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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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Jahr wusste, dass Peter Tschernig nicht nur der Johnny Cash des Ostens genannt wurde, sondern vor allem Brunos Lieblingssänger war, ging gar nicht auf diesen Einwurf ein, sondern fuhr einfach fort aufzuzählen, was ihn außerdem noch so störte. Zum weiteren Beispiel, dass die Pfeilschlitze der Hemdbrusttaschen aus orangefarbenem Kunstleder waren und, als wäre das nicht grausam genug, der Farbton des Kunstleders leider nicht der gleiche war wie jener von Kragen und Manschetten. Dass sich über der linken Brust bis hin zum linken Schulterblatt ein aufgedrucktes, verkleckertes Ornament in dunklem Blau zog, halb Fischgräte, halb Lorbeerkranz.
    »Aber am allerschlimmsten …«
    »Ja?« Bruno ließ davon ab, die Stellen an seinem Körper beziehungsweise an seinem Hemd zu fixieren, die ihm gerade beschrieben worden waren, und sah Kai nun erwartungsvoll an.
    »Am allerschlimmsten ist der Aufdruck, der sich von der rechten Brust bis hinter auf das rechte Schulterblatt zieht.«
    »Der rote?«
    »Ich würde sagen, der hellviolette.«
    »Wat is denn mit dem?«
    »Hast du den mal gelesen?«
    »Ick kann doch kein Englisch.«
    »Das ist auch kein Englisch.«
    »Na, wat steht denn da nu?«
    »Soll ich es mal buchstabieren?«
    »Wenn’s nich anders jeht.«
    »Kah, Eh, Emm«, begann Kai extra langsam für Bruno zu buchstabieren. »Peh. Neues Wort: Deh, Eh, Emm, nein Halt, das letzte Emm zurück«, korrigierte sich Kai.
    »Mann, Mann, Mann«, sagte Bruno, und an seinen weich werdenden Gesichtszügen konnte man erkennen, dass er aufgehört hatte, sich zu konzentrieren.
    »Also statt des letzten Emms ein Vau, dann noch ein Ih, nochmal ein Eh und zum Schluss ein Deh.«
    »Und nu?«
    »Sag du mir’s!«
    »Ick hab kein’ blassen«, sagte Bruno.
    » KEMP DEVIED .« Kai sprach die Worte betont unamerikanisch aus.
    »Ja, na und?« Bruno verstand nicht, wo das Problem lag.
    »Was soll denn das sein?«
    »Wat weeß denn icke? Irgendwat in Amerika.«
    »Ich nehme an, du meinst Camp David. Eine Art Feriendomizil der US -Präsidenten. Aber das wird mit Ceh geschrieben und mit Ah. Dein Camp David hier ist vollkommen falsch geschrieben.«
    »Ick weiß«, sagte Bruno zu Kais Überraschung, »dit hat Robert ooch jesagt. Aber Ronny hat jesagt, wennit falsch jeschrieben is, kostets nur ein Drittel von dem, wat it kostet, wennit richtich jeschreiben is. Wat soll ick denn achtzig Euro bloß für die Rechtschreibung ausjeben! Bin ick Krösus? Hemd is schließlich Hemd.« Damit schien für ihn das Thema erledigt zu sein.
    Wieder schwiegen sie eine Minute, Bruno um seinen mächtigen Durst zu löschen, Kai, weil ihn Brunos Ignoranz kränkte.
    »Und, wat hast du so jemacht den ganzen Tag«, nahm Bruno schließlich das Gespräch wieder auf.
    Kai überlegt kurz, Bruno von Jens-Uwe Palmer zu erzählen und von der Rezension, die er vor drei Jahren zu dessen Kriminalroman Schraubstock geschrieben hatte. Und dass es komisch war, nun auf derselben Seite wie der vormals in Grund und Boden Verrissene zu stehen, im selben Stall quasi, dem Buttermann-Verlag. Aber da er langsam müde wurde vom Gin Tonic und ahnte, dass es unendliche Mühe kosten könnte, dem auch schon leicht angeschickerten Bruno klarzumachen, worum es ihm dabei ging – die Ambivalenz –, falls er ihm denn überhaupt irgendetwas klarmachen konnte, sagte er der Einfachheit halber nur: »Ich habe gelesen.«
    »Igitt«, sagte Bruno und fischte mit langen Fingern Wetzstein vom Küchentisch, wo es noch von heute Mittag neben Abgestochen gelegen hatte. Er betrachtete mit gerümpfter Nase das Coverbild: »Dit is doch nicht etwa ein menschlicher …?«
    »Doch, genau das ist es.«
    »Apropos Krimi«, sagte Bruno und wedelte mit Wetzstein in der Luft, »jibs wat Neuet in unsam Fall?«
    »Bei mir nicht«, sagte Kai.
    »Bei mir ooch nich«, sagte Bruno. »Denn würde ick vorschlagen, wir legen uns aufs Ohr. Morgen wird ein harter Tach.«
    »Wieso«, fragte Kai, »hast du was vor?«
    »Nöh, dit hab ick im Urin.«
    Das musste als Gute-Nacht-Gruß für diesen Abend reichen.

Noch ein Tag
    Mittwoch, dachte Kai van Harm sogleich nach dem Aufwachen um kurz nach neun. Heute war Mittwoch. Noch ein Tag, dann war der Spuk vorbei. Kai blinzelte zuversichtlich in die Morgensonne, die ihn seit nunmehr fünf Tagen auf seiner improvisierten Schlafstatt begrüßte. Ein Tag noch, dann fuhr Bruno endlich zurück nach Altwassmuth, überlegte Kai weiter. Dann verschwanden Addi, Puh und Naik wieder aus seinem Leben und nahmen

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