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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Aaron Payton
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bedachte, dass sie ihm im Grunde ein Interview abgepresst hatte, war er bemerkenswert höflich gewesen. Wie sehr ihre Einmischung ihn auch verärgert haben mochte, er hatte sie nicht einmal „Mädchen“ genannt oder ihr gesagt, dass Journalismus nichts für Frauen sei. Die ganze Zeit über hatte er sie als ebenbürtige Gegnerin behandelt. Dieser Respekt war so erfrischend, dass er sie fast berauschte.
    Ellie stand auf und rückte ihren Hut zurecht. Die falschen Locken, die sie darunter festgesteckt hatte, sahen fast aus wie ihr echtes Haar, doch sie juckten. Es würde noch Monate dauern, bis ihr Haar wieder nachgewachsen war. Wie auch immer. Sie würde daraus zumindest einen anständigen Artikel machen können, obwohl sie die Notizen, die sie in der Nacht zuvor eilig hingekritzelt hatte, noch ins Reine schreiben musste. Aber es war ihr auch nicht mehr so wichtig, ein paar Anekdoten über das geheime Innenleben der mechanischen Bordelle zu schreiben. Denn jetzt war sie einer richtigen Geschichte auf der Spur.
    Sie dachte einen Moment lang nach und sah dabei den Enten zu. Lord Pembroke untersuchte die Morde am Fluss, und Value half ihm, was vermuten ließ, dass die Morde in irgendeiner Weise Values Interessen oder sein Territorium betrafen. Sie beschloss, im Büro vorbeizuschauen und mit einem bestimmten Reporter zu sprechen, der enge Verbindungen zur Polizei hatte. Vielleicht würde er ihr die richtige Richtung für weitere Nachrforschungen weisen können. Nicht dass Ellie Lord Pembrokes Versprechen, ihr ein Interview zu geben, in Frage stellte, aber auf sein Wort allein konnte sie sich natürlich nicht verlassen.
    * * *
    Pimm stand fröstelnd im Schatten eines schmutzigen Backsteingebäudes, nicht weit entfernt vom stinkenden Bett der Themse. Der Fluss war die Mutter Londons, doch der Fortschritt hatte ihr nicht gut getan. Der gute alte Flussgestank, den Pimm aus seiner Jugend kannte, war scharf und ätzend geworden. Nachts leuchtete das Wasser sogar an manchen Stellen, weil dort sonderbare phosphoreszierende Algen trieben. Unter den Schlammwühlern, die das Strandgut durchstöberten, ging das Gerücht um, dass in der Tiefe seltsame Geschöpfe lebten, die hin und wieder den Bootsleuten die Ruder entrissen oder ein unachtsames Themseweib vom schlammigen Ufer ins Wasser zogen. Miss Skyler hatte doch neulich eine Reportage darüber geschrieben, oder? Pimm nahm sich vor, sie zu lesen, falls Freddy die Zeitung noch nicht weggeworfen hatte. Flussmonster, soso. Doch in dieser Nacht hielt Pimm nach alltäglicheren Gefahren Ausschau.
    Leider konnte er sich nur schwer darauf konzentrieren, die Augen offen zu halten und auf den Mörder zu warten. Stattdessen dachte er an Ellie Skyler. Üblicherweise hasste die Polizei Journalisten, weil sie ständig ihre Nasen in Dinge steckten, die sie nichts angingen. Weil sie außerdem laufende Ermittlungen behinderten, indem sie die öffentliche Aufmerksamkeit darauf lenkten und im Allgemeinen niemals mit den Antworten zufrieden waren, die man ihnen gab. Auch Pimm konnte Journalisten an sich nicht besonders gut leiden, weil seine Familie fast alles zu dulden bereit war, solange es unauffällig geschah. Sie akzeptierten sein exzentrisches Verhalten nur, wenn es mit Diskretion einherging. Doch der zweite Sohn eines Marquis, der sich als Detektiv versuchte, gab genau die Art von Geschichte her, die Reporter liebten. Pimm hatte sich resigniert angewöhnt, nur noch freundlich zu lächeln und die Leistung der Polizei zuzuschreiben, wann immer ihn ein Reporter ansprach. Er war unsicher, ob Miss E. Skye seine Ausweichmanöver hinnehmen würde. Es könnte sein, dass sie sich mit Plattitüden nicht zufrieden gab. Was noch schlimmer war: Er wollte womöglich gar nicht, dass sie das tat. Skyler hatte eindeutig einen lebhaften Geist hinter ihrem lieblichen Gesicht, und selbst wenn sie übermäßig neugierig war, nun, er war es auch. Das konnte er ihr kaum …
    „Da“, murmelte Big Ben. „Der Bursche sieht verdächtig aus, oder?“
    Pimm sah hinüber. Ein Mann in einem langen Überzieher huschte die Straße entlang und hielt sich dabei im Schatten. Er sah sich nervös um, näherte sich einigen Frauen, die in den Hauseingängen lungerten und lockend aus den Gassen riefen, dann zog er sich wieder zurück und eilte weiter. Pimm schüttelte den Kopf. „Nein, er verhält sich zu verdächtig, das würde die Mädchen nervös und wachsam machen. Ihr Kollege Mr. Adams sagte, dass keine der Leichen

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