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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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aufgemacht.«
    »Grundgütiger!«

Brief des Bösen
    Bruno war extra aufgestanden und hatte Kai seinen Platz angeboten, nachdem Kai den Brief aus dem Wohnzimmer geholt hatte. Während van Harm umständlich den Klebefalz des Umschlags aufpulte, stand er hinter dem Bürostuhl, direkt neben der zappelig gewordenen Peggy, und konnte seine Aufregung mindestens ebenso wenig verbergen wie sie.
    »Habt ihr die Marke gesehen?«, hauchte Bruno fast stimmlos, und Kai drehte pflichtschuldig den Umschlag um.
    »Sieht doch janz normal aus«, flüsterte Peggy zurück.
    »Nich abjestempelt«, hauchte Bruno.
    »Ick kriege manchmal ooch Briefe, da sind die Marken nich abjestempelt«, flüsterte Peggy. »Dann nehm ick immer ’ne Tasse mit lauwarmem Fitwasser und weich se wieder ab. Dann lass ick se trocknen und dann …«
    »Ja, ja«, unterbrach sie Bruno, »ick weiß selba wie dit jeht. Ick hab früher als Steppke auch mal Briefmarken jesammelt.« Und unvermittelt an van Harm gewandt: »Mensch, mir schlafen gleich die Füße ein bei deim Tempo.«
    »Der Umschlag kommt mir sehr leicht vor«, sagte Kai van Harm, um die Ungeduld von Peggy und Bruno ein wenig zu besänftigen. Denn Kai versuchte tatsächlich, den Klebefalz aufzubekommen, ohne dass er einriss. Er hatte die vage Idee, dass dies der Polizei eventuell von Nutzen sein könnte, wenn er ihr den Fall (alias den Schlamassel) übergab. Spätestens, wenn Bruno abgereist war. Also morgen. Oder übermorgen. Vielleicht aber auch erst überübermorgen. Dass er es tun würde, stand allerdings für ihn schon so gut wie fest. Das Video hatte ihm einen ordentlichen Schreck eingejagt, und wenn jetzt, wie Bruno mutmaßte, auch noch der Umschlag etwas enthielt, das nicht ganz koscher war, dann …
    »Na endlich«, stieß Bruno gepresst hervor, als Kai den Klebefalz schließlich gelöst hatte und von oben vorsichtig in den nunmehr offenen Umschlag spähte.
    »Und?«, hauchte Bruno auf ein Neues und versuchte über Kais Schulter hinweg einen Blick ins Umschlaginnere zu erhaschen.
    »Ein Foto, würde ich sagen«, sagte Kai.
    »Jetzt hol es schon raus, Herr van Harm«, flüsterte Peggy gereizt, weswegen Kai darauf verzichtete, nach Handschuhen zu fragen wegen möglicher Fingerabdrücke, die der Spurensicherung morgen oder übermorgen oder auch überübermorgen nützlich sein könnten. Mit langen Fingern und es nur ganz behutsam am Rand berührend, zog er das Foto heraus. Es war ein glänzender Abzug im A4-Format. Mehr enthielt der Umschlag nicht, womit auch ziemlich klar war, dass der Brief tatsächlich nicht vom Verlag stammte. So ganz ohne Anschreiben, ohne Anrede, ohne Gruß. So ganz ohne jedes Wort.
    »Und? Wat issit?« Bruno ruckelte an der Bürostuhllehne vor lauter Aufregung.
    Kai van Harm benötigte vielleicht drei Sekunden, um zu erfassen, auf was er da starrte. Und dann übermannte ihn ein heftiges Déjà-vu-Gefühl. Und das war in diesem Fall alles andere als ein schönes Wiedererleben. Ihm wurde flau im Magen. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Noch während ihm sein Körper diverse Warnsignale sandte, reichte er das Foto nach hinten weiter.
    Für einen Moment war es still. Nur die Maschinen summten und der Luftzug des Standventilators pfiff fast ebenso leise.
    »Wat soll denn ditte sein?«, polterte Bruno als nächstes los. Er sprach jetzt, nachdem es kein Geheimnis mehr gab, wieder in seiner normalen, dröhnenden Alltagsstimme. Peggy dagegen sagte nur: »Oh, oh«, so als ahnte sie, was sie da vor sich hatte, was das Foto darstellte.
    »Du hast mein Buch nicht gelesen, oder Bruno?« Kais Stimme klang belegt, als wäre ihm jemand zwei-, dreimal mit der Muskatreibe über die Stimmbänder gefahren.
    »Nee. Noch nich«, sagte Bruno. »Lesen tu ick immer nur im Herbst oder im Winter. Wenn’s draußen schneit oder stürmt, und wenn’s drinne jemütlich is.«
    »Dann is dit also wirklich das, was ich glaube.« Auch Peggy klang jetzt ganz bedrückt.
    »Fast, würde ich sagen, Peggy, nur fast.«
    Kai stand auf und ging aus dem Raum; als er kurz darauf wiederkam, hatte er sein Buch dabei. Er blätterte kurz hinein und hatte schnell die Stelle gefunden, die er gesucht hatte. Sie befand sich ziemlich am Anfang des Textes.
    »Wat wird denn dit jetze?« Bruno sah fragend Peggy an, die aber nur unwirsch den Kopf schüttelte.
    Stattdessen antwortete Kai: »Ich werde dir jetzt eine Stelle aus meinem Buch vorlesen, Bruno. Und die wird dir vielleicht erklären, was du da eben auf dem Foto gesehen hast.

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