MoR 05 - Rubikon
führen«, sagte Caesar gelassen. »Du hast die Seite des Siegers gewählt, und das soll dein Vorteil sein, ich verspreche es dir. Bis dahin aber übe dich in der Tugend der Geduld, Lepidus.«
»Dagegen hätte ich ja nichts, Caesar, doch meine Kasse ist ungeduldig.«
»Eine aufschlußreiche Bemerkung, die nichts Gutes verheißt, wenn du erst über Rom herrschst. Aber ich biete dir einen Handel an.«
»Nämlich?« fragte Lepidus argwöhnisch.
»Wenn du mich über alles unterrichtest, was hier geschieht, werde ich Balbus anweisen, dein hungriges Säckel regelmäßig zu füttern.«
»Wieviel?«
»Das kommt auf die Genauigkeit deiner Informationen an. Ich will die Wahrheit wissen, nichts als die Wahrheit. Sieh dich also vor und verdrehe die Tatsachen nicht so, wie sie dir in den Kram passen. Du wirst nicht mein einziger Informant sein, ich bin schließlich kein Dummkopf.«
Besänftigt, wenn auch immer noch enttäuscht, ging Lepidus.
Zum Schluß war Marcus Antonius an der Reihe.
»Werde ich jetzt dein Stellvertreter, Caesar?« platzte er ungeduldig heraus.
»Ich werde nicht lange genug Diktator sein, um einen zu brauchen, Antonius.«
»Schade! Ich hätte das gut gemacht.«
»Das glaube ich dir gerne, so wie du dich während der letzten Monate in Italia verhalten hast. Auch wenn ich ernsthaft gegen Löwen, Sänften, Konkubinen und Komödianten protestieren muß. Wie gut, daß du nächstes Jahr keine Gelegenheit haben wirst, dich wie ein neuer Dionysus zu gebärden.«
Schmollend senkte Antonius den Blick. »Was heißt das?«
»Du begleitest mich, Antonius. Marcus Caelius wird praetor peregrinus von Italia sein. Dich brauche ich als Armeeführer.«
Antonius’ braune Augen leuchteten auf. »Das klingt schon besser!«
Wenigstens ihm hatte er eine Freude machen können, dachte Caesar. Was für ein Jammer, daß die Lepidusse dieser Welt so wählerisch waren!
Caesars lex data fand bei den Rittern der ersten achtzehn Zenturien und den vielen anderen tausend römischen Geschäftsleuten sofort Anklang. Das Gesetz galt nicht nur für Rom, sondern für ganz Italia. Besitz, Darlehen und Schulden wurden durch eine Reihe von Paragraphen geregelt, die weder die Schuldner noch die Gläubiger begünstigten. Gläubiger, die ihre Schulden als hoffnungslos abgeschrieben hatten, konnten sich zum Ausgleich Grundstücke ihrer Schuldner aneignen, deren Vorkriegswert allerdings erst von unparteiischen Schlichtern unter der Aufsicht des Stadtprätors geschätzt werden mußte. Schuldner, die ihre Zinsen pünktlich gezahlt hatten, durften von der geschuldeten Summe bis zu einem Viertel abziehen. Niemand durfte mehr als sechzigtausend Sesterzen in bar besitzen, und neue Darlehen durften höchstens mit zehn Prozent einfacher Verzinsung belegt werden. Zur großen und allgemeinen Erleichterung beinhaltete Caesars lex data auch eine Klausel, die für Sklaven, welche ihre Herren denunzierten, schwere Strafen vorsah; Sulla hatte die Sklaven damals sogar zur Denunziation ermutigt, indem er sie mit Geld und Freiheit belohnte. Das machte den Geschäftsleuten deutlich, daß Caesar kein Sulla war und daß es keine Proskriptionen geben würde.
Schuldner wie Gläubiger priesen Caesars Gesetz in den höchsten Tönen, kam es doch beiden Seiten gleichermaßen zugute. Gewissermaßen über Nacht kam die Wirtschaft wieder in Gang. Atticus war mächtig stolz darauf, daß er seit Caesars Gang über den Rubikon immer wieder gesagt hatte, Caesar sei kein Radikaler, und ließ sich geschmeichelt zu seinem Scharfblick beglückwünschen.
So war es auch nicht weiter überraschend, daß bei den Wahlen der kurulischen Beamten, der Quästoren und Militärtribunen, der Volkstribunen und der plebejischen Ädilen die von Caesar aufgestellten Kandidaten allesamt bestätigt wurden. Bei den Konsulatswahlen gab es zwar noch andere Kandidaten als Caesar und Vatia Isauricus, Caesar wurde aber als Erster Konsul gewählt und Vatia als sein Kollege. Dies war der Dank der achtzehn Ritterzenturien an Caesar.
Offene Stellen im Rat der Oberpriester wurden besetzt, das Latinerfest in den Albaner Bergen nachträglich gefeiert. Vieles geschah, aber schließlich war das unter Caesar immer so gewesen, und diesmal gab es keinen Bibulus, der ihn aufhalten konnte.
Da Caesar sein Konsulat erst am Neujahrstag antreten konnte, blieb er bis dahin Diktator. Kraft seines Amtes machte er alle Männer von Gallia Cisalpina zu Vollbürgern und half somit einem Versäumnis ab, das jahrelang
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