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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Aaron Payton
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Suche nach einer weiteren Flasche.

Fortschrittliche Freuden und wissenschaftliche Vergnügungen

    I ch bin ein Freund von Mr. Addison.“ Ellie sprach mit tieferer Stimme als sonst, jedoch nicht so tief, dass es lächerlich klang. Sie wusste, dass sie einen recht zierlichen Mann abgab, und eine Bassstimme hätte nicht zu ihrer Statur gepasst.
    Als sie Mr. Addisons Namen nannte, verwandelte sich der Butler, der die Tür des vornehmen Stadthauses geöffnet hatte, vom mürrischen Wächter in einen freundlichen Portier. Ellie wusste, dass es keinen Mr. Addison gab, doch einer ihrer Informanten hatte ihr gesagt, dass der Name das Losungswort der Woche sei. „Nur herein“, sagte der Türhüter. Ellie ging hinein, und er schloss hinter ihr die Tür. „Ich werde der Herrin des Hauses sagen, dass Sie hier sind. Sind Sie bereits bei uns Kunde?“
    „Ähm, nein, ich … Das ist mein erster Besuch.“
    „Natürlich, Sir. Einen Augenblick bitte.“ Er verschwand, und Ellie gestattete sich ein Aufatmen. Wenigstens die erste Hürde war geschafft. Sie hatte den ganzen Nachmittag damit verbracht, sich als Mann auszugeben. Sie hatte sich einen Drink im Pub bestellt, war beim Tabakhändler vorbeigegangen und im Park spazieren gewesen. All das, ohne dass jemand mit dem Finger auf sie gezeigt und „Betrügerin!“ gerufen hatte. Sie sah sich in der Eingangshalle um und probierte im Geiste einige Adjektive aus: elegant, zurückhaltend, spärlich möbliert. Aber es war wirklich eine recht langweilige Eingangshalle, mit etwas zu viel Chintz für ihren Geschmack.
    Der Butler kam zurück und führte sie einen Flur entlang. Sie blickte im Vorbeigehen in eines der Zimmer und sah drei Männer, die an einem kleinen Tisch Karten spielten. Obwohl sie nicht wagte, stehenzubleiben und die Männer genauer zu betrachten, glaubte Ellie in einem von ihnen einen ehemaligen Preisboxer zu erkennen. Er hieß Crippen oder „Crippler“ und war in einen Skandal verwickelt gewesen, weil er absichtlich Wettkämpfe verloren hatte, um korrupte Wettteilnehmer zu bereichern. Der Mann hatte sich aus dem Sport zurückgezogen. Doch man munkelte, dass er noch immer für jemanden arbeitete, der im Verdacht stand, die illegalen Wetten zu organisieren – der Gentleman-Verbrecher Abel Value. Dies musste dann wohl eines von Abel Values Häusern sein. Crippen bemerkte ihren Blick, schenkte ihr ein zahnlückiges Grinsen und zwinkerte ihr zu. Ellie wusste nicht, wie sie auf eine solche Geste angemessen reagieren sollte, und ging deshalb einfach weiter.
    Der Butler führte sie in ein anderes Empfangszimmer, das tatsächlich elegant eingerichtet war. Sie nahm in einem mit Samt bezogenen Sessel Platz, bemüht, wie ein Mann zu sitzen. Gerader Rücken, den Hut auf den Knien. Einen Augenblick später erschien eine Frau in der Tür, und Ellie war erneut angespannt. Die Männer konnte sie täuschen, das wusste sie, doch würde eine andere Frau nicht spüren, dass sie weiblich war?
    Nicht dass diese Frau besonders weiblich gewesen wäre. Ellie hatte eher erwartet, dass die Bordellherrin aufgeputzt wie ein Pfau sein würde, voller Federn und Seidenrüschen. Doch diese Frau hatte ein strenges Abstinenzlergesicht, und ihr schwarzes, konservativ geschnittenes Kleid verriet den Modesinn einer Gouvernante. Sie war vielleicht fünfzehn oder zwanzig Jahre älter als Ellie, und ihre akkuraten Bewegungen und ihr routiniertes Lächeln ließen erahnen, dass sie den Haushalt und die Bücher glänzend zu führen verstand. „Ich bin Mrs. Hadley“, sagte sie stirnrunzelnd, und Ellie stand abrupt auf. Großer Gott, sie war ein Mann und hatte sich zu erheben, wenn eine Frau den Raum betrat!
    „Ich bin, ähm, also …“
    „Wir werden Sie Mr. Smythe nennen, hmm?“, sagte sie. „Der Bequemlichkeit halber.“ Sie ließ sich in einem Sessel nieder und setzte sich dabei recht weit vor, aufmerksam wie ein Jäger, der dem Fuchs auf der Spur ist. Ellie setzte sich ebenfalls hin.
    „Natürlich, ja, Mr. Smythe. Ich bin heute wohl etwas nervös.“ Red nicht so viel, dachte Ellie für sich . Mit jeder Silbe kannst du dich verraten.
    „Ist dies Ihr erster Besuch? Nun, dann müssen wir leider auch die Bezahlung ansprechen. Sind Sie mit unserer Gebührentabelle vertraut?“
    „Nicht im Detail.“
    Sie nannte eine Summe. Ellie hatte gerade gen ügend Geld dabei, um sie zu zahlen. Cooper würde es ihr irgendwann erstatten, doch bis er dazu kam, würde sie sparen müssen.
    „Im Voraus zu zahlen“,

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