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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Aaron Payton
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irgendwelche Kampfesspuren aufwies, abgesehen von Würgemalen am Hals bei denen, die erdrosselt wurden. Unser Mann ist selbstsicher und wird mit Sicherheit entspannt und erfahren wirken. Er nähert sich und übernimmt sogleich die Kontrolle, mit einem äthergetränkten Lappen oder indem er sie niederschlägt, bevor sie schreien können. Dann erstickt er sie.“
    „Hört sich nach einem richtig kalten Mistkerl an“, meinte Ben.
    „Kälte ist bei Mördern manchmal schlimmer als Hitze. Heißblütige Mörder töten meist nur einmal, in einem schrecklichen Wutanfall. Nach der Tat verlässt sie die Gewalt, sie ebbt einfach ab. Oft kann die Polizei solche Männer mühelos festnehmen, und manchmal weinen die Mörder sogar bereits über den Schaden, den sie angerichtet haben. Aber die kalten Mörder …“ Pimm schüttelte den Kopf. „Sie könnten jede Gräueltat begehen, die man sich vorstellen kann, ohne später auch nur darüber nachzudenken.“
    „Dann haben Sie vielleicht Recht mit Ihrer Vermutung, dass es jemand aus der Organisation ist. Mr. Value hat ein paar richtig kalte Mistkerle in seinen Diensten.“
    „Zählen Sie sich auch dazu, Ben?“
    „Ich?“ Der große Mann hörte sich überrascht an. „Nein, Sir. Ich bin Opfer der Umstände geworden, und die Verbrechen, die ich begangen habe, geschahen immer aus Wut. Ich war mal ein recht respektabler Bursche, der in einem Herrenhaus diente. Meine Schwester war Hausmädchen. Hübsch war sie, bis der junge Herr sich Freiheiten bei ihr herausnehmen wollte und sie sich wehrte. Er hat ihr mit dem Messer das Gesicht aufgeschlitzt. Danach hatte sie eine schreckliche Narbe und war auf einem Auge blind. Ich war damals gerade fünfzehn, aber schon ziemlich stark, und ich war vernarrt in meine Schwester, das war ich. Als ich sah, was der Sohn des Herrn getan hatte …“ Er zuckte die Achseln. „Ich hab ihn nicht umgebracht. Aber er wird nie wieder richtig laufen können. Keiner konnte beweisen, dass ich es war, dafür hatte ich gesorgt, aber trotzdem wusste es jeder, deshalb musste ich fliehen. Ich kam hierher und seitdem hab ich für ziemlich viele miese Burschen gearbeitet. Mr. Value ist auch nicht schlimmer als die meisten anderen, glaube ich.“
    „Ben, das ist furchtbar, ich …“
    „Ich hätt’s nicht erwähnen sollen“, sagte Ben. „Wir haben noch was zu erledigen, nicht wahr?“
    Also warteten sie. Pimm tat sein Bestes, die Straße im Auge zu behalten, ohne dabei die Frauen zu beachten, die mit Männern in den Gassen verschwanden. Wie jeder andere mochte auch er Frauen gern und hatte schon ein paar Nobelbordelle besucht, obwohl das letzte Mal während seiner Studentenzeit in Oxford gewesen war. Doch er verstand nicht, wie man Vergnügen daran finden konnte, in einer dunklen Gasse zu vögeln. Andererseits schleppte er auch nicht den ganzen Tag lang Kisten oder arbeitete in einer Fabrik. Außerdem hatte er daheim mehr zu erwarten als ein paar stinkende Zimmer voller Kinder, die er kaum kannte, und eine Frau, die sich wahrscheinlich nicht besonders freute, dass er heimkam. Vielleicht war ein Augenblick der reinen, blinden, zuckenden Lust das Beste, was sich solche Männer erhoffen konnten, und anziehend genug, dass sie ihre Angst vor der Krankheit überwanden. Es hatte in den letzten Jahren nur ein paar Hundert bestätigter Fälle gegeben, obwohl es sicherlich noch viele mehr gab, die den Ärzten nie gemeldet worden waren.
    Die Frauen hatten bestimmt nicht viel Freude an dieser Arbeit in dunklen Gassen. Er hatte gehört, dass einige Mädchen in diesem Geschäft die Arbeit wirklich gern ausübten oder sie zumindest weniger unangenehm fanden als andere Berufe. Aber er konnte sich nicht vorstellen, dass irgendetwas anderes als die pure Verzweiflung eine Frau dazu bewegen konnte, in dieser scheußlichen Gegend für Abel Value zu arbeiten.
    Ein schriller Pfiff ertönte dreimal, und Ben und Pimm rannten gemeinsam in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Zweimal kurz und einmal lang, das war das vereinbarte Signal, wenn der Mörder auf frischer Tat ertappt worden war. Die zusammengedrängten Kneipen und Lagerhäuser warfen die Töne zurück, sodass es verflucht schwierig war, ihre Herkunft zu bestimmen. Doch Ben schien genau zu wissen, wohin sie sich wenden mussten, deshalb folgte Pimm ihm auf den Fersen. Vielleicht war es auch ein falscher Alarm, Values Männer waren zur Zeit sehr angespannt. Aber falls nicht, hoffte Pimm von Herzen, dass er Value davon

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