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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Dolabella deshalb ein Glücksfall: eine Braut von genauso vornehmer Abstammung wie er selbst, außerdem noch jung genug, um Kinder zu bekommen, dazu sehr reich — und ohne einen pater familias , der seine Pläne durchkreuzen konnte!
    Im Gegensatz zu Antonius, der zwar nicht dumm war, aber keinerlei Charme besaß und dessen einzige Attraktion sein Körper war, hatte Dolabella eine fröhliche, umgängliche Art und war ein gewandter Gesprächspartner. Im Gegensatz zu Antonius’ plumpen Avancen — »Ich liebe dich, leg dich hin!« — verstand er es, seine Wünsche in poetischere Worte einzukleiden — »Laß mich in deinen schönen Augen ertrinken!«
    Dolabella eroberte nicht nur Fabias Herz im Sturm, auch die weiblichen Angehörigen von Ciceros Haushalt waren von ihm hingerissen. Daß Ciceros Tochter Tullia, die mit Furius Crassipes unglücklich verheiratet war, ihn für einen Gott hielt, mochte nicht weiter verwunderlich sein, daß aber auch die sauertöpfische Terentia ihn anhimmelte, brachte Roms Gerüchteküche zum Kochen. Dolabella freite also mit Terentias Segen und unter Tullias Tränen. Dann heirateten sie.
    Zu Clodius’ großer Freude war die Ehe vom ersten Tag an eine Katastrophe. Bei einer Jungfrau in Fabias Alter, die dreißig Jahre lang nur mit Frauen zusammen gewesen war, wäre ein sexuelles Einfühlungsvermögen vonnöten gewesen, das Dolabella nicht hatte oder das ihn nicht interessierte. Fabias Entjungferung mochte keine Vergewaltigung sein, eine besonders glückliche Erfahrung war sie aber auch nicht. Ärgerlich und gelangweilt wandte sich Dolabella wieder den Frauen zu, die wußten, wie man es machte, und gewillt waren, ihm Ekstase zumindest vorzuspielen. Wenigstens war ihm Fabias Geld sicher. Fabia saß inzwischen zu Hause und weinte verzweifelt, und Terentia schimpfte, sie sei dämlich und wisse nicht mit einem Mann umzugehen. Tullia dagegen lebte sichtlich auf und überlegte, wie sie sich von Furius Crassipes scheiden lassen konnte.
    Inzwischen war Clodius’ Schadenfreude allerdings schon weitgehend verflogen, denn wieder nahm ihn die Politik ganz in Anspruch.
    Er war entschlossen, der Erste Mann Roms zu werden, wollte dieses Ziel aber nicht auf dem üblichen Weg erreichen — über das höchste politische Amt und die Demonstration militärischer Fähigkeiten. Clodius’ Gaben waren nicht kriegerischer Natur, er war ein Demagoge. Er wollte durch die Volksversammlung regieren, die von den Rittern, den Geschäftsleuten Roms, beherrscht wurde. Auch andere hatten dies schon versucht, aber nicht auf Clodius’ Weise.
    Clodius hatte nämlich eine großartige Strategie: Er warb nicht um die mächtigen und reichen Ritter — er schüchterte sie ein. Zu diesem Zweck setzte er einen Teil der römischen Gesellschaft ein, den andere vor ihm für völlig wertlos gehalten und ignoriert hatten: die proletarii , jene Besitzlosen, die der Bodensatz der römischen Gesellschaft waren. Die Stimmen dieser Besitzlosen waren das Wachs auf den Tafeln nicht wert, auf denen sie abgegeben wurden; sie hatten keinerlei Einfluß bei den Mächtigen, und sie hatten keine andere Existenzberechtigung, als Rom Kinder zu schenken, die als Soldaten in den römischen Legionen dienen konnten — und auch das erst, seit Gaius Marius die Legionen für die Besitzlosen geöffnet hatte; davor hatten sich die römischen Armeen nur aus den besitzenden Klassen rekrutiert. Die capite censi waren alles andere als politische Menschen. Wenn sie erst den Bauch voll hatten und sich regelmäßig umsonst bei den Spielen vergnügen durften, hatten sie kein Interesse mehr an den politischen Machenschaften der Mächtigen.
    Clodius gedachte auch keineswegs, sie zu politischen Menschen zu machen, noch wollte er ihnen Flöhe ins Ohr setzen über ihren gesellschaftlichen Wert oder ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, welche Macht sie allein durch ihre Masse ausüben könnten, er brauchte lediglich ihre Stimmen. Sie waren seine Klienten, und als solche schuldeten sie ihm als ihrem Patron Treue, weil er für sie große Vorteile durchgesetzt hatte: monatlich eine kostenlose Getreidezuteilung, Versammlungsfreiheit in ihren Bruderschaften und anderen Vereinen und einmal im Jahr noch etwas zusätzliches Geld. Mit der Unterstützung von Decimus Brutus und einigen Helfern hatte Clodius Tausende von Männern der Unterschicht organisiert, die die überall in Rom verstreuten collegia besuchten. An Tagen, an denen er Banden zum Forum und in die angrenzenden Straßen

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