MoR 05 - Rubikon
sie ihre Sklaven, aber das gewöhne ich ihr schnell ab.«
»Wie der Vater, so die Tochter!« sagte Decimus Brutus grinsend.
»Wie wäre es mit Cornelia Metella?« schlug Clodilla vor. »Sie ist Witwe. Uralte Familie und Geld wie Heu.«
»Aber wenn sie wie ihr alter Vater Metellus Scipio ist?« Antonius zwinkerte. »Mit jemand, der Sklaven quält, kann man fertigwerden, aber mit einer Exhibitionistin?«
Wieder lachten alle, aber es klang künstlich, denn sie dachten an Publius Clodius. Wie konnten sie ihn vor sich selbst schützen, wenn er von seinem Vorhaben nicht abließ?
Pompeius’ geliebte Julia war nun schon seit sechzehn Monaten tot, und seine Trauer hatte sich so weit gelegt, daß er wenigstens wieder ihren Namen aussprechen konnte, ohne gleich in Tränen auszubrechen. Trotzdem dachte er nicht daran, sich wieder zu verheiraten. Im Grunde hinderte ihn also nichts daran, in seine spanischen Provinzen zu reisen, deren Statthalter er noch drei Jahre war und die seine Legaten Afranius und Petreius bisher für ihn verwalteten. Trotzdem hatte er seine Villa auf dem Marsfeld nicht verlassen. Er war schließlich auch noch Aufseher der römischen Getreidespeicher — eine Aufgabe, die ihm einen guten Vorwand lieferte, in der Nähe von Rom zu bleiben, auch wenn er trotz Clodius’ kostenloser Getreidezuteilungen und einer erst kurz zurückliegenden Dürre die Getreideversorgung so gut organisiert hatte, daß sie fast von selbst funktionierte und er kaum noch gebraucht wurde.
Denn er spürte, daß in Rom wichtige Entwicklungen in Gang waren, und er wollte auf keinen Fall die Stadt verlassen, ohne sich über seine eigenen Wünsche Klarheit verschafft zu haben. Sollte er sich zum Diktator ernennen lassen? Seit Caesars Weggang nach Gallien ging es auf dem Forum Romanum, der politischen Bühne Roms, immer chaotischer zu. Ob das etwas mit Caesar zu tun hatte, konnte er beim besten Willen nicht sagen. Die Ursache war Caesar bestimmt nicht. Manchmal ertappte er sich nachts bei der Frage, ob es so weit gekommen wäre, wenn Caesar in Rom geblieben wäre. Und dann machte er sich große Sorgen.
Als er Julia geheiratet hatte, hatte er wenig Gedanken an ihren Vater verschwendet, er hatte ihn lediglich für einen gewieften Politiker gehalten, der wußte, wie er seine Ziele erreichen konnte. Es gab viele Caesars, die öffentliche Ämter bekleideten, und sie waren alle wohlgeboren, intelligent, ehrgeizig und tüchtig. Wie Caesar sie überflügelt hatte, war ihm entgangen. Der Mann war ein Zauberer. Zuerst stand er noch neben einem, dann hatte er schon einen weiten Vorsprung. Es ging so schnell, daß man nicht sehen konnte, wie er es machte — auch nicht, wie er es anstellte, sich immer wieder wie ein Phönix aus der Asche zu erheben, wenn seine keineswegs unbedeutenden Feinde schon glaubten, ihn ein für allemal erledigt zu haben.
Da war zum Beispiel vor drei Jahren das Treffen in Luca gewesen, jener netten, kleinen Stadt am Auser in Gallia Cisalpina. Caesar, Marcus Crassus und er hatten dabei mehr oder weniger die Welt unter sich aufgeteilt. Warum hatte er mitgemacht? Damals schien alles dafür zu sprechen, aber im Rückblick schienen ihm die Gründe vollkommen unbedeutend. Was er, Pompeius Magnus, dabei gewonnen hatte, hätte er auch ohne Hilfe erreicht. Und Marcus Crassus? Schmachvoll getötet, nicht einmal begraben. Caesar dagegen war von Erfolg zu Erfolg geeilt. Solange sie zusammenarbeiteten, hatte es immer so ausgesehen, als sei Caesar sein Untergebener. Zugegeben, keiner, nicht einmal Cicero, hatte bessere Reden gehalten, und manchmal war Caesars Stimme die einzige gewesen, die für ihn gesprochen hatte. Aber Pompeius hatte nie gedacht, daß Caesar einmal sein Rivale werden könnte. Caesar hatte alles so gemacht, wie es üblich war, alles zu seiner Zeit. Er hatte, anders als Pompeius, nicht schon mit zweiundzwanzig Legionen nach Rom geführt und sich dem mächtigsten Mann als Partner aufgezwungen! Er hatte nicht beim Senat durchgesetzt, daß er Konsul werden konnte, noch bevor er Senator war! Er hatte nicht das Mittelmeer in einem einzigen Sommer von Piraten gesäubert! Er hatte nicht den Osten erobert und Roms Tribute verdoppelt!
Warum also die Gänsehaut, wenn er an Caesar dachte? Warum fühlte er Caesars Atem wie einen kalten Wind im Nacken? Wie hatte Caesar es geschafft, daß ganz Rom ihm zu Füßen lag? Caesar hatte ihm einmal Marktstände gezeigt, die kleine Gipsbüsten von ihm, Pompeius Magnus, verkauften —
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