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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Aaron Payton
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Tisch lag, war im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf stark abgeändert worden. Oswald hatte mit Adam schon früh über die Anatomie seiner mechanischen Frauen beratschlagt. Damals hatte der Anatom nicht geahnt, dass der Erfolg der mechanischen Kurtisanen letztlich dazu führen würde, dass er selbst nur knapp dem Tode entrann. Im Laboratorium lagerten noch mehrere halbfertige Modelle. Adam hatte die besten Bestandteile der mechanischen Frauen in einer harmonischen Form zusammengefasst.
    Ihm fiel auf, dass er selbst fast auf dieselbe Art gebaut worden war, aus Leichenteilen zusammengenäht. Doch während er ein Stück Flickwerk mit schiefen Proportionen und unschönen Nähten war, war der mechanische Körper, den er für seine große Liebe geschaffen hatte, vollkommen. Das lag vor allem daran, dass Oswald viel Wert auf Einheitlichkeit und Austauschbarkeit der Teile legte. Natürlich entstandene Menschenkörper besaßen hingegen einen verblüffenden Variationsspielraum, sogar im Rahmen der angeblich normalen Physiognomie.
    Die Köpfe von Oswalds Standardmodellen enthielten fast nur Schläuche zum Saugen und für ein sehr rudimentäres Sprechen sowie einige Zahnräder, um die Augen und Gesichtsmuskeln zu bewegen. Wenn er diese etwas anders anordnete, gab es in dem mechanischen Schädel mehr als genug Platz für ein menschliches Gehirn. Es war eine wesentlich größere Herausforderung, das Gehirn so anzuschließen, dass es den mechanischen Körper kontrollieren konnte. Doch in gewisser Weise hatte er auch dieses Problem schon gelöst: Das zarte Spinnennetz aus Draht, das er verwendete, um heißhungrige, fleischfressende Leichen in fügsame Dienerinnen zu verwandeln, ließ sich so umbauen, dass es als Verbindungsteil zwischen Geist und Maschine fungieren konnte. Er verzichtete dieses Mal auf die magnetische Gedankenkontrolle. Diese auferstandene Frau würde ihren eigenen Willen haben.
    Adam hob vorsichtig Margarets Gehirn aus seinem Behälter, trennte die Drähte ab und setzte es in den offenen Schädel der mechanischen Kurtisane auf dem Tisch. Ebenso vorsichtig schloss er die Schläuche an, die dafür sorgen würden, dass sein künstliches Blut im Gehirn zirkulierte und es mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgte. Dann befestigte er das metallene Spinnennetz, das es ihr ermöglichen würde, ihren Körper zu kontrollieren. Die Augen waren besser als menschliche Augen und konnten Spektren sehen, die für gewöhnliche Sterbliche unsichtbar waren, und Gehör und Geruchssinn waren ebenso hoch entwickelt. Leider hatte sie keinerlei Geschmackssinn, doch dieses Problem konnte er in Zukunft noch lösen. Adam und seine Liebste konnten sich nun ihr Leben lang vervollkommnen und einander im wahrsten Sinne des Wortes zu besseren Menschen machen.
    Wenn es ihm möglich gewesen wäre, hätte er Margaret seine eigene Synästhesie gegeben, damit sie die Querverbindungen im Universum der Sinne schmecken konnte. Aber ohne sein eigenes Gehirn zu sezieren, wusste er nicht, wie er diesen Effekt wiederholen konnte. Trotzdem würde ihre Fähigkeit, Magnetfelder und Teile des infraroten und ultravioletten Spektrums zu sehen, es ihr erleichtern, seine eigene ungewöhnliche Wahrnehmung wenigstens ansatzweise zu verstehen.
    In der Liebe war gegenseitiges Verständnis von großer Bedeutung.
    Er liebte sie schließlich, und während er daran arbeitete, ihr lebendes Gehirn in ihren mechanischen Körper einzubinden, erfüllten Friede und Glück sein ganzes Wesen. Seit er Margarets Gehirn zum Leben erweckt hatte, hatte er stundenlang mit ihr gesprochen und festgestellt, dass sie Witz und einen regen, wachen Geist besaß. Die Not und nicht Dummheit oder Charakterschwäche hatte sie dazu gebracht, sich als Prostituierte zu verdingen. Margaret war ihrerseits heilfroh über Adams Gesellschaft und verständlicherweise dankbar für seine Bemühungen, ihr wieder ein normales Leben zu ermöglichen. Oh, er war nicht vollkommen ehrlich zu ihr gewesen, was ihren Zustand oder seine Pläne anging. Doch er hatte ihr gesagt, dass jemand sie angegriffen und schwer verletzt hatte, und dass er einen kühnen Plan hatte, ihr das Augenlicht und ihre anderen verlorenen Sinne wiederzugeben und sie stärker und schöner denn je zu machen.
    Nun war der Zeitpunkt gekommen.
    Er trat einen Schritt zurück, um ihren Körper zu begutachten. Sie trug ein einfaches Leinenhemd, das Adam selbst genäht hatte. (Er konnte ausgezeichnet schneidern, mit Stoff ebenso wie mit Fleisch.) Ihr

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