Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
machst du uns dann einen Braten?“
Fassungslos sah Ludwig ihn an. „Schmeckts euch etwa nicht?“
„Schon. Aber ein Braterl zur Feier des Tages wär auch nicht schlecht.“
Sophie, die sich den Bauch so vollgeschlagen hatte wie schon lange nicht mehr, schüttelte den Kopf. „Hör nicht auf sie, Ludwig, das waren die besten Schlipfkrapfen meines Lebens.“
Ludwig grinste übers ganze Gesicht. „Na also.“ Er wandte sich an Hans. „Aber ich will mir nichts nachsagen lassen. Wenn wir Sovino verjagt haben, kriegst einen Braten, so groß, dass du meinst, ich hätte zwei Hirsche zusammengenäht.“
„Ich nehm dich beim Wort“, sagte Hans und grinste ebenfalls.
Der Preuße wandte sich an Sophie. „So ist das mit uns Wienern. Immer wird geraunzt, nichts kann man uns recht machen.“
Sie nickte. „Das hab ich auch schon gemerkt.“
Der Preuße lächelte. Der freundschaftliche Disput hatte ihn abgelenkt und ihn für wenige Augenblicke vergessen lassen, dass Sophie das Dorf schon bald mit den anderen verlassen würde.
Es war vereinbart, dass Heinrich die Seinen noch in der Nacht zu den Überresten der Klosterruine führen würde, wo sie den morgigen Tag verbringen würden. Die Katakomben waren zerstört, aber der unterirdische Raum, der zu ihnen führte, war noch intakt. Hier konnten sie sich verbergen und den Kampf abwarten.
„Wann geht ihr hinauf?“ Aus der Stimme des Preußen war jede Leichtigkeit verschwunden.
Schweigend blickte Sophie den Preußen an.
„Sophie?“
Der Gedanke war plötzlich da, klar und selbstverständlich. „Ich werde mit euch gehen.“
Erstaunt sah der Preuße sie an. „Wie meinst du das?“
„Morgen. Ich geh nicht mit den anderen hinauf. Ich bleib bei euch.“
Der Preuße schüttelte den Kopf. „Auf keinen Fall.“
„Was ist, wenn eure Pläne nicht aufgehen? Wenn ihr fliehen müsst? Ich kenne mich aus in den Wäldern.“
„Aber die Sonne –“
„Halte ich aus.“ Ihre Stimme war entschlossen.
Der Preuße deutete auf Heinrich. „Und was ist mit ihm? Wird er es erlauben?“
„Niemand erlaubt mir irgendwas“, erwiderte sie zornig. „Ich tue, was ich will.“
Der Preuße blickte in die Runde. Hans und Karl nickten, Markus und Ludwig ebenfalls. Er seufzte. „Dann ist es uns eine Ehre, dich dabeizuhaben.“
„Ich danke euch.“
War da ein Hauch von Ironie in ihrer Stimme? Der Preuße wurde ernst. „Ich meine es so, wie ich es sage. Es ist mutig von dir, denn es wird sehr gefährlich, und –“
„Mach dir keine Sorgen, ich pass schon auf dich auf.“ Sie zwinkerte ihm zu, dann stand sie auf und ging zu Heinrich, um ihm ihren Entschluss mitzuteilen.
Sprachlos blieb der Preuße zurück. Karl stieß Hans in die Seite. „Das sollten wir in einer Chronik festhalten lassen. Heinz Wilhelm Kramer, genannt der Preuße. Schneid und Wort abgekauft von einer Tyrolerin. Geschehen im Jahr des Herrn 1704. Halleluja!“
Der Blick, den ihm der Preuße zuwarf, sprach Bände.
LXIX
Der Wind hatte aufgefrischt und trieb die Wolken vor sich her, sodass die Sichtweite auf dem Feld immer wieder wechselte.
Während Johann auf Händen und Knien durch das mit Krähenfüßen übersäte Feld kroch, als ob er Glassplitter unter sich hätte, blitzten immer wieder Bilder des französischen Lagers vor seinem geistigen Auge auf.
Die zu Hundertschaften aneinandergereihten Zelte, die wie gespannte Leichentücher wirkten, unter denen die Todgeweihten ihre letzte Nacht verbrachten.
Die schwere Bewachung des Offizierstabes.
Die wenigen hundert Fuß, die Johann von Elisabeth getrennt hatten. Wenn sie denn dort war.
So nah und doch so fern. So unmöglich.
Wie um alles in der Welt sollte er in diese innere Festung eindringen, wenn er doch bereits an der äußeren gescheitert war?
Ein stechender Schmerz riss Johann aus seinen Gedanken. Die Kralle eines Krähenfußes hatte sich in einen seiner Handballen gebohrt.
Während er auf einer Hand weiterkroch, saugte Johann an der Wunde. Der eisern-süßliche Geschmack des Blutes ließ ihn krampfhaft schlucken, aber er saugte weiter, um keinen Schmutz in der Wunde zurückzulassen.
Vor ihm stieg eine Böschung leicht an, dahinter war das Rauschen eines Flusses zu hören. Er setzte sich und starrte auf die Blitze, die zwischen der Turiner Wehranlage und dem Lager hin- und herzuckten.
Wolff kroch neben ihn, teilnahmslos und abgekämpft, und blickte ebenfalls zum Feuergefecht. „So viele Gulden sollte man einmal in ein Freudenfeuer investieren,
Weitere Kostenlose Bücher