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Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Zach
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sein Gegenüber. Seine Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt, und er konnte die Veränderungen im Gesicht des Soldaten sehen: die schwarzen Verästelungen, die sich unaufhaltsam ausbreiteten, die blasse Haut …
    Er wusste, was er zu tun hatte. Wieder einmal lag es an ihm.
    Der Soldat schwitzte, war unruhig, außerdem kämpfte er mit dem Schlaf. Er nickte immer wieder kurz ein, und schreckte dann sofort wieder hoch. Er wusste instinktiv, dass er wach bleiben musste, spürte die Gefahr, die von der großen, stummen Gestalt ihm gegenüber ausging.
    Die Zeit verging quälend langsam.
    Schließlich verlor der Soldat den Kampf. Der Schlaf übermannte ihn, sein Kopf fiel nach vorn auf die angezogenen Knie.
    Auf diesen Moment hatte Jakob Karrer gewartet.
    Leise stand er auf. Fast beiläufig nahm er den wuchtigen Stiel einer abgebrochenen Haue, die neben ihm an der Wand lehnte, und glitt durch die Dunkelheit langsam auf den schlafenden Soldaten zu, bemüht, jedes Geräusch zu vermeiden.
    Er starrte auf den gleichmäßig atmenden Körper unter sich, der für ihn kein Mensch mehr war. Er war einer von
ihnen
, mit der Krankheit, die er so sehr hasste.
    Tod und Verderben über euch
.
    Dann hob er den Stil und holte aus.
    Genau in diesem Moment erwachte der Soldat, als hätte er den Tod gerochen. Er sah Karrer über sich, rollte sich blitzschnell auf die Seite und konnte so dem mörderischen Schlag gerade noch ausweichen. Dann schnellte er hoch und schlug Karrer den Stiel aus der Hand. Der stürzte sich auf ihn, der Kampf begann.
    Stumm und unerbittlich.
    Bis ein Schrei durch die Scheune gellte.
    Draußen schreckten die beiden Wachsoldaten aus ihrem Halbschlaf auf.
    „Was war das?“
    „Ich weiß nicht. Ist das von drinnen gekommen?“
    „Kann ich nicht sagen.“ Der Soldat spähte in das Innere der Scheune, konnte aber nichts erkennen. „Karrer? Was macht ihr da?“
    Jakob Karrer sah entsetzt auf seinen Arm. Eine tiefe Bisswunde zeichnete sich ab, schwarz und unheilverkündend. Panisch versuchte er die Bissspuren abzuwischen, aber vergeblich.
    Er blickte von seinem Arm zu dem Soldaten, der ihm gegenüber kauerte. Sah dessen blutigen Mund.
    Er wusste, was die Verletzung bedeutete.
    Nichts würde mehr sein, wie es war. Kein Hof, Grund und Boden, keine Elisabeth, keine Sonne, kein Leben mehr. Im Zwielicht dahinvegetieren.
    Er würde wie
sie
werden …
    Sein Arm pulsierte, ein warmes Brennen breitete sich schnell von der Wunde aus, über seine Brust und dann weiter, in seinen Kopf hinein. Er fühlte die Hitze, fühlte den roten Nebel, der sich hinter seinen Augen ausbreitete.
    Jakob Karrer stieß ein Knurren aus.
    Dafür würden sie büßen, sie alle, die ihm nicht geholfen hatten. Das gesamte Dorf
.
    Plötzlich war ein polterndes Geräusch zu hören. Das Tor wurde entriegelt, fahles Licht fiel herein. Dann stürmten die Wachsoldaten in den Stadl, blieben aber stehen, als sie die beiden Gestalten sahen, die sich reglos gegenüberstanden.
    „Karrer? Was zum Teufel –“
    Langsam, in einer gemeinsamen Bewegung, drehten sich Jakob Karrer und der Soldat zu den Wachsoldaten um …

Hostimentum

XXIX
    Am nächsten Morgen lag dichter Nebel gleich einem Leichentuch über dem Dorf. Er hüllte die Häuser ein und dämpfte jedes Geräusch. Man konnte kaum zwischen Himmel und Erde unterscheiden, so dicht war das geisterhafte Weiß.
    Die Tür von Jakob Karrers Haus öffnete sich, Elisabeth schlüpfte heraus. Sie schloss leise die Tür und ging eilig den schmalen Pfad zwischen den Häusern entlang. In der Hand hatte sie eine flache, eiserne Pfanne mit noch warmem Mus. Vielleicht würde ihr Vater heute etwas essen. Wenn er überhaupt noch –
    Sie zwang sich, an etwas anderes zu denken.
    Er ist dein Vater
.
    Natürlich war er das, trotzdem gab es tief, ganz tief in ihr drinnen eine Stimme, eine Stimme mit verführerischem Klang, die ihr sagte, dass es ihm recht geschehe, wenn –
    Nein!
    So etwas durfte sie nicht einmal denken. Er war ihr Vater, den zu ehren ihre Pflicht war.
    Vor Elisabeth tauchte jetzt der Stadl aus dem Nebel auf. Sie ging zur Vorderseite, wunderte sich, dass keine Wache zu sehen war. Dann erstarrte sie.
    Das breite Tor war aus den Angeln gerissen und lag im Schnee.
    Elisabeth kam näher, blickte in den Stadl hinein. Was sie sah, ließ sie entsetzt aufschreien: Vor ihr lagen die Körper der Wachsoldaten, grausam verkrümmt und von wuchtigen Hieben entstellt.
    Elisabeth drehte sich um und rannte aus dem

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