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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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besser verstecken als unter lauter kleinen grauen Haselmäusen in zahllosen kleinen grauen Haselmauskäfigen? So unästhetisch das alles ist: Ich finde es philosophisch sehr befriedigend, daß Haselmaus sich ausgerechnet in Tannenbusch versteckt.«
    »Vielleicht«, sagte ich, während wir uns einer Bäckerei näherten, »hat aber keiner die Nadelmaus in den Mäusehaufen gesteckt, sondern sie ist verlorengegangen.«
    Er hörte nicht zu, sondern ging in die Bäckerei, wo er sich nach Hotels, Pensionen und Vermietern möblierter Zimmer erkundigte.
    »Hm«, machte er, als er wieder draußen stand und die Häuserblocks betrachtete, »ich glaube, wir sollten uns auf Privatzimmer konzentrieren. Hotels und so sind dünn gesät und liegen alle weiter drüben, in der Nähe der zweiten U-Bahn-Station. Außerdem wird Haselmaus kaum, wenn ihm schon ein Taxi zu teuer ist, wochenlang in Hotels hausen.«
    »Darf ich einen ganz bescheidenen Einwand äußern?«
    Baltasar nickte freundlich. »Frag ruhig. Du sollst ja was fürs Leben lernen.«
    »Manchmal«, sagte ich verträumt, »habe ich Lust, dir hochdero Fresse zu polieren. Was hältst du davon, wenn Haselmaus einfach irgendwie heißt und nicht zur Untermiete wohnt, sondern in einer dieser dreiundachtzigtausend Wohnungen?«
    »Ha«, sagte er, »davon halte ich überhaupt nichts. Das wäre fürchterlich. Ich finde, wir hoffen erst mal, daß er irgendwo privat zur Untermiete wohnt.«
    »Und was willst du machen? Willst du jetzt alle Leute erstens fragen, ob sie Zimmer zu vermieten haben, und dann, ob sie eine Haselmaus namens Klaus kennen?«
    »So etwa. Wir sollten uns trennen. Jeder nimmt sich eine Seite vor. Ich gehe nach links, wenn's dir rechts ist. Wir müssen eben überall klingeln, fragen, ob im Haus jemand Zimmer vermietet, und dann die Haselmaus suchen.«
    Da ich mich nun einmal auf den Unsinn eingelassen hatte, konnte ich schlecht aussteigen, wenn mir die Sache auch zuwider war.
    Nach zwei Stunden trafen wir uns wie vereinbart beim Auto. An Baltasars betont gelassenem Gesicht sah ich, daß er Erfolg gehabt hatte. Ich hatte zwar ein paar Vermieter möblierter Zimmer gesprochen, aber natürlich ergebnislos.
    »Spuck's schon aus«, sagte ich, als Baltasar vor mir stand.
    Er winkte ab. »Komm«, sagte er, wobei er das Auto aufschloß und einstieg, »wir fahren. Dabei erzähl ich's dir.«
    Im fünften Block hatte er Erfolg gehabt. Eine ältere Dame, betört von seinem unmenschlichen Charme – dicke Menschen wirken harmlos, und Baltasar hatte sich auch noch eine Krawatte um das feiste Genick gedreht –, hatte ihn eingelassen und ihm das Zimmer »seines Freundes« Klaus gezeigt. Ein kleines Zimmer mit Bett, Tisch, einem Stuhl, einem Schrank, Küchen- und Badbenutzung. Baltasar hatte mit der alten Dame geflirtet, ihr etwas von einer Tante erzählt, der sie ähnlich sähe, durch geschickte Fragen herausbekommen, aus welcher Gegend Deutschlands sie stammte, Erinnerungen an diese Gegend erfunden, die sie fast zu Tränen rührten, und dann beiläufig gehustet und gefragt, ob sie vielleicht ein Glas Wasser oder zufällig einen Kaffee für ihn habe, aber sie brauche wirklich nicht extra für ihn etwas zu machen ... Natürlich verschwand sie, um einen Kaffee zu kochen, und er konnte sich das Zimmer in aller Ruhe ansehen.
    »Im Schrank waren nur ein paar Bücher und ein bißchen Wäsche. Im Nachttisch ein Reisepaß; ich habe mir erlaubt, ihn – hm, auszuleihen. Er kann sowieso nichts mehr damit anfangen, der Paß ist schon lange abgelaufen. Jedenfalls haben wir jetzt ein Foto von ihm, wenn auch ein altes. Und noch etwas.«
    Er legte eine Pause ein, als müsse er sich auf den Verkehr konzentrieren.
    »Mach's nicht so spannend«, sagte ich. »Was hast du gefunden? Den schriftlichen Auftrag von der Geheimbehörde, überall, vor allem bei Matzbächen, Zahnbürsten zu deponieren?«
    Er sah mich an, als wäre ich ein Reptil. »So 'n Schwachsinn«, knurrte er. »Also, zwei Dinge hab ich noch gefunden. Erstens einen Brief.«
    Der Brief stammte von einer Textilfirma, die Herrn Klaus Brockmann mitteilte, daß sie auf seine weitere Tätigkeit als Außendienst-Mitarbeiter keinen Wert lege; seine Abschlüsse seien immer unbefriedigender geworden, er habe Termine nie eingehalten, Kunden hätten sich über ihn beschwert; die Kündigung gelte für den nächsten laut Vereinbarung möglichen Termin, bis zu dem er sich als beurlaubt betrachten möge; das für die Zeit bis zu diesem Termin anfallende Fixum

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