Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Kehle zu, während sie hilflos gegen seine Brust und sein Gesicht schlug. Endlich erschlaffte sie. Er drückte weiter zu, denn Bewusstlosigkeit trat wesentlich früher ein als der Tod. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Frau tot war, warf er sich ihre Leiche über die Schulter und schleppte sich wieder den Hügel hoch. Eine Schande. Er hatte gehofft, den Weg nach Hause ohne eine Last zurücklegen zu können. Natürlich konnte er sie auch in den Fluss werfen, aber warum hätte er eine einwandfreie Leiche verschwenden sollen? Vielleicht konnte sie eine von Abel Values seelenlosen Huren werden. Falls das nicht gelang, konnte sie sich auch Adams Ehrengarde anschließen oder ihr notfalls als Nahrung dienen. Mittlerweile hatte er mehr als ein Dutzend wilder, wiederbelebter Frauen, jede ein fehlgeschlagenes Experiment, soweit Value wusste. Adam rechnete nicht damit, jemals ihre gewalttätigen Dienste zu benötigen, aber wenn man mit jemand so betrügerischem wie Value zu tun hatte, war es gut, sich schützen zu können. Warum sollte nur Value Leibwächter haben? Die Ehrengarde war jedoch gefräßig, und er musste dafür sorgen, dass sie regelmäßig gefüttert wurde. Wenn nicht, dann würden nicht einmal die magnetischen Geräte, die er ihnen ins Gehirn gesetzt hatte, um ihre Bewegungen zu kontrollieren, ihre natürlichen Triebe zügeln können. Anders als die untoten Huren, die er Value lieferte, hatte er sie nicht komplett gefügig gemacht.
Seine Ehrengarde brauchte Fleisch, und ganz gleich welches, sie würde es fressen.
Eine Leiche als Beweis
D a ist sie ja.“ Whistler beleuchtete mit seiner alchemistischen Fackel die Leiche, die seine Leute am Flussufer gefunden hatten. „Genau dort, wo Worth sagte, und in genau dem Zustand, den er uns beschrieben hat.“ Er schüttelte den Kopf. „Warum macht sich jemand die Mühe, einer Frau das Gehirn herauszunehmen? Nur um es in den Fluss zu werfen?“
„Wer kann schon das Verhalten solcher Männer nachvollziehen?“, sagte Pimm. „Soviel ich weiß, wurde seine Frau durch Morbus Konstantin verwandelt und verschwand kurz darauf. Vermutlich hat Worth sich bei einer von seinen Huren angesteckt und die Krankheit dann nach Hause zu seiner Frau gebracht. Vielleicht hegt er deshalb auf verdrehte Art und Weise einen Groll gegen solche Frauen.“
„Motive interessieren mich“, gab Whistler zu. „Was Sie sagen, ergibt einigermaßen Sinn. Trotzdem verstehe ich das mit dem Gehirn noch immer nicht. Worth sagte, es sei einfach nur ein seltsamer Impuls gewesen, eine Laune, aber Himmel noch mal, was für ein Aufwand. Wie viele Werkzeuge benötigt man, um einen Schädel aufzuschneiden und …“
„Es ist ein Rätsel.“
Als Pimm Adams gebeten hatte, die Leiche an dieser Stelle abzulegen, damit es so aussah, als hätte Worth sie hier entsorgt, hatte der riesige Wissenschaftler gezögert und gesagt: „Ich werde tun, worum Sie mich bitten, solange Sie mir gestatten, das Gehirn zu behalten. Ich freue mich, wenn ich jemanden habe, mit dem ich sprechen kann. Es ist meist sehr einsam hier.“
Pimm hatte eingewilligt, schließlich hatte er kaum eine Wahl. Der zerstörte Schädel würde in jedem Fall bemerkt werden, selbst wenn das Gehirn zurück in die Schädelhöhle geschoben wurde. Worth hatte angewidert reagiert, als Pimm ihm nahegelegt hatte, der Polizei zu sagen, dass er den Körper verstümmelt habe. „Ich habe ihnen kein Haar gekrümmt!“, hatte er eingewandt, „Souvenirs habe ich mir auch keine mitgenommen!“ Pimm hatte sich entschuldigt, aber trotzdem darauf bestanden und ihm gesagt, dass die Polizei sein Geständnis nur so glauben würde. Es war die seltsamste Entschuldigung, die er jemals geäußert hatte.
„Worth sagt, er habe Informationen über Abel Value“, sagte Whistler. „Doch ich verhandle ungern mit jemandem, der solche Taten begeht.“
„Es ist ein schreckliches Verbrechen“, stimmte Pimm ihm zu. „Worth ist folglich ein schrecklicher Verbrecher. Aber Values Verbrechen gehören noch einmal in eine ganz andere Kategorie. Worth begeht aus persönlichen Gründen schreckliche Taten, wegen einer Geisteskrankheit. Aber Value organisiert seine schrecklichen Taten auf kühle, unpersönliche Art und ist dabei im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte.“
„Das ist wahr“, stimmte Whistler zu. „Im Moment will noch keiner Worths Kopf haben, da über die Morde nicht öffentlich berichtet worden ist. Sie wurden ja nicht einmal bemerkt. Wenn er
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