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Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Zach
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Stimmung war dahin. Die Frauen begannen, die Tische abzuräumen.
    Das Fest war zu Ende.
    Johann blickte in die Wälder hinauf, aus denen das Heulen gekommen war. Glitzernd weißer Schnee, eisblauer Himmel, der sich jetzt in der Dämmerung langsam orange färbte – eine schöne Szenerie, über die sich schlagartig ein Schatten gelegt hatte.
    Ein Schatten, der die Berge feindlich und den Schnee tödlich kalt wirken ließ.
    Der imstande war, einem ausgelassenen Fest binnen weniger Momente alles Leben auszusaugen.
    Ein Schatten – den zu kreuzen Johann gezwungen sein würde, das wusste er plötzlich instinktiv. Er fröstelte unwillkürlich, dann ging er zu den anderen, um beim Abbau der Stühle und Bänke mitzuhelfen.

XIII
    Johann saß mit Albin und Sophie in der Küche bei der Vormittagsjause, die aus Brot und Milch bestand. Auch Martin Karrer, Jakob Karrers Vater, war vorbeigekommen, saß auf einer der Bänke an der Wand und kraulte Vitus, der den Kopf auf seinen Schoß gelegt hatte. Elisabeth stand am offenen Herdfeuer und bereitete die Knödel für das Mittagessen vor, denn Dienstag und Donnerstag war Knödeltag, wie es auf dem Land in ganz Tyrol Brauch war.
    Über eine Woche war bereits vergangen, seit Johann aus dem Wundfieber erwacht war, und er hatte sich zusehends erholt. Auch seine Wunde heilte von Tag zu Tag mehr, bald würde nur mehr eine Narbe an den Kampf mit dem Bauern erinnern.
    Und er hätte es wahrlich schlechter treffen können. Trotz eines gewissen Argwohns, mit dem ihm einige der Dorfbewohner begegneten, hatte man ihn doch zumindest akzeptiert, spätestens seit dem Eisschießen. Sein neuer Herr freilich war ein Schinder und Menschenfeind durch und durch, aber Johann hatte weit Schlimmeres erlebt und immerhin ein festes Dach über dem Kopf und täglich warme Mahlzeiten. Und das war mehr, als das Jahr ihm bisher geboten hatte.
    Albin und Sophie waren redliche Menschen, denen er vertraute, nur Elisabeth begegnete ihm mit einer Mischung aus kühler Distanz und schroffer Ablehnung. Ob ihre Fürsorge nur dem Fieberwahn entsprungen war?
    Ein Schlag auf die Schulter riss Johann aus seinen Gedanken.
    „Stimmt’s oder hab ich Recht?“, schmetterte ihm Albin entgegen.
    „Wenn du meinst“, sagte Johann unbestimmt und schnitt sich noch eine Scheibe Brot ab.
    „Geh, hör doch auf, der Johann weiß ja gar nicht, wovon du redest“, gab Sophie zurück. „Der war mit seinen Gedanken ganz woanders.“ Sie zwinkerte Johann zu. „Bei einer Frau?“
    Elisabeth blickte über die Schulter zum Tisch hin.
    „Was? Nein!“, gab Johann trotzig zurück und suchte nach einer Ausrede. „Hab nur grad überlegt, was das für ein Zeichen war, mit dem mich die alte Salzmüller am letzten Sonntag verwunschen hat.“
    Albin lachte. „Dich also auch? Brauchst dir nichts denken, von der ist schon so ziemlich jeder im Dorf verhext worden. Darfst ihr aber nicht übel nehmen, die ist nicht mehr ganz richtig im Kopf, seit sie ihre beiden Töchter verloren hat.“
    „Na, sie scheint aber nicht die Einzige zu sein, die hier so abergläubisch ist“, bohrte Johann nach.
    „Weißt eh, wie die Alten so sind“, spielte Albin das Thema herunter.
    „Die Alten waren aber nicht immer so“, entrüstete sich Martin Karrer. Vitus schaute beim Klang seiner Stimme zu ihm auf, der Alte tätschelte ihm beruhigend den Kopf. „Das Leben war hier zwar immer schon sehr hart, aber anders.“
    Elisabeth drehte sich bei diesen Worten um und warf ihrem Großvater einen warnenden Blick zu.
    „Alles ändert sich“, entgegnete Johann.
    „Da hast wohl Recht“, stimmte ihm der Großvater zu. „Mal zum Guten, mal zum Schlechten. Aber manchmal auch zum ganz Schlechten.“
    „In vielen Dingen steckt auch was Gutes, man muss es nur sehen wollen.“
    „Siehst, das gefällt mir an dir.“ Sophie ergriff Johanns Hand. „Du lässt dich nicht so leicht verschrecken wie die andern.“ Sie begann, mit seinen Fingern zu spielen.
    Johann sah, dass Elisabeth es bemerkte und sich demonstrativ wieder dem Kessel widmete.
    Er entzog Sophie seine Hand. „Verschrecken nicht, aber ich merk, wenn mich wer anlügt. Oder anschweigt. Und das ist oft das Schlimmere.“ Johann blickte den Großvater an, der seinen Kopf senkte.
    Sophie rückte näher an Johann. „Na, ich werd dich ganz bestimmt nie anschweigen.“
    „Und was die Sophie verspricht, das hält sie“, fügte Albin augenzwinkernd hinzu.
    Alle lachten, als plötzlich die Küchentür donnernd aufflog und

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