Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Frau Kunze, »da hängt so ein komisches rundes Ding an der Decke. Direkt hier über dem Empfangstresen. Und dahinten über der Sitzecke ist noch so eins.«
    »Und dit sind keine Feuermelder?«
    »Nein.«
    »Und woran sehen Sie dis?«
    »Weil die Feuermelder direkt daneben hängen. Die Dinger, die ich meine, sehen aus wie verspiegelt.«
    »Bingo«, sagte Bruno. Er machte eine kleine Pause und fragte dann mit der einschmeichelndsten Stimme, die er besaß und die ungefähr so klang, als hätte er ein Pfund Kreide verschlungen: »Sagen Sie, es wäre nicht ganz eventuell möglich, dass Sie für mich einmal einen Blick …?«
    Aber Frau Kunze ließ ihn nicht einmal ausreden und sagte stattdessen streng: »Ich bin hier nur zur Aushilfe.«
    »Ausnahmsweise?« Noch zwei weitere Esslöffel Kreide obendrauf. Schlemmkreide.
    »Wissen Sie eigentlich, wie viel ich hier verdiene? Außerdem habe ich keinen blassen Schimmer, ob es überhaupt Aufzeichnungen gibt, und wenn ja, wo sich die befinden. Und außerdem, warum sollte ich Ihnen einen Gefallen tun? Sie sind weder von der Polizei, noch haben Sie mir einen Geldbetrag angeboten, mit dem Sie meine Loyalität kaufen könnten. Und glauben Sie mir, wenn der Betrag hoch genug wäre …«
    »Tu mir leid, mit Jeld kann ick nich dienen«, kürzte Bruno die Sache ab, »so jerne icks für Sie täte.«
    »Hab ich mir schon gedacht«, sagte Frau Kunze und lachte plötzlich. Jedenfalls klang sie mit einem Mal heiter. »Wenn Ihnen was an den Bildern der Überwachungskameras liegt, dann müssen Sie sich schon an die Geschäftsleitung wenden. Wofür brauchen Sie die eigentlich?«
    »Na dieser Kerl, der mich am Freitag umgerannt hat …«
    »Apropos«, sagte Frau Kunze.
    »Für die Versicherung«, schob Bruno noch schnell eine Begründung nach – nur sicherheitshalber, falls sich mal jemand bei Frau Kunze nach Bruno erkundigen sollte –, bevor Frau Kunze nun ihrerseits zum Besten gab, was ihr vorhin noch eingefallen war, vermutlich kurz bevor sie ins Reich der Kurzschlafträume abgedriftet war: »Diese schwarze Montur, die Sie vorhin erwähnt haben.«
    »So ’ne Art Overall«, präzisierte Bruno.
    »Genau. Diese Overalls sind mir nicht ganz unbekannt. Einige meiner Kommilitonen tragen so was im Atelier. Das sieht gleich zwei Nummern professioneller aus. Und genau an diesem Freitag, als Sie, Herr Zabel, gestürzt sind, habe ich ein paar Stunden vorher jemanden in so einem schwarzen Overall gesehen.«
    »Mit ’ner Elvis-Maske?« Bruno merkte, wie sein Herz um ein paar Takte beschleunigte.
    »Nein, ohne natürlich«, sagte Frau Kunze. »Und zwar den ganzen Tag über. Immer mal wieder. Auch schon lange bevor die Darsteller unserer Abendveranstaltung da waren. Ich habe den Mann für einen Handwerker gehalten. Davon laufen ja viele hier herum. Sie können sich denken, dass in einem Haus wie unserem ständig was zu reparieren ist.«
    »Kann ick«, bestätigte Bruno.
    »Er hat mir auch ein paarmal zugenickt. So grüßend. Und eine Handwerkertasche hatte er schließlich auch dabei.«
    »Eine Handwerkertasche?«, fragte Bruno, und er versuchte sich zu erinnern, ob der Mann mit der Kautschuk-Maske eine Handwerkertasche mit sich geführt hatte. Für einen Augenblick, noch im Fallen sozusagen, hatte Bruno ihn ja gesehen. Aber er konnte sich jetzt beim besten Willen nicht an eine Tasche erinnern. Er war ja völlig perplex gewesen von dem Stoß, den der Mann ihm versetzt hatte, und danach hatte er vor allem diese leichenstarre, tote Elvis-Maske angestarrt, die eine Sekunde zu lange auf ihn heruntergeblickt hatte. Vielleicht aber – und auch das war realistischerweise als Möglichkeit nicht auszuschließen – handelte es sich bei dem Mann im schwarzen Overall, der Frau Kunze aufgefallen war, tatsächlich nur um einen x-beliebigen Handwerker.
    »So einen wuchtigen Koffer eher«, präzisierte Frau Kunze ihre Angaben, »so aus derbem Leder. Ein Werkzeugkoffer.«
    »Ick weiß, wat Sie meinen.«
    »Das wäre ja an sich noch nichts Besonderes«, sagte Frau Kunze, »und in der Regel sehe ich solche Handwerker und habe sie im nächsten Moment auch schon wieder vergessen. Aber das Exemplar hier nicht. An den hab ich mich wieder erinnert, weil bei dem etwas nicht stimmte.«
    »Inwiefern jetze?« Bruno rutschte vor lauter Aufregung auf dem Schreibtischstuhl hin und her. Hätte er noch eine seiner alten Synthetikhosen getragen, wäre er jetzt elektrisch geladen gewesen.
    »Da waren so Details«, sagte Frau Kunze, »die