Morag und der magische Kristall
Schmerz.
»Ooh, mein Hintern tut weh!«, jammerte er. »Mein Flügel ist wund und ich habe mir den Kopf gestoßen.«
»Hast du für solche Fälle nichts in deiner Tasche?«, fragte Shona und beäugte seinen Tornister. Bertie runzelte die Stirn, bevor sich sein Gesicht erhellte.
»Oh ja«, sagte er. »Das hatte ich fast vergessen.« Er schob einen Flügel in die Tasche und holte ein kleines Glas mit einer rosafarbenen Substanz heraus, das er Aldiss reichte. »Würdest du mir freundlicherweise dieses Gel auf meine wunden Stellen streichen, Aldiss? Herzlichen Dank.«
Der Rattenmann nahm das Glas widerstrebend entgegen.
»Also schön«, sagte er. »Aber ich werde kein Gel auf deinen Po reiben. Das kannst du selbst tun!«
»Natürlich«, erwiderte der Dodo.
Pfiiiiiiiiiiiiiii!
Eine Pfiff erklang, der so laut war, dass die vier Freunde beinahe aus der Haut fuhren. Dann dröhnte eine Stimme, die so klang, als hielte ihr Besitzer sich die Nase zu, durch den Lautsprecher: »Der nächste Zug auf Bahnsteig zwei ist der 10.35 nach Glasgow Green. Die Fahrgäste werden gebeten, sicherzustellen, dass sie ihr Gepäck sowie ihre Mitreisenden bei sich haben.«
Ein lautes Donnern kam aus den Tiefen des Tunnels. Der Bahnsteig unter ihren Füßen erzitterte, dann bebte er noch ein wenig mehr, und schließlich vibrierte der gesamte Bahnsteig so sehr, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnten.
Rumpel, rumpel, RUMPEL. Pfiiiiiiiiiiiiiii!
Die Pfeife erklang abermals, und die Stimme brüllte über das Getöse: »Der Zug, der jetzt auf Bahnsteig zwei einfährt, ist der 10.35 nach Glasgow Green. Haltestellen sind Paisley Abbey Kanalisation, Renfrew Rathaus Hintereingang und Glasgow Green am Obelisken.«
Morag wurde langsam übel von dem Schwanken, und sie schloss kurz die Augen, bis die Vibrationen erstarben. Als sie sie wieder öffnete, stand ein großer braun-weißer Zug auf dem Bahnsteig. Er hatte ziemliche Ähnlichkeit mit einem Zug, den sie in der Welt oben genommen hätte , nur dass von seinen Rädern kleine, magisch aussehende Funken stoben.
Shona hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, um sie an Bord zu führen. »Kommt mit, ihr alle«, sagte sie glücklich. Sie drückte mit einer ihrer Klauen einen Knopf an der Seite eines Waggons und die Doppeltüren öffneten sich mit einem zischenden Geräusch.
Dann sprang die Drachenfrau mit einem breiten Grinsen hinein.
»Es ist so lange her, dass ich das letzte Mal mit einem dieser Züge gefahren bin!«, rief sie den anderen zu, während sie durch den Waggon hüpfte. Bertie und Aldiss folgten ihr und Morag bildete das Schlusslicht.
Die Doppeltüren schlossen sich und der Zug trug sie davon.
Kapitel 7
Als Morag und die anderen sie einholten, hatte Shona sich genüsslich auf zwei übergroße, weiche rosafarbene Sitze am Ende des Waggons gefläzt. Sie winkte sie heran. Bertie setzte sich ihr gegenüber ans Fenster, Aldiss nahm in der Mitte Platz und Morag am Gang. Als sie in dem marshmallowweichen Sitz versank, dachte Morag, dass sie noch nie etwas so Eigenartiges gesehen hatte wie diesen Zug. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein ganz normaler Zug, aber irgendetwas stimmte nicht recht. Draußen jagte der dunkle Tunnel vorüber, doch Morag hatte keine Lust, aus dem Fenster zu schauen, da ihre unmittelbare Umgebung sie mehr interessierte.
Der Zug wurde von großen, runden Steinen beleuchtet, die nicht blau waren wie die Mondsteine, sondern einen sanften, milchigen Schimmer verströmten.
Bertie bemerkte, dass Morag die Steine betrachtete.
»Hübsch, nicht wahr? Dies sind Vollmondsteine. Sie sind sehr selten«, erklärte er ihr. »Nur die U-Bahn hat welche.«
Der Waggon machte auf Morag einen altmodischen Eindruck, mit Haltegriffen aus Messing, großen, gepolsterten Sitzen und Paneelen aus poliertem, dunklem Mahagoni an den Wänden. Der Boden bestand aus Holzbrettern, und darauf waren eigenartige, bunte Markierungen gemalt, bei denen es sich, wie sie vermutete, um magische Symbole handeln musste.
Als sie sich weiter umsah, fielen ihr immer neue ungewöhnliche Dinge auf. Über den Fenstern hingen bunte Reklameanzeigen. Eine pries eine brandneue Zahnpasta an:
» Lemo ! Jetzt können auch Sie Ihre Freunde mit einem bezaubernden Lächeln blenden – und nachtaktive Tiere erschrecken«, versprach die Annonce. Und in kleineren Lettern stand darunter:
»Enthält Geisterpuder für totenbleichen Glanz!«
In einer anderen Annonce waren Bilder von einer Hexe und einem
Weitere Kostenlose Bücher