das auf behutsame und vernünftige Weise regeln. Der Mann, dem ich die Regierung der Stadt übertrage, sollte das auch sein — behutsam und vernünftig. Deshalb will ich dich als Amtskollegen. Bei dir weiß ich Rom gut aufgehoben.«
»Ich werde dein Vertrauen nicht enttäuschen, Caesar.«
Danach sprach Caesar mit Lepidus, einem ganz anderen Menschen.
»In zwei Jahren wirst du wahrscheinlich Konsul sein, Lepidus«, sagte er freundlich, den Blick fest auf das schöne und doch seltsam irritierende Gesicht geheftet, das Gesicht eines hochmütigen Mannes, der bei allen Verdiensten unbestreitbare Schwächen hatte.
Lepidus war enttäuscht. »Erst in zwei Jahren?«
»Aufgrund der lex annalis ist es früher kaum möglich, und ich möchte Roms mos maiorum nicht mehr durcheinanderbringen als nötig. Ich bin nicht Sulla, auch wenn ich in seine Fußstapfen getreten bin.«
»Das sagst du ständig«, bemerkte Lepidus bitter.
»Du trägst einen alten patrizischen Namen und hast genügend Ehrgeiz, ihn zu Größe und Geltung zu
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