MoR 05 - Rubikon
Erinnerungsstücken vollzustopfen. Nichts davon war einen Sesterz wert, doch bedeuteten diese Gegenstände den Siebzehnjährigen als Andenken an die langersehnte Soldatenzeit unendlich viel.
Als der Marsch begann, kamen sie nur schrecklich langsam voran, zusätzlich behindert durch Graupelschauer, die ihnen ein heulender Wind direkt vom germanischen Ozean ins Gesicht trieb. Der Boden war durchnäßt und vereist, und die Wagen sanken immer wieder bis zur Achse ein und mußten mühsam wieder herausgezogen werden. Doch auch so verging der Tag, und die zerklüfteten Höhen von Atuatuca verschwanden hinter ihnen im Nebel. Sabinus sah Cotta triumphierend an, der die Lippen zusammenpreßte und schwieg.
Doch hinter dem Eisregen lauerte Ambiorix mit seinen Eburonen. Er kannte das Gelände viel besser als die Römer und konnte in aller Ruhe den besten Zeitpunkt zum Angriff abwarten.
Sein Plan ging perfekt auf. Er mußte verhindern, daß die an der Mosa entlangmarschierende Kolonne sich so weit von Atuatuca entfernte, daß sie auf die Männer Quintus Ciceros traf, denn Quintus Cicero und die Neunte waren in Wirklichkeit quicklebendig. Als deshalb Sabinus die Dreizehnte in einen engen Hohlweg führte, schickte Ambiorix ihnen seine Fußsoldaten entgegen, um ihren Vormarsch anzuhalten, und galoppierte mit seinen Reitern in das Ende der Kolonne, so daß dort das Chaos ausbrach und ein Rückzug aus der tief eingeschnittenen, für Ambiorix’ Zwecke vorzüglich geeigneten Schlucht unmöglich war.
Die Eburonen, die von beiden Seiten kreischend in den Hohlweg eindrangen, sahen aus wie schwarze Schatten aus der Unterwelt, da sie ihre grellgelben Umhänge abgelegt hatten, und sie lösten bei den Römern zunächst blinde Panik aus. Die unerfahrenen Rekruten der Dreizehnten brachen aus der Formation aus und versuchten zu fliehen. Die schlimmste Panik erfaßte jedoch den unglücklichen Sabinus, der vor Angst keinen klaren militärischen Gedanken mehr fassen konnte.
Doch der erste Schock ließ nach, und die Legionäre beruhigten sich wieder. Die engen Zugänge der Schlucht hatten ihre völlige Vernichtung gleich beim ersten Angriff verhindert. Einen Fluchtweg gab es nicht, und als Cotta und Gorgo mit seinen Zenturionen die verwirrten Rekruten wieder einigermaßen in Kampfordnung gebracht hatten, entdeckten die Burschen zu ihrer Begeisterung, daß sie ihre Feinde töten konnten. Die hoffnungslose Lage stärkte auf seltsame Weise ihren Kampfgeist, und sie beschlossen, wenigstens nicht als einzige zu sterben. Und während die Legionäre am Anfang und am Ende der Kolonne die Eburonen in Schach hielten, begannen die in der Mitte mit Hilfe der Sklaven und der Mitglieder des Trosses, Verteidigungswälle aufzuwerfen.
Bei Sonnenuntergang gab es immer noch eine Dreizehnte Legion, furchtbar dezimiert zwar, aber noch keineswegs besiegt.
»Sagte ich nicht, es seien prächtige Jungs?« sagte Gorgo zu Cotta, als sie kurz ausruhten. Die Eburonen hatten sich zurückgezogen, um sich zu einem neuen Angriff zu sammeln.
»Sabinus sei verflucht!« spuckte Cotta. »Es sind prächtige Jungs! Aber sie werden alle sterben, Gorgo, wo sie es doch verdient hätten, zu leben und Ehrenzeichen an ihre Standarten zu heften!«
Plötzlich stöhnte Gorgo auf. »Beim Jupiter!«
Cotta fuhr herum und ächzte entsetzt. Sabinus stieg mit einem Stock in der Hand, an den er sein weißes Taschentuch gebunden hatte, über die Toten am Eingang der Schlucht, und ging auf Ambiorix zu, der sich mit seinen Offizieren beriet.
Als Ambiorix, der als einer der Anführer seinen leuchtend gelben Umhang trug, Sabinus bemerkte, kam er ihm ein paar Schritte entgegen; sein Langschwert hielt er mit der Spitze nach unten vor sich. Begleitet wurde er von zwei anderen Häuptlingen.
»Wir bitten um Waffenruhe!« rief Sabinus außer Atem.
»Einverstanden, Quintus Sabinus, aber nur, wenn ihr uns eure Waffen übergebt«, entgegnete Ambiorix.
»Ich flehe dich an, schone die Überlebenden!« sagte Sabinus und warf Schwert und Dolch demonstrativ weg.
Als Antwort sauste plötzlich das Langschwert durch die Luft. Sabinus Kopf flog, losgelöst von seinem attischen Helm und dem restlichen Körper, in hohem Bogen durch die Luft. Einer der Begleiter von Ambiorix fing den Helm auf, Ambiorix wartete, bis der Kopf auf dem Boden aufgeschlagen und ein Stück gerollt war, dann ging er zu ihm und hob ihn auf.
»Ach, diese kurzgeschorenen Römer!« rief er, als es ihm nicht gelang, Sabinus’ ganz kurz
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