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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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Es hat sich genauso, wie es dort steht, abgespielt damals. Es war im Januar 2010, und es war an jenem frühen Morgen, als der Anschlag auf unsere Redaktion verübt worden war.
    Ich habe nichts erfunden und nichts weggelassen. Alles ist genau so passiert. Ich schwöre es. Das Einzige, was ich abgeändert habe, ist mein Name. Ich tauche in meinem eigenen Roman natürlich nicht als Kai van Harm auf, sondern als … aber das weißt du ja, Bruno.«
    Dann räusperte sich Kai van Harm noch einmal kurz und begann mit Grabesstimme aus seinem Erstlingsroman vorzulesen:
    »Jetzt spürte Maximilian Duncker auch die Glassplitter unter seinen Füßen.
    Von einem der entglasten Wagen am Straßenrand wedelte er ein paar Scherben von der Motorhaube. Dann legte er seine Aktentasche dort ab und zog aus der Innentasche des Mantels sein Handy. Er musste mit jemandem reden, mit seinem Chef, nein, besser noch mit Cornelia, seiner Frau.
    Er hatte ihre Nummer gewählt und lauschte dem Rufton, als ihn ein markdurchdringendes ›Hey, Sie da!‹ zusammenfahren ließ.
    Er merkte, dass er das Handy losließ, statt nur den Arm herunterzunehmen. Sah es fallen und zwischen Scherben und Dreck auf dem Asphalt aufschlagen, wo es in drei Teile zersprang, die unter dem Auto verschwanden. Dann hörte er eine Rückkopplung und gleich darauf forderte dieselbe Megafonstimme: ›Kommen Sie weg da, Mann! Sie zerstören wichtige Spuren!‹
    Duncker drehte sich um und sah keine zehn Meter hinter sich den Polizeibeamten, der seine Zeitung ein reaktionäres Käseblatt genannt hatte. Das Megafon hielt er immer noch vor den Mund. Der Typ grinste: dummdreist, unverschämt. Er schien abzuwarten, was Duncker als Nächstes tun würde.
    Maximilian Duncker ging in die Hocke, versuchte die Stelle zu finden, wo das Handy aufgeschlagen war. Er konnte nichts entdecken, beschloss, Splitter und Trümmer zu ignorieren, ließ sich auf die Knie fallen und spähte unter den Wagen. Er konnte das Handy nicht aufgeben. Es war neben dem Notebook und seinem vergesslich werdenden Hirn der dritte Teil seines Gedächtnisses, mehr sogar: ein ganzes Drittel seiner Persönlichkeit. Er tastete, legte sich ohne Rücksicht auf seine Kleidung bäuchlings neben den Wagen. Direkt hinter dem linken Vorderrad des entglasten PKW s fand er den Akku und die Akkuabdeckung.
    Duncker stand auf, ging einmal um den Wagen herum. Jetzt stand er auf dem Bürgersteig, direkt unter seinem ehemaligen Bürofenster. Der Geruch von verschmortem Plastik war hier noch intensiver, der Gehweg übersät mit formlosem Schutt. Die Straßenlaterne hatte es zerrissen. Duncker ging abermals in die Hocke. Tastete um das rechte Hinterrad des Wagens, stand wieder auf und wandte sich ohne viel Hoffnung dem rechten Vorderrad zu. Noch bevor er in der Hocke angelangt war, sah er etwas Metallisches blitzen. Ein glänzender Stachel, der aus dem staubigen Geröll ragte, das die Detonation unter den Wagen gefegt hatte. Es war nicht sein Handy, das erkannte er sofort. Es war schlicht unmöglich, dass es nach dem Fall auf der anderen Wagenseite hier zu liegen gekommen sein konnte.
    Das glänzende Ding gehörte ihm dennoch: Es stammte von seinem Schreibtisch. Eine Antiquität vom Flohmarkt, ohne Nutzen heutzutage, da die Post nur noch elektronisch abgewickelt wurde: Es war ein orientalischer Brieföffner aus geschliffenem Stahl, der die Form eines Krummsäbels und einen Griff aus bemalter Keramik hatte.
    Wenig später meldete Maximilian Duncker dem Einsatzleiter seinen Fund: eine beringte, schmale, von Staub überzogene Hand, die mit roher, unpräziser Kraft vom Unterarm abgetrennt worden war. Eine verlorene Frauenhand, die nichts Gutes über den Zustand des Körpers ahnen ließ, zu dem sie einmal gehört hatte, und die so unlösbar den Porzellanknauf des Brieföffners umklammert hielt, dass Duncker, als er sein Flohmarktsouvenir bergen wollte, sie unweigerlich mit aus dem Schutt gezogen hatte.«
    Die letzten Worte hatte Kai van Harm auf die gleiche Art vorgelesen, wie sich Kinder spätabends auf Klassenfahrten oder im Ferienlager Gruselgeschichten erzählten, während sie sich dabei mit der Taschenlampe von unten ins Gesicht leuchteten.
    »Gänsehaut«, flüsterte Peggy folgerichtig, und man konnte sehen, dass sie tatsächlich fröstelte, während sie das Wort aussprach.

Rosa Fliesen
    »Aber dit hier is doch nich echt.« Mit diesem profanen Einwurf versaute Bruno die schöne Gruselstimmung, die sich gerade im Raum breitmachen

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