Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)
noch!«
»Den wünsche ick Ihnen auch«, sagte Bruno sinnloserweise, während er seine letzte Notiz beendete: junggebliebener Schönling (mit Geld).
Einmal feucht durchwischen
»Was für ein Massaker«, sagte Robert, der mit seinem leichten Bauch- und Glatzenansatz vermutlich viel eher einem Handwerker glich als das Phantom im schwarzen Einteiler. Das war eine halbe Stunde, nachdem Bruno das Gespräch mit Frau Kunze von der Rezeption beendet hatte. Unmittelbar danach hatte Bruno seinen Mitarbeiter angerufen, um ihn zu einem Soforteinsatz ins Erlebnishotel Sterelle zu beordern.
(Im vormaligen Leben übrigens, das Bruno unter Freunden, die ihm sehr nahestanden – bedeutend näher als zum Beispiel Kai van Harm –, als das richtige Leben bezeichnete, waren Robert, Rocco und Ronny Jungoffiziere jener NVA -Hubschrauberstaffel gewesen, die Major Zabel mit fester Hand, aber durchaus auch mit väterlicher Nachsicht kommandiert hatte. Aber das nur am Rande.)
»Kannste da wat machen?« Bruno wies auf den Kleiderturm und die besudelte Wand.«
»Denke schon«, sagte Robert. Sein Adidas-Shirt war unter den Achseln dunkel vom Schweiß verfärbt.
»Es muss nur so gut aussehen, dass die Putzfrau morgen früh nüscht merkt. Wie de das hinkriegst, is mir wurst. Das Wichtigste ist, die Putzfrau darf nüscht merken. Die Putzfrau wiederum beseitigt dann deine Spuren, wenn se jut is, weswegen das Zimmer ruhig benutzt aussehen sollte morgen früh. Zerwühlte Betten, Handtücher uffm Boden und so weiter. Du kriegst dit schon hin.«
»Alles klar, Bruno«, sagte Robert. Er hatte einen Werkzeugkoffer mitgebracht, auf den die Beschreibung von Frau Kunze auch ganz gut gepasst hätte, schwarz, Leder, voluminös.
»Hat dich die Kleene von der Rezeption gesehen?«, fragte Bruno.
»Denke nicht«, sagte Robert. »Da kam gerade ’ne Wagenladung Rentner an, die zur Volksmusik wollten.«
»Pass ein bisschen uff, dass du nich jesehen wirst. Die Kleene is jetzt misstrauisch, wat hauptsächlich meine Schuld is.«
»Verstanden«, sagte Robert, ohne sich nach der Art von Brunos Schuld zu erkundigen.
»Und wenn de Hilfe brauchst, rufste noch einen von den andern, wa?«
»Jawoll, Chef.«
»Und vielleicht kann man ja noch ein paar von meine Sachen retten.« Bruno zeigte auf seine Klamotten.
»Ich tue mein Bestes.«
»Und vorher natürlich allet uff Foto dokumentieren«, sagte Bruno.
»Selbstverständlich«, sagte Robert, »ich bin doch kein Anfänger.«
Nur mit einer Plastiktüte in der Hand verließ Bruno das Hotelzimmer wieder. Die Tüte enthielt seine Gelenktasche, die ziemlich viel von der braunen Farbe abbekommen hatte (Geld und Papiere hatte der Täter unangetastet gelassen), sein Waschzeug (das der Farb-Attentäter wohl vergessen hatte, aus dem Bad zu holen und in den Klamottenstapel einzubauen) sowie sein altes Handy (dessen Guthabenkarte wie stets bis zum Anschlag aufgeladen war). Das Laptop, das Fernglas und einigen anderen technischen Schnickschnack würde Robert oder einer der anderen später in Kai van Harms Wohnung schaffen, denn Bruno hatte nun doch beschlossen, die Sicherheit des Kollektivs dem Komfort des Hotellebens vorzuziehen. Er hätte es nie zugegeben, aber seine Angst vor dem unbekannten Gegner wuchs, langsam, aber stetig. Wie es so schön hieß: Sie nagte an ihm.
Und wenn es ihm selbst schon so erging, mochte Bruno sich gar nicht vorstellen, wie es in seinem Freund Kai van Harm aussah. Der hatte nicht mal gedient und war obendrein noch Pazifist. Bruno wusste, dass Kai am liebsten die Polizei eingeschaltet hätte, spätestens nach der Steinattacke auf Constanze und seine Kinder. Und er wusste, dass Kai es nur ihm zuliebe unterließ. Nicht weil er ihm vertraute, sondern weil er dachte, ihm einen Gefallen damit zu tun.
Bruno zweifelte unterdessen selbst, ob es nicht besser war, die Angelegenheit der Polizei zu übergeben. Doch wie hätte er das wiederum Rocco, Ronny und vor allem Robert erklären sollen. Die alles stehen und liegen gelassen hatten, um ihrem ehemaligen Vorgesetzten beizuspringen. Die ja gerade gekommen waren, damit die Polizei außen vor bleiben konnte, so wie es Bruno ausdrücklich gewünscht hatte?
Die Sache wird komplizierter, dachte Bruno, während der Fahrstuhl mit einem sanften Pling im Foyer ankam. Es herrschte noch immer ein gewaltiger Trubel. Die Empfangshalle schien geradezu von Senioren geflutet zu sein, die alle gekommen waren, um Carmen Nebel zu erleben, ohne das Kleingedruckte gelesen zu
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