MoR 05 - Rubikon
beiden Gallier an.
»Glaubt ihr, ich weiß nicht, daß jeder Vergeltungsschlag, zu dem sie mich zwingen, in ihren Augen aussieht, als trete Rom ihre Rechte mit Füßen? Ich tue ihnen beinahe jeden Gefallen, und im Gegenzug werde ich hinters Licht geführt, betrogen und mit Verachtung behandelt! Der Vergleich mit Kindern ist keineswegs unpassend, Dorix.« Er holte Luft. »Ich warne euch beide, weil ihr euch für andere Stämme stark macht: Wer die neuen Vereinbarungen nicht einhält, den werde ich hart bestrafen. Es ist Verrat, durch Eid beschworene Verträge zu brechen. Und wenn römische Zivilisten ermordet werden, lasse ich die Schuldigen so hinrichten, wie Rom Verräter und Mörder hinrichtet, die keine römischen Bürger sind — ich lasse sie auspeitschen und köpfen. Und ich spreche nicht von Helfershelfern, sondern von den Stammesführern, egal ob es Verrat oder Mord ist. Ist das klar?«
Seine Stimme war ruhig geblieben, aber es war in dem Zimmer auf einmal sehr kalt geworden. Cotus und Dorix hatten die Köpfe eingezogen und sahen sich an. »Jawohl, Caesar.«
»Dann sorgt dafür, daß alle wissen, was ich gesagt habe, vor allem die Anführer der Senonen und Carnuten.« Er stand auf. »Und jetzt«, sagte er lächelnd, »werde ich meine ganze Kraft und Energie dem Krieg gegen die Treverer und Ambiorix widmen.«
Noch bevor Caesar sein Hauptquartier verließ, wußte er, daß Acco, der Anführer der Senonen, den Vertrag, den er nur wenige Tage zuvor geschlossen hatte, gebrochen hatte. Wie sollte man mit Adligen verfahren, die ein so wenig standesgemäßes Benehmen zeigten? Die andere bei Caesar um Gnade für sich bitten ließen, den neuen Vertrag dann aber sofort brachen, als bedeute er rein gar nichts? Was genau bedeutete einem Gallier Ehre? Warum verbürgten sich die Haeduer für Acco, wenn Cotus doch gewußt haben mußte, daß Acco keine Ehre besaß? Und Gutruatus von den Carnuten? Galt für ihn dasselbe?
Doch zuerst die Belgen. Caesar marschierte mit sieben Legionen und seinem Troß nach Nemetocenna im Gebiet von Commius’ Atrebaten. Dort schickte er den Troß und zwei Legionen zu Labienus an die Mosa. Commius und die anderen fünf Legionen begleiteten ihn entlang des Scaldis ins Gebiet der Menapier, die kampflos in die Salzmarschen an der Küste des germanischen Ozeans flohen. Die Vergeltung erfolgte indirekt, war aber schrecklich. Auf einer breiten Schneise fielen menapische Eichen, und sämtliche Häuser der Menapier gingen in Flammen auf. Das frisch gesäte Getreide wurde aus der Erde gekratzt, Rinder, Schafe und Schweine geschlachtet und Hühner, Gänse und Enten erwürgt. Die Legionäre hatten Essen im Überfluß, die Menapier hungerten.
Schließlich baten sie um Frieden und stellten Geiseln. Caesar ließ König Commius und seine atrebatischen Reiter als Garnison zurück, was mehr oder weniger bedeutete, daß Commius das Land der Menapier zu seinem eigenen Land dazugeschenkt bekam.
Labienus hatte mit anderen Problemen zu kämpfen, aber als Caesar mit seinen fünf Legionen eintraf, hatte er gegen die Treverer einen großen Sieg errungen.
»Ohne die beiden Legionen, die du mir geschickt hast, hätte ich es nicht geschafft«, sagte er aufgeräumt zu Caesar, wohl wissend, daß die Legionen sein eigenes Verdienst nicht schmälerten. »Ambiorix, inzwischen der Anführer der Treverer, war zum Angriff entschlossen, als die beiden Legionen eintrafen. Er zog sich zurück und wartete darauf, daß seine germanischen Verbündeten über den Rhenus kamen.«
»Und taten sie das?«
»Wenn sie es taten, machten sie auf dem Absatz kehrt und kehrten nach Hause zurück. Ich habe natürlich nicht auf sie gewartet.«
»Natürlich nicht«, sagte Caesar mit dem entfernten Anflug eines Lächelns.
»Ich habe sie überlistet. Es erstaunt mich immer wieder, wie sie ständig auf dieselbe List hereinfallen. Ich ließ die Spione der Treverer unter meinen Reitern wissen, ich hätte Angst und würde mich zurückziehen.« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich marschierte also los, und sie griffen wie gewohnt in ungeordneten Haufen an — meine Leute schwenkten herum, schleuderten ihre Speere und griffen dann an. Wir haben Tausende von ihnen getötet, so viele, daß ich bezweifle, ob sie uns je wieder Schwierigkeiten machen werden. Die übrigen Treverer werden im Norden genug damit zu tun haben, die Germanen abzuwehren.«
»Und Ambiorix?«
»Entkam mit einigen engen Verwandten des Indutiomarus über den Rhenus. Jetzt
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