Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)
vor das Emblem des Bildschirmschoners. Leider erkannte Kai jetzt auch, woraus das Emblem bestand. Es waren eine Maschinenpistole und ein Hammer, die sich in einem Adventskranz kreuzten.
Kai beugte sich ein wenig nach vorne, um besser sehen zu können. Der Hammer war ein Vorschlaghammer, man konnte das aus dem langen Stiel ableiten, und das, was Kai im ersten Moment für einen Adventskranz gehalten hatte, entpuppte sich als eine Art Erntedankgebinde, ein Ring, geflochten aus Weizenähren. Diese Art Emblem hatte Kai schon tausendmal gesehen, und weil sie sich alle zum Verwechseln ähnlich sahen, konnte er sie nie auseinanderhalten. Ein mulmiges Gefühl bekam er trotzdem immer, wenn er dergleichen sah, und vor allem, wenn er ahnte, wie in diesem Fall, dass das Emblem nicht zwingend ironisch gemeint war.
»Schick, nich?« Bruno hatte sich zu ihm rübergebeugt und betrachtete nun auch den emblematischen Bildschirmschoner.
»Nicht ganz mein Geschmack«, sagte van Harm.
»So is eben die Zeit«, sagte Bruno, »reicht heute eben nich mehr, wennde ein guter Mann bist. Schicket Logo brauchste ooch noch. Und möglichst noch ’nen markigen Spruch: Mit dem Hammer, beenden wir den Jammer! Kennste? Nee, kennste nich als oller Wessi, wa? Da stehn die Kunden druff, sagt Robert. Is seine Firma. Sojar lizensiert.«
»Und was ist das für eine Firma?«
»Wie schon jesagt: Sicherheitsbrangsche. Im weitesten Sinne.«
»Aha«, sagte Kai. Er bemerkte plötzlich, dass sich auch auf dem anderen Monitor etwas bewegte. Ein Kopf schob sich ins monochrome Standbild. Und dann eine Schulter, ziemlich kräftig, und ein muskulöser Oberarm, über dem der Stoff des Hemdes spannte. Ein Hemd, das drei Streifen hatte. Ein Hemd, das Addi gehörte, der aus dem Keller zurückkam. Jetzt trat auch Puh ins Bild, mit dem Raubtier auf der linken Brust. Wahrscheinlich hatte Bruno recht in Bezug auf die Embleme und die dummen Sprüche. Addi jedenfalls zog sein Dietrichbund aus der Hosentasche, dann ruckte er kurz an der Tür, und unmittelbar darauf konnte Kai hören, wie die beiden in die Diele traten. Auf dem Bildschirm dagegen sah er, wie sich seine Wohnungstür von außen schloss. Dann war wieder das monochrome Standbild zu sehen.
Jetzt, da er wusste, was er sah, erkannte van Harm, dass der weite Winkel der Kamera auch die Tür von Peggys Wohnung zur Linken sowie die von Sophia, einer netten, jungen Biologiestudentin und Kais Nachbarin zur Rechten, erfasste.
»Sicher ist sicher, wa?«, sagte Bruno, der zufrieden die Reaktion seines Freundes beobachtet hatte.
»Ich habe gar keine Kamera gesehen vorhin.«
»Is in deinem Türstock drin, paar Millimeter Durchmesser. Sieht man nur, wenn man’s weiß.«
Kai war nun tatsächlich ein bisschen erleichtert. Zum ersten Mal seit gestern Abend. Erleichtert darüber, dass der ganze Budenzauber, den Bruno entfachte, ein erstes Resultat zeitigte, und wenn es nur die Videoüberwachung ihrer Etage war. Bis eben noch hatte er den Verdacht gehabt, dass Bruno die Sache einerseits übertrieb und andererseits zu wenig ernst nahm, einerseits ein paramilitärisches Spezialkommando in seiner Wohnung einquartierte, dessen Tätigkeit sich andererseits im Kaffeekochen und Bodenaufwischen erschöpfte. Dass sie auch anders konnten, hatten sie fürs Erste mit der Installation der Überwachungskamera bewiesen. Dennoch hätte Kai am liebsten die Polizei gerufen und ihr den ganzen Kladderadatsch übergeben. Das allerdings kam ihm nach Brunos gestrigem Auftritt bei Constanze schier unmöglich vor.
Als hätte Bruno Kais Gedanken gelesen, sagte er: »Bei deine Jattin schaun wa heute Abend ooch noch vorbei. Wenns schön dunkel is. Zwei Kameras. Eene vor die Haustür, die andre uffs Jeäst jerichtet, wo höchstwahrscheinlich der Kerl mit dem Stein jestern jesessen hat. Und später unsre liebe Peggy.«
»Danke Bruno, das beruhigt mich«, sagte Kai.
»Nur zur Sicherheit. Wozu ham wa denn dit janze Jelumpe mitjebracht?« Er zeigte zu den Munitionskisten unterm Etagenbett oder was immer das für Kisten waren.
»Danke«, wiederholte Kai.
»Wir sind in null Komma nichts drüben, sollte sich wat regen.«
»Ich weiß das zu schätzen.«
»Dauert keene fünf Minuten.«
»Vielen Dank!«
»Nüscht zu danken!«
Frau und Mann
»Soll ich einen Glaser bestellen?« Kai hatte sich ins Wohnzimmer zurückgezogen, um in Ruhe mit seiner Noch-Gattin telefonieren zu können.
»Heute ist Sonntag, Kai«, sagte Constanze.
»Es gibt doch bestimmt
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