Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
raufte sich die Haare. „Was genau hat wer mit wem warum gemacht?“
„Irgendwas hatten von Pranckh und Generalleutnant Gamelin geplant.“ Johann versuchte, das Knäuel aus Namen und Verbindungen zu entwirren. „Und General La Feuillade sollte ‚ein Geschenk‘ erhalten.“
„Was, wenn Gamelin der Überbringer dieses Geschenks ist?“, überlegte der Preuße und sah die Männer an. „Und wenn die schwarze Kutsche in Wien, die jetzt Richtung Süden unterwegs ist, seine war?“
„Und das Geschenk einen Rock trägt“, setzte Karl, nunmehr todernst, den Gedanken fort.
„Elisabeth soll das Geschenk sein?“, fragte Hans.
„Nicht sie selbst. Ihre Krankheit. Ihre und die derer, die in den anderen beiden Wägen gefangen sind“, sagte der Graf.
„Aber wofür das Ganze?“ Hans verstand noch immer nicht.
„La Feuillade kann die Zitadelle von Turin belagern, solange er will, stürmen kann er sie nicht, dafür sind die Befestigungen zu stark“, erklärte der Preuße. „Er muss sie unterminieren, sprich: Tunnels unter die Befestigungen graben, die Tunnels sprengen und hoffen, dass eine Wehrmauer einstürzt, die er dann überrennen kann.“
„Das kann sich über Monate hinziehen und bindet einen großen Teil der französischen Truppen. Ganz zu schweigen von den Ausfällen durch die Artillerie der Befestigung“, fügte Johann hinzu. „Wenn er es aber schafft, dass in Turin eine Krankheit ausbricht, erledigt sich das Problem von allein und die Franzosen können seelenruhig durch das Stadttor spazieren. Ihr habt mit eigenen Augen gesehen, wie schnell sich die Krankheit in Wien ausgebreitet hat.“
„Deshalb also die starke Bewachung der Wägen.“ Auch Hans verstand jetzt.
„Sie werden über den Semmering ziehen, über den südlichen Jakobsweg, da sind sie vor den Patrouillen sicher und kommen am schnellsten voran. Dort werde ich Elisabeth finden.“ Johann erhob sich. „Ich breche unverzüglich auf!“ Er wandte sich dem Grafen zu, um ihm die Hand zu reichen. „Ich danke dir für deine Hilfe, Samuel.“
Der Graf ignorierte Johanns Geste und drückte ihn herzlich an sich. „Ich danke dir. Gerne würde ich mit dir kommen, aber mein Weg mit Victoria Annabelle ist ein anderer.“
Johann nickte und löste sich aus der Umarmung. Victoria Annabelle blickte schüchtern zu ihm, er zwinkerte ihr freundlich zu. Ein schnelles Lächeln huschte ihr über das Gesicht, dann verschwand sie in der Hütte.
„Wir werden dorthin reisen, wo auch ihr ursprünglich hinwolltet“, fuhr der Graf fort. „Sollte deine Suche erfolgreich sein, würde ich mich freuen, wenn wir uns in Siebenbürgen wiedersehen. Ich werde mich dort nicht nur niederlassen, sondern auch jeden willkommen heißen, der sich mir freien Geistes und freien Herzens anschließt. Meinen lieben Markus Fischart darf ich dir aber mitgeben, er wird darauf achten, dass du deinen Kopf behältst, bis du wiederkehrst.“
Markus stand auf und salutierte bemüht.
Johann lächelte, dann wandte er sich dem Preußen und den anderen zu. „Männer, niemand von euch muss mit mir kommen. Ihr könnt –“ Plötzlich blieb ihm die Luft weg, der Preuße hatte ihm einen kräftigen Hieb auf die Brust gegeben. Johann sah den verschmitzten Blick seines Freundes, bevor er in die Knie sackte.
Zufrieden betrachtete der Preuße seine Faust. „Ah, ich fühle, wie meine Kraft zurückkehrt.“ Er sah auf Johann hinunter. „Du auch?“
Johann nickte japsend.
„Sehr gut“, fuhr der Preuße fort. „Ich denke, ich habe mich genug ausgeruht. Du auch?“
Johann rappelte sich wieder auf. „Hättest nur sagen müssen, dass du mitkommst, mein Freund.“
Hans und Karl räusperten sich beinahe unisono.
„Dass ihr mitkommt, meinte ich natürlich. Ich danke euch“, sagte Johann, stand auf und atmete tief durch. Hans und Karl klopften ihm auf den Rücken. Gemeinsam gingen die Männer auf das Haus zu.
Auch wenn Johann sich innerlich wie ein Kind darüber freute, dass seine Kameraden ihm beistanden, wusste er zugleich um die Gefährlichkeit der Mission, wusste, wie gering die Aussichten waren, dass sie alle lebend zurückkehren würden.
Aber sie konnten es schaffen – er hatte treue Kameraden, kannte sein Ziel und war entschlossen, die Hölle über Gamelin und seine Söldner hereinbrechen zu lassen.
Elisabeth, ich komme.
Eine Stunde später ließen sie Deutsch-Altenburg hinter sich.
VII
Dunkle Gewitterwolken hingen über der alten Kaiserstadt, als dort die letzten Barrikaden
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