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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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behandeln, als hätten sie das öffentliche Interesse, das sie annektieren, wirklich verdient. Furchtbar. Und zwischendurch tagt der Ortsverein der Taubenzüchter. Furchtbar. Und jetzt rufst du an. Entsetzlich. Was verschafft mir die ungünstige Ehre?«
    »Was wohl?« sagte ich. »Matzbach natürlich.«
    Moritz seufzte. »Der ungünstige Motzbauch, ja. Ach, es ist ein Kreuz.«
    Er äußerte sich nicht näher, daher nahm ich den Faden einige Zentimeter und Sekunden weiter wieder auf.
    »Also Matzbach«, sagte ich energisch. »Ich hab nen Brief von ihm gekriegt.«
    »Ist das nicht furchtbar?« jammerte Moritz. »Jetzt schreibt er auch noch.«
    »Hast du auch so was bekommen?«
    »Und ob. Äußerst ungünstige Sache.«
    »Wieso?«
    »Na, da ist wohl verschärftes Denken angesagt, oder? Und wie. Mastbär stiehlt unsere Zeit, während er sich im Grünen verlustiert.«
    »Weißt du, wohin er gefahren ist?«
    »Keine Ahnung. Er tummelt sich irgendwo im Geheimnisvollen.«
    »Was hast du denn bisher in der Sache angestellt?«
    Die Geräusche verrieten mir, daß Moritz sich zurücklehnte und die Füße auf dem Schreibtisch deponierte.
    »Ah«, sagte er lustvoll, »wenn ich schon mit dir telefonieren muß, kann ich dabei ja wenigstens bequem sitzen. – Also, was hab ich in dieser Sache angestellt? Ich hab die Leute in Godesberg nach Spannern befragt und komische Antworten gekriegt. Da, wo er bestimmt gewesen ist, will keiner was gemerkt haben. Bei einigen von ihnen hatte ich ganz deutlich den Eindruck, daß sie lügen. Schlechte Lügner, übrigens. Du weißt schon: Kucken zu Boden, werden rot und so. Ein paar andere waren ganz kalt und ruhig. Zu ruhig.«
    Ich räusperte mich. »Ich glaube, lieber Moritz, Baltasar hat dich angesteckt.«
    »Wieso dieses?«
    »Na ja, ich gehe immer noch davon aus, daß alles Unsinn ist. Wahrscheinlich hast du irgendwelche Leute bei intimen Beschäftigungen gestört, und sie wollten dich schnell loswerden. Deswegen haben sie nein gesagt und waren dabei verlegen. Und die anderen haben vielleicht wirklich nichts gesehen. Was du für kalte Lügen gehalten hast, kann doch einfach die eisige Wahrheit sein, oder?«
    Er wurde plötzlich ernst und autoritär. »Abgelehnt. Ich hab in den letzten Jahren oft genug mit Leuten zu tun gehabt, die was ausgefressen hatten, hab im Gericht gehockt und irgendwelche Knallköpfe interviewen müssen; ich weiß, wenn einer lügt. Okay, ich geb zu, keiner ist allwissend, und sogar ich, I myself, Moritz der Bedeutende, kann mich irren. Aber nicht, wenn ein ganzer Haufen von Leuten gleichzeitig in die gleiche Richtung lügt. Ich hab sicher schon mal nen Ganoven für nen ehrlichen Kerl und umgekehrt gehalten, aber so eine ganze verabredete Gesellschaft? Nee, mein Lieber, das kannste mir schon abnehmen.«
    Ich ergab mich, mindestens zum zweiten Mal an diesem Morgen. »Na schön. Ich hab im Moment sowieso nichts Besseres zu tun. Nehmen wir also an, es ist so ...«
    Moritz unterbrach mich streng. »So ist es!«
    »Okay, okay, Friede! Was haben wir also? Eine graue Maus namens Brockmann, die keiner kennt, keiner mag und keiner vermißt, ist vielleicht verschwunden. Vielleicht hat Haselmaus Spanner gespielt, vielleicht in einer bestimmten Gegend. Vielleicht haben einige Leute ihn gesehen, und vielleicht lügen ein paar andere. Vielleicht lügen sie aber auch nicht, und die anderen wollen sich wichtig machen. Matzbach hat nun aus dem möglichen Verschwinden dieses Typs eine Idee entwickelt. Die lautet: Mord. Ein Mord, für den es kein Motiv gibt, keine Indizien, nicht mal eine Leiche, keinen Täter und keinen Tatort. Toll.«
    Moritz gluckste. »Du siehst das ein bißchen eng, Freund. Das Leben ist ein Traum und gänzlich absurd. Wir versuchen nur, eine uns genehme und von uns erfundene Form der Absurdität einzuschieben. Zitat Matzbach. Ende.«
    »Prima gesagt. Ich wünsch dir viel Spaß in deinem metaphysischen Sandkasten. Ich weiß noch nicht, ob ich bis zum Ende mitspiele ...«
    »Du hast doch eben noch gesagt, du hättest im Moment sowieso nichts Besseres zu tun ...«
    »Ja, das gilt für den Moment. Vielleicht fällt mir gleich was Besseres ein, weiß ich noch nicht. Ich seh mal zu. Ich werd mir heut und morgen ein bißchen den Kopf zerbrechen. Hast du heute abend Durst?«
    Moritz blätterte in irgend etwas herum.
    »Ja«, sagte er dann, »aber dienstlich. Ein Termin. Wollen wir morgen abend Kriegsrat halten?«
    Wir verabredeten uns für etwa 21 Uhr in einem Weinlokal.

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