MoR 05 - Rubikon
Theodotus’ geschminktes, schmales Gesicht glühte fiebrig. »Und jetzt ist dieser Caesar der Herrscher der Welt. Er braucht nur mit den Fingern zu schnippen, und wir verlieren wieder, was er uns einst gegeben hat, nämlich die Unabhängigkeit, die Freiheit, unser Schicksal selbst zu bestimmen. Wir können es uns keinesfalls leisten, Rom in der Person Caesars zu beleidigen!«
»Du hast recht, Theodotus«, sagte Achillas schroff. »Wir führen hier einen internen Krieg und dürfen damit auf keinen Fall die Aufmerksamkeit Roms erregen, damit man dort nicht glaubt, wir seien unfähig, unsere Angelegenheiten selbst zu regeln. Alexanders Testament liegt schließlich immer noch in Rom. Ich schlage vor, Gnaeus Pompeius morgen früh eine Nachricht zu schicken und ihm mitzuteilen, daß er verschwinden soll.«
»Was ist Eure Meinung, Hoheit?« fragte Potheinus.
»Achillas hat recht!« rief Ptolemaios. Dann seufzte er. »Aber ich hätte ihn so gerne gesehen!«
»Theodotus, hast du noch etwas zu sagen?«
»Ja, Potheinus.« Der Erzieher stand auf, ging um den Tisch und trat hinter den kleinen König. Seine Hand glitt liebkosend durch die dichten, goldblonden Haare des Jungen und hinunter zu seinem Hals. »Achillas’ Vorschlag geht nicht weit genug. Der mächtige Caesar wird nicht selbst hinter Pompeius herjagen, dafür hat er Flotten, Legionen und Hunderte von Legaten. Soweit wir wissen, bereist er zur Zeit wie ein König die römische Provinz Asia. Man sagt, er sei gerade im alten Troja, in Ilion, der Heimat seiner Vorfahren.«
Dem kleinen König fielen die Augen zu. Er lehnte sich an Theodotus und schlief ein.
»Warum schicken wir ihm nicht im Namen des Königs von Ägypten ein Geschenk?« Theodotus verzog die karmesinrot geschminkten Lippen. »Den Kopf seines Feindes?« Er klapperte mit seinen getuschten Wimpern. »Tote beißen nicht, wie man so schön sagt.«
Im Raum herrschte plötzlich Stille.
Potheinus verschränkte die Hände vor sich auf dem Tisch und betrachtete sie nachdenklich. Dann sah er auf. »Richtig, Theodotus, Tote beißen nicht. Wir schicken Caesar den Kopf seines Feindes.«
Theodotus war hocherfreut, daß sein Vorschlag angenommen worden war. »Aber wie bekommen wir seinen Kopf?« fragte er.
»Überlaß das mir«, sagte Achillas. »Potheinus, schreibe im Namen des Königs an Pompeius und gewähre ihm eine Audienz. Ich überbringe den Brief persönlich und locke Pompeius an Land.«
»Er wird nicht ohne Leibwache kommen«, gab Potheinus zu bedenken.
»Doch! Denn ich kenne zufällig einen Mann, einen Römer, den Pompeius auch kennt und dem er vertraut.«
Am Morgen saßen Pompeius, Sextus und Cornelia lustlos bei einem Mahl aus altbackenem Brot und abgestandenem Wasser.
»Hoffentlich bekommen wir in Pelusium wenigstens Proviant«, sagte Cornelia.
Da trat plötzlich Philippus ein. Er strahlte. »Gnaeus Pompeius, ein Brief des Königs von Ägypten! Was für ein wundervolles Papier!«
Pompeius erbrach das Siegel und rollte den Brief auf. Er las den kurzen griechischen Text murmelnd durch, dann sah er auf.
»Ich bekomme eine Audienz. In einer Stunde werde ich von einem Boot abgeholt.« Er erschrak. »Bei den Göttern, ich muß mich rasieren! Und wo ist meine toga praetexta! Philippus, schicke bitte meinen Diener zu mir!«
Angetan mit der Toga eines Prokonsuls des Senats und des Volkes von Rom, Cornelia Metella auf der einen, Sextus auf der anderen Seite, wartete Pompeius darauf, daß ihn eine prächtige, goldene Barke mit purpurnem Segel abholen würde.
»Sextus!« sagte er plötzlich.
»Ja, Vater?«
»Kannst du dich für eine Weile selbst beschäftigen?«
»Wie?«
»Tu irgendwas, Sextus, piß über die Reling oder bohre in der Nase, aber laß mich eine Weile mit deiner Stiefmutter allein!«
»Ach so!« Sextus grinste. »Natürlich, Vater!«
»Ein guter Junge!« sagte Pompeius. »Nur etwas dick.«
Vor drei Monaten hätte Cornelia Metella den Wortwechsel noch albern gefunden, jetzt lachte sie nur.
»Du hast mich gestern nacht sehr glücklich gemacht, Cornelia«, sagte Pompeius und trat so dicht neben sie, daß er sie berührte.
»Du mich auch, Magnus.«
»Vielleicht sollten wir öfter eine lange Seereise machen, Liebste. Ich weiß wirklich nicht, was ich seit Mytilene ohne dich getan hätte.«
»Und ohne Sextus!« sagte sie schnell. »Er ist ein lieber Junge!«
»Du bist ihm vom Alter her näher als mir«, neckte er. »Ich werde morgen achtundfünfzig.«
»Ich liebe ihn von ganzem
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