Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)
reisen wesentlich weniger anstrengend als über Land, und hoffentlich auch weniger gefährlich.
Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass Johann etwas anderes nach Wien getrieben hat, doch umso glücklicher bin ich nun, dass dies keine Rolle mehr zu spielen scheint und wir nur wenige Tage von unserem Ziel entfernt sind. Und ich habe ihm verziehen, dass er mich darüber belogen hat. Denn auch ich habe ihm zu beichten, dass ich die Krankheit in mir trage, und ich hoffe, dass er mich trotzdem so liebt wie bisher.
Nun gilt es die letzten Stunden auszuharren. Ich werde dafür beten, dass uns nichts und niemand mehr aufhält.
XLIX
Auf das Gewitter war eine sternenklare Nacht gefolgt, die sich gerade ihrem Ende zuneigte. Die ersten Sonnenstrahlen schnitten sich durch die Gassen Wiens, in denen schon reges Treiben herrschte.
Auch vor dem neuen Hauptquartier der Rumorwache am Eisgrübel herrschte Betriebsamkeit. Oben auf der massiven Balustrade mit ihren vier Kanonen standen die beiden Anführer der Rumorwache und der Stadtguardia Habt Acht, neben ihnen hatten die mit Piken und Hellebarden bewaffneten Wachen Aufstellung genommen.
Vor ihnen schritt von Pranckh auf und ab, fixierte die Anführer drohend. „Mich interessieren Ihre Animositäten nicht, meine Herren! Ich erwarte Ihre uneingeschränkte Kooperation: Wir suchen einen Mann und eine Frau, vermutlich Bauern, die sich innerhalb der Stadt aufhalten. Ich gehe davon aus, dass sie gefälschte Papiere bei sich tragen. Hier haben Sie eine genaue Personenbeschreibung.“
Von Pranckh gab den beiden einige Blätter mit den wichtigsten Merkmalen und zwei grob gezeichnete Porträts, die auf den Beschreibungen von Basilius basierten.
Der Rumorhauptmann würdigte die Blätter kaum eines Blickes. „Ich darf Sie höflich daran erinnern, dass wir dem Niederösterreichischen Landesfürsten unterstehen, nicht der Wiener –“
„Und soll ich Sie auf meine Sondervollmachten hinweisen, Herr Rumormeister?“ Von Pranckh wurde krebsrot vor Zorn und trat dicht an den Rumorhauptmann heran.
Auf der Balustrade wurde es totenstill, der Hauptmann blickte von Pranckh ungerührt an. Dann senkte er den Kopf. „Wie Ihr meint. Wir werden unsere Augen offen halten.“
„Das möchte ich Ihnen auch geraten haben.“ Von Pranckh trat einen Schritt zurück, sah die Gruppe an. „Ich will Ergebnisse innerhalb der nächsten Tage sehen, meine Herren!“
Der Kommandant der Stadtguardia, ein untersetzter Mann mit rattenähnlichen Zügen, plusterte sich auf. „Sie können sich auf die Stadtguardia verlassen.“
Von Pranckh klopfte ihm auf die Schulter. „Von Ihnen weiß ich das, Leutnant Schickardt. Von Ihnen schon.“ Er drehte sich um. „Ich danke Ihnen, meine Herren!“ Von Pranckh verließ die Balustrade, ohne die beiden eines Blickes zu würdigen.
Leutnant Schickardt grinste den Rumorhauptmann höhnisch an, dann ging er, ohne sich zu verabschieden.
„Ich erwarte Ihre uneingeschränkte Kooperation“, äffte der Rumorhauptmann von Pranckh nach und wandte sich an seinen Adjutanten. „Ein Gesindel, wo man hinschaut. Schick den Preußen zu mir, wenn er seinen Dienst antritt.“
L
Der Rhythmus der Schritte wurde immer lauter, es gab nur eine Sorte von Menschen, die sich auf diese Art und Weise fortbewegten: Soldaten.
Johann nahm Elisabeth am Arm und lief mit ihr ins Haus des Preußen. Er schlug die Tür hinter sich zu und lugte aus dem kleinen Fenster.
„Wer ist das?“ Elisabeths Stimme zitterte.
Johann gab keine Antwort und versuchte zu erkennen, ob die Soldaten am Torbogen vorbeimarschierten, oder –
Der Trupp bog in den Innenhof. Es waren sechs Mann, mit Musketen und Hellebarden bewaffnet, allen voran der Preuße.
Der Trupp blieb stehen, der Preuße trat vor und wandte sich an seine Männer. „Ihr wartet hier.“ Dann ging er schnellen Schrittes auf sein Haus zu.
Johanns Herz raste. Was war geschehen? Hatte der Preuße sie verraten? Er konnte es nicht glauben.
Die Tür wurde aufgerissen, der Preuße stürzte herein. „Johann! Elisabeth! Es ist was passiert.“
Die beiden starrten ihn an.
„Von Pranckh weiß, dass ihr in Wien seid und sucht nach euch. Er hat meinem Hauptmann heute die Suchaktion befohlen.“
„Der räudige Hund soll nur kommen!“, sagte Johann grimmig.
„Ich glaub, du verstehst nicht ganz. Nicht nur wir suchen euch, sondern die Stadtguardia, diese Bastarde. Meinem Hauptmann geht das ganze zum Glück gegen den Strich, weil er von jemandem Befehle
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