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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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Kot!
    Bruno stellte die Flasche ab, dann näherte er sich auf Zehenspitzen der Sauerei. Trat ganz langsam an die Bettkante des Fußteils heran, bis seine Schienbeine den flachen Bettrahmen berührten, und ließ sich dann sehr vorsichtig mit den Knien auf die Matratze nieder, als könne der Lattenrost unter seinem Gewicht zusammenbrechen. So, auf der Matratze kniend, entzifferte er die braunen, verlaufenen Buchstaben, ohne freilich ihren Sinn zu erfassen, denn abermals hatte der Schmierfink die englische Sprache benutzt, um sich auszudrücken. Um zu drohen, um ihnen Angst einzujagen, was auch immer, und wahrscheinlich handelte es sich bei den Worten abermals um ein Elvis-Zitat. Aber das konnte Bruno nur mutmaßen:
    DON’T MESS WITH THE KING!
    King, das hieß König, so viel wusste Bruno immerhin. Und so wie man Michael Jackson den König des Pop nannte, was Bruno mal auf der bunten Seite der Märkischen Oderzeitung gelesen hatte, so wurde Elvis Presley der König des Rock’n’Roll genannt.
    Jetzt fiel Bruno eine weitere Sonderbarkeit auf. Der Kothaufen auf seinen Kleidern – er stank nicht. Bruno schnupperte, ging näher an die Wurst heran. Das braune Etwas roch allenfalls nach Lösungsmittel.
    Bruno erhob sich von seinen Knien. Das auf dem Paneel, das auf seinen Sachen waren keine Fäkalien. Das war Farbe, billige, vermutlich, lösungsmittelhaltige Ölfarbe. Er beugte sich über sein Feiertagsjackett, auf dessen Aufschlag dieses braune Knäuel von Nacktschnecke saß. Und er musste jetzt tatsächlich grinsen, weil er sah, dass es sich lediglich um eine Farbwurst handelte. Direkt aus der Tube gedrückt, aus einer Tube mit einer recht breiten Tubenöffnung ganz offensichtlich. Aber was sagte das jetzt über denjenigen aus, der diese Schmiererei angerichtet hatte? Dass er Maler war? Dass er an der Kunstakademie lehrte? Dass er im Einzelhandel Farbtuben kaufen konnte? Dass er einen Künstlerbedarf führte? Oder einen Heimwerkerladen? Dass er bei OBI arbeitete? Oder dass er mit jemandem befreundet war, der bei OBI …?
    Blödsinn, ermahnte sich Bruno selbst, sei nicht albern!
    Im Augenblick war er vor allem eines: erleichtert. Erleichtert, dass die vermeintlichen Fäkalien sich als Farbe herausgestellt hatten. Das schwächte die Aussage der Drohung ab. Es war nur ein Als-ob. Wie am Samstag bei Kai. Bei Kai hatte es ausgesehen, als ob Blut an die Wand geschmiert worden wäre, hier sah die braune Farbe aus wie Kot. Das machte die Drohung, die hinter einer solchen Aktion stand, zwar nicht gegenstandslos, aber es nahm ihr etwas von der aggressiven Unmittelbarkeit. Wenigstens hatten sie es ganz offensichtlich nicht mit einem manischen Triebtäter zu tun.
    »Frau Kunze?« Bruno, am Schreibtisch sitzend, ein zweites Bier in der Hand, hatte die Nummer der Rezeption gewählt, und nach dem sechsten Klingeln war auch endlich jemand rangegangen.
    Vorher allerdings hatte er aus dem besudelten Klamottenhaufen eines der kurzärmligen, grobgewürfelten Hemden herausgezogen, das noch am wenigsten verdreckt war und nur eine kleine Farbschliere am linken Kragen aufwies. Er hatte es übergezogen, doch der prüfende Blick in den Spiegel konnte ihn nicht zufriedenstellen. Es sah trotzdem aus, als hätte er sich mit Kacke beschmiert. Also blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als mit Kai noch einmal in die rosa Hölle am Alexanderplatz zu fahren.
    »Ja?« Frau Kunzes Stimme klang matt.
    »Zabel hier, Zimmer 1015. Hab ich Sie geweckt?«
    »Wie kommen Sie denn da drauf, Herr Zabel?« Jetzt klang sie plötzlich hellwach. Bruno stellte sich einen dicken Striemen auf ihrer Wange vor.
    »War nur ’n Scherz«, sagte Bruno. »Eine Frage: Wurde mein Zimmer heut Morgen sauber jemacht.«
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Allet bestens, meine Liebe«, sagt Bruno, »ick frage aus purer Neugier. Ick hab nämlich mit mir selbst jewettet. So sind wa manchmal eben, wir alten Zausel, wa?«
    »Warten Sie«, sagte Frau Kunze. Bruno hörte, wie sie mit den Fingern auf einer Computer-Tastatur herumklapperte. »Doch, Ihr Zimmer wurde ganz regulär gereinigt. Haben Sie die Wette gegen sich gewonnen.«
    »Nee, verloren«, sagte Bruno, »aber darf ick Sie noch wat fragen?«
    »Nur zu!«
    »Jibs dort unten im Foyer Überwachungskameras?«
    »Keine Ahnung«, sagte Frau Kunze«, ich bin hier auch nur zur Aushilfe. Eigentlich studiere ich.«
    »Kunst?«
    »Woher wissen Sie …?«
    »Pure Intuition«, fiel Bruno ihr ins Wort. »Und? Jibs welche?«
    »Ich glaube ja«, sagte

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