MoR 05 - Rubikon
zusammenarbeiten. Was hast du vor? Ich werde dir einen Brief für Vatinius nach Brundisium mitgeben, in dem steht, was du willst.«
»Ich wollte«, sagte Favonius unter Tränen, »all das wäre nie passiert.«
»Ich auch!« sagte Caesar mit Nachdruck.
»Bestimmt.« Favonius atmete schwer ein. »Ich selbst möchte mich lediglich auf meine Güter in Lukanien zurückziehen und ein ruhiges Leben führen. Keine Kriege mehr, keine Politik, kein Streit, kein Zank. Nur noch Frieden, Caesar, das ist alles, was ich will. Frieden.«
»Weißt du, wohin die anderen gefahren sind?«
»Als nächstes wollten sie Mytilene anlaufen. Ich bezweifle aber, daß sie sich dort länger aufhalten werden. Die Lentuli wollen vorerst bei Pompeius bleiben. Bevor sie ausgelaufen sind, bekam Pompeius die Nachricht, Labienus, Afranius, Petreius, Metellus Scipio, Faustus Sulla und einige andere seien in die Provinz Africa unterwegs. Mehr weiß ich nicht.«
»Und Cato? Cicero?«
»Keine Ahnung. Ich denke aber, Cato wird auch nach Africa gehen, wenn er erfährt, daß so viele andere dorthin aufgebrochen sind. Immerhin steht die Provinz auf Pompeius’ Seite. Ich glaube nicht, daß sie sich dir kampflos ergeben wird, Caesar.«
»Das glaube ich auch nicht. Danke, Marcus Favonius.«
Das Abendessen nahm Caesar allein mit Brutus ein. Am nächsten Morgen machte er sich auf den Weg zum Hellespont. Calvinus ritt neben ihm, Brutus, den Caesar mit größter Rücksicht behandelte, hatte es sich mit einem Diener in einem Einspänner bequem gemacht.
Favonius ritt ein Stück aus der Stadt, um noch einmal — ein letztes Mal, wie er hoffte — die silberglänzende Kolonne römischer Legionäre marschieren zu sehen. Doch dann sah er nur Caesar, der mit der gelösten Anmut eines jungen Mannes auf einem feurigen, braunen Hengst saß. Favonius wußte, daß der Feldherr absteigen und zu Fuß weitermarschieren würde, sobald die Stadtmauern außer Sicht waren, denn er setzte sich nur in der Schlacht und bei Paraden und anderen Spektakeln aufs Pferd. Wie fern und zugleich nah er schien. Eine seltsame Mischung, dieser Gaius Julius Caesar. Und einer der schönsten Männer Roms, wenn auch nicht in der Art wie Memmius oder Silius. Seine feinen Haare flatterten in dem heftigen Wind, der von der Ägäis blies, kerzengerade saß er im Sattel, die sehnigen Füße locker an den Flanken des Pferdes. Ein Nachfahre der Venus und des Romulus. Und wer weiß? Vielleicht liebten die Götter ja ihre eigenen Nachfahren am meisten. Ja, Caesar würde König von Rom sein — aber nur, wenn er es wollte.
Wie überall im Osten herrschte auch in Mytilene Panik angesichts des unerwarteten, schrecklichen Ausgangs der Schlacht zwischen den beiden römischen Titanen. Niemand kannte diesen Caesar, es sei denn aus zweiter, dritter oder vierter Hand. Caesar war nur im Westen Statthalter gewesen, und die Erinnerung an jene ferne Zeit, in der er den Osten besucht hatte, war schon lange verblaßt. In Mytilene wußte man zwar, daß er während der Belagerung der Stadt durch Lucullus an vorderster Front gekämpft und für seine Tapferkeit die corona civica bekommen hatte, aber kaum jemand wußte, daß er vor Tralles in Asia eine Schlacht gegen Mithridates geschlagen hatte. Nur die Einwohner von Tralles wußten es, denn Caesars Statue stand in einem kleinen Siegestempel in der Nähe des Schlachtfeldes, und sie strömten jetzt zum Tempel, um ihn zu reinigen und sich davon zu überzeugen, daß die Statue in gutem Zustand war. Ehrfurcht ergriff sie, als sie entdeckten, daß zwischen den Sockelplatten der Statue eine kleine Palme wuchs, Symbol eines großen Sieges — und eines großen Mannes.
Rom herrschte nun schon seit so langer Zeit über das Mittelmeer, daß jede Unruhe innerhalb der römischen Welt Schwingungen verursachte, die sich in Windeseile in die umliegenden Länder ausbreiteten, wie Risse nach einem Erdbeben. Was würde jetzt geschehen, in der neuen Welt Caesars? War Caesar vernünftig wie Sulla, der gegen die Ausbeutung durch die Statthalter und Steuerpächter vorgegangen war? Oder war er ein weiterer Pompeius Magnus, der Statthalter und Steuerpächter noch anfeuerte? Auf den Inseln und in den Städten und Bezirken der Provinz Asia, die von Metellus Scipio, Lentulus Crus und dem jungen Legaten Titus Ampius Balbus bis zum Letzten ausgesaugt worden war, beeilte man sich, die Statuen des Pompeius Magnus umzustürzen und an ihrer Stelle Statuen Caesars aufzustellen. Scharenweise strömten
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