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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Brutus in griechischen Kleidern wurde vorgeführt. Er konnte dem Mann auf dem Pferd nicht in die Augen schauen.
    »Brutus, was hat das zu bedeuten?« hörte er die vertraute, tiefe Stimme fragen, und er spürte zwei Hände auf seinen Schultern. Jemand umarmte ihn, Lippen berührten seine Wangen, und schließlich sah er auf. Caesar! Wer außer Caesar hatte solche Augen?
    »Mein lieber Brutus, wie ich mich freue, dich zu sehen!« Caesar legte einen Arm um Brutus’ Schultern und führte ihn außer Hörweite seiner Legaten, die noch auf ihren Pferden saßen und die beiden mit hämischem Grinsen beobachteten.
    »Bin ich begnadigt?« flüsterte Brutus. Wie sehr Caesars Arme ihn an die Arme seiner Mutter erinnerten! Sie drückten ihn zu Boden, erstickten ihn.
    »Ich brauche dich doch nicht zu begnadigen, mein Junge!« sagte Caesar. »Wo sind deine Sachen? Hast du ein Pferd? Du kommst gleich mit mir, ich brauche dich dringend! Denn ich habe niemanden, der so gut mit Fakten, Zahlen und anderen Details umgehen kann wie du. Und ich verspreche dir, daß es dir unter mir besser gehen wird als je unter Pompeius.«

    »Was willst du mit denen tun, die geflohen sind, Caesar?« fragte Antonius, als sie wieder in Pharsalus waren.
    »Zuerst folge ich der Spur von Pompeius. Hat jemand von ihm gehört? Ist er gesehen worden, nachdem er Larissa verlassen hat?«
    »Es geht das Gerücht, daß er in Dium war, auf einem Schiff. Und in Amphipolis.«
    Caesar sah ihn erstaunt an. »Amphipolis? Dann ist er also nach Osten geflohen. Wo sind Labienus, Faustus Sulla, Metellus Scipio, Afranius und Petreius?«
    »Der einzige, von dem wir das sicher wissen — abgesehen von unserem lieben Marcus Brutus natürlich —, ist Ahenobarbus.«
    »Natürlich, Antonius, Ahenobarbus ist der einzige von ihnen, der bei Pharsalus gefallen ist, und von meinen toten Gegnern der zweite — wobei ich zugeben muß, daß ich ihn kaum so vermissen werde wie Bibulus. Hat man sich um seine Asche gekümmert?«
    »Sie ist schon auf dem Weg zu seiner Frau«, antwortete Pollio, der unter anderem auch mit dieser Aufgabe betraut worden war.
    »Gut.«
    »Marschieren wir morgen?« fragte Calvinus.
    »Ja!«
    »Wahrscheinlich fliehen viele aus Pompeius’ Armee in Richtung Brundisium«, bemerkte Publius Sulla.
    »Deswegen habe ich schon Publius Vatinius in Salona benachrichtigt. Quintus Cornificius kann im Moment Illyricum alleine halten, und Vatinius wird in Brundisium das Kommando übernehmen und die Flüchtlinge fortjagen.« Caesar grinste Antonius an. »Und du kannst auch wieder ruhig schlafen, Antonius. Wie ich erfahren habe, hat Pompeius’ Sohn Gnaeus deinen Bruder aus der Gefangenschaft in Corcyra entlassen. Er ist in Sicherheit und es geht ihm gut.«
    »Dafür werde ich Jupiter ein Opfer darbringen!«
    Am nächsten Morgen zog Caesars Armee ab, und die Ebene von Pharsalus verwandelte sich wieder in ein stilles Tal zwischen den thessalischen Bergen. Caesar schickte seine Veteranen unter Antonius auf einen wohlverdienten Urlaub nach Kampanien und machte sich mit nur zwei Legionen auf den Weg in die Provinz Asia; beide Legionen hatte er aus den Freiwilligen der besiegten pompeianischen Legionen zusammengestellt. Mit Caesar gingen Brutus und Gnaeus Domitius Calvinus, der gezeigt hatte, daß er selbst schwierigen Situationen gewachsen war; Caesar mochte ihn immer mehr.
    Caesar marschierte in seinem gewohnten schnellen Tempo nach Amphipolis. Wenn die ehemaligen Legionäre des Pompeius das Tempo zu schnell fanden, so beklagten sie sich nicht darüber, denn Caesar führte sie gut, und jeder wußte zu jeder Zeit, wo sein Platz war.
    Amphipolis, eine Stadt, in der Holz verarbeitet und Schiffe gebaut wurden, lag achtzig Meilen östlich von Thessalonike an der Via Egnatia, dort, wo der breite Strom des Strymon aus dem Cercinitis-See floß und seinen kurzen Lauf zur Küste nahm.
    In Amphipolis erwartete Marcus Favonius seinen Verfolger. Er war allein.
    »Caesar, bitte verzeihe mir!« sagte er demütig, als er vor dem Feldherrn stand. Auch Favonius war nach der Niederlage von Pharsalus nicht mehr wiederzuerkennen. Er hatte seine bissige Art und seine Manie, Cato nachzuahmen, vollständig abgelegt.
    »Das tue ich gerne, Favonius. Brutus ist auch hier, er will dich unbedingt sehen.«
    »Du hast ihn also auch begnadigt?«
    »Natürlich! Gute Männer für falsche Ideale zu bestrafen, ist nicht meine Art, Politik zu betreiben. Ich hoffe wirklich, wir werden eines Tages zum Wohle Roms

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