Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)
verließ der Jesuit mit langsamen Schritten den Saal.
XXXVI
Nachdem der letzte Gast endlich gegangen war, schloss Josefa das Gasthaus ab. Vor der Tür verlangte der Alkohol seinen Tribut, alle drei fühlten sich in der kühlen Luft, als ob sie gegen eine Faust gelaufen wären. Elisabeth hängte sich bei Johann ein, Josefa ebenfalls und trällerte: „Dann los, mein Hübscher – ab nach Hause!“
Johann sah am Baugerüst gegenüber der Schnecke hoch. „Was wird das?“
„Noch so ein Pfaffenbau. Die Peterskirche“, antwortete Josefa verächtlich.
„Wird bestimmt so schön wie die anderen“, murmelte Elisabeth.
Josefa lachte. „Wenn Wien was dringend braucht, dann noch eine Kirche!“
Gemeinsam wankten sie äußerst beschwingt die menschenleeren Gassen entlang. Josefa selbst war am lautesten und gab in einem fort unanständige Kneipenwitze zum Besten.
Als sie in die Schulter Gasse einbogen, kamen ihnen zwei finstere Gestalten entgegen. Johann drängte sich instinktiv vor die beiden Frauen, dann erkannte er, dass es sich nur um die Nachtwache handelte.
Die Männer der Rumorwache waren mit Hellebarden bewaffnet, einer der beiden hielt eine Öllampe. „Nachtruh ist, meine Herrschaften!“, stellte der erste in scharfem Ton fest, während der zweite sich hinter ihnen postierte.
Elisabeth senkte betreten den Kopf. Johann wusste, dass mit Nachtwachen nicht gut Kirschen essen war. Zu oft mussten sie sich mit gefährlichem Gesindel herumschlagen, als dass sie irgendwelche Späße duldeten.
Ein Umstand, der Josefa nicht zu kümmern schien. „Ihr seid’s aber zwei ganz schlaue Burschen, was?“, feixte sie lautstark.
Dem Mann stieg die Zornesröte ins Gesicht. „Ausweise her, aber ein bisschen geschwind!“
Johann wollte gerade auf Josefa einreden, als die zum nächsten Schlag ausholte.
„Und wer soll die dann lesen?“ Sie prustete lautstark los, die Wachen hoben langsam ihre Hellebarden.
Bevor die Situation eskalierte, lenkte Josefa aber ein: „Kennt’s ihr mich immer noch nicht? Ich bin die Frau vom Heinz Wilhelm!“
Der Mann hob die Öllaterne hoch und hielt sie Josefa vors Gesicht. Er grinste breit. „Die Kramerin. Irgendwann triffst mal wen, der kein so langes Gemüt hat wie wir.“ Er ließ die Laterne wieder sinken. „Dann weiter mit euch, ich wünsch noch einen guten Nachhauseweg. Und denk beim nächsten Ausschank dran, wer dir heut gut gesinnt war.“
Josefa blickte ihn wie ein Schaf an. „Hans. Hans ist mein Name“, sagte der Wachmann und grinste wieder.
„Und ich bin der Karl“, zog die zweite Wache nach. „Vergiss uns nicht!“
„Hans und Karl. Werd’s mir merken“, versprach sie, bemüht, einen ehrlichen Gesichtsaudruck zu mimen. Dann nickte sie Johann und Elisabeth zu, die drei setzten ihren Heimweg fort.
Der Eindruck, den Johann vom Äußeren des Hauses des Preußen gewonnen hatte, setzte sich im Inneren fort: Es gab wohl keinen einzigen rechten Winkel in der Stube, die geschwärzten Dachbalken hingen in der Mitte des Raumes leicht durch und machten den Raum noch niedriger, sodass Johann den Kopf einziehen musste.
Nachdem Josefa einige Kerzen angezündet hatte, strahlte die Stube aber Behaglichkeit aus. Die gekalkten Wände waren mit gestickten Motiven geschmückt, in den Ecken standen getrocknete Blumen in Bleigefäßen, und die hölzerne Sitzbank hatte bestickte Polster. Neben dem eisernen Ofen in der Ecke waren Holzscheite gestapelt, darüber hingen einige prächtig geräucherte Würste von der Decke.
Der Preuße hatte sich hier ein gemütliches Heim geschaffen, dachte Johann anerkennend.
„Ihr schlaft hier herunten, oben ist nur mehr eine Kammer, und die gehört dem Heinz und mir“, sagte Josefa. „Strohsack und Decke bring ich euch gleich.“
Sie wollte eben den Raum verlassen, blieb aber stehen und drehte sich mit todernster Miene zu den beiden um. „Ihr seid’s eh verheiratet, oder? Das ist nämlich ein ehrbares Haus.“
Elisabeth wurde rot. „Wir –“
„War doch nur ein Schmäh.“ Josefa lachte.
„Deinen Schmäh kannst dir sonstwohin stecken“, antwortete Elisabeth scharf.
Es war still in der Stube, Elisabeth war überrascht, dass sie das gesagt hatte. Aber es reichte ihr, sie war todmüde, und die Frau ging ihr auf die Nerven.
„Na also, geht doch.“ Josefa grinste und verließ die Stube. Sie stieg die knarrende Treppe ins Dachgeschoß hinauf, gleich darauf wurde etwas von oben heruntergeworfen.
„Ich hoff, das reicht euch! Gute
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