Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Bauer , Bastian Zach
Vom Netzwerk:
verdeckten die Haut, in der rechten Hand war einen Zeigestab.
    Einen Moment lang verharrte die Gestalt, machte sich ein Bild vom Hof.
    Für Elisabeth schien die Gestalt wie ein Vorbote der Offenbarung, nur darauf wartend, dass das siebte Siegel gebrochen würde, damit die vier Apokalyptischen Reiter die Menschen mit ihren Geißeln heimsuchen konnten. Sie trat instinktiv hinter Johann, der ihre Hand ergriff.
    Hinter der Gestalt zogen Siechenknechte einen Karren, dessen Räder mit Stofffetzen umwickelt waren und auf dessen Ladefläche mehrere Leichen lagen, alle mit wächserner Haut und schwarzen Verästelungen.
    Elisabeth lief ins Haus, die anderen warteten angespannt, was geschehen würde.
    Der Pestarzt schritt jetzt von Krankem zu Krankem, stupste die, die schliefen, unsanft mit dem Stab, bis sie Regung zeigten, und besah sich die Krankheitsbilder aus sicherer Distanz. In den Augen der Leute schwankte eine Mischung aus Furcht und Hoffnung, aber niemand wagte es zu sprechen.
    Dann trat der Pestarzt zu Johann und dem Preußen und hielt inne. „Habt ihr schon mal eine solche Form der Pest gesehen?“, fragte ihn der Preuße.
    Der Arzt schüttelte den Kopf, gleich einem Vogel, der sich sein Gefieder putzt. „Nein, aber die Pestilenz vermag in vielerlei Formen aufzutreten“, dröhnte die blecherne Stimme aus der Maske. Dann drückte der Pestarzt seinen Stab gegen das Kinn des Preußen und besah sich dessen Hals, der aber keinerlei Spuren der Krankheit aufwies. Ebenso untersuchte er Johann und Josefa, dann schritt er weiter.
    Schließlich deutete er auf einen alten Mann, der kaum noch einer Regung fähig in einer Ecke saß. Die Siechenknechte eilten herbei und packten den Alten an Händen und Beinen, schleiften ihn zum Karren und warfen ihn auf die Ladefläche. Der Alte stöhnte auf, war aber nicht mehr im Stande, sich zu artikulieren. Die Frau, die neben ihm gesessen hatte, umklammerte ihre beiden kleinen Kinder und brach in Tränen aus.
    Der Pestarzt verschwand durch den Torbogen ebenso geisterhaft, wie er gekommen war. Die Siechenknechte packten den Karren und zogen ihn weiter, folgten der Gestalt in den Rauch hinein.
    Der Preuße beugte sich zu Johann. „Die Warterei macht mich nervös.“
    Johann nickte. Der schützende Käfig schien sich in ein Gefängnis zu verwandeln. „Was schlägst du vor?“
    „Wir sollten uns eine Tür hinaus offen halten, sonst stehn wir vielleicht ganz schnell mit dem Rücken zur Wand. Ich kenne einige Wege, die aus dem Viertel führen, und wir sollten zumindest prüfen, ob sie offen sind oder nicht.“
    „Die Katakomben?“, schlug Josefa vor.
    „Zur Not ja, aber lieber über die Dächer“, sagte der Preuße und blickte prüfend nach oben.
    „Gut, dann lass uns das morgen zeitig angehen“, Johann wandte sich an Josefa. „Und du bleibst so lange im Haus mit Elisabeth.“
    Sie gingen wieder hinein.
    Johann setzte sich auf die Bank zu Elisabeth und umarmte sie. Seit dem Auftauchen des Pestarztes hatte er das Gefühl, als würde man ihm die Kehle immer enger schnüren, als säße er auf der Garotte.
    „Bald werden wir von hier wegkommen, dann wird alles gut“, flüsterte er Elisabeth ins Ohr.
    „Und was geschieht mit den anderen, die hier bleiben müssen?“, fragte Elisabeth mit leerer Stimme. „Was wird mit denen, die nie mehr die Sonne sehen können? Die Kinder, deren Leben die Hölle sein wird?“
    Darauf wusste Johann keine Antwort. In stummer Umarmung blieben sie sitzen und versuchten die Schreie der Rasenden, die aus den Kellern drangen, aus ihren Köpfen zu verbannen.
    Es gelang nicht.
    LXVII
    Eine dichte Wolkendecke hemmte die Strahlen der Sonne, die gerade am Zenith stand, und tauchte Wien in ein diesiges Licht.
    Nur vereinzelt waren das Klappern der Hufe, das Ächzen der Karren oder das Weinen von Kindern zu hören.
    Und obwohl die Stadttore offen waren, kamen nur wenige Menschen durch.
    Vor den Toren standen Zelte, in denen Waren und Stoffe in großen Holzbottichen gesammelt wurden, die Leute ohne Gesundheitsausweis einführen wollten. Mehrmals täglich mussten Reinigungsknechte mit bloßen Armen darin herumwühlen und abwarten, ob sie die Krankheit bekamen oder nicht. Sogar Briefe wurden mit Nadeln durchstochen und zur Desinfektion in dreiteilige Räucherkästen gelegt.
    Die Stadtwachen hatten alle Hände voll zu tun, Händler und Handwerker davon zu überzeugen, dass nicht die Pest ausgebrochen war, aber der rege Zustrom in die Stadt war versiegt und hatte eine

Weitere Kostenlose Bücher