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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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mich neugierig gemacht hatte.
    »Gut«, sagte Edgar, »vernimm also und staune. Vorletzten Donnerstag« – das war, dachte ich, der Tag, an dem Baltasar die Zahnbürste fand und Haselmaus zuletzt sein möbliertes Zimmer verließ – »kam abends gegen acht ein Mensch in eine der Bonner Notambulanzen. Ich kann dir weder das Krankenhaus noch den Notarzt verraten.«
    Er machte eine Pause; offenbar kostete es ihn Überwindung. Ich versuchte, im Geist die Gesetze zu zählen, die im Verlauf des bisherigen Unternehmens ignoriert worden waren. Dann gestand ich mir eine gewisse Überraschung ein; nach so vielen Jahren wurde mir offenbart, daß Edgar Skrupel hatte, oder zumindest etwas in der Art.
    Ich versuchte, das Ganze durch Spott zu entschärfen und ihm über die Hürde zu helfen.
    »Nun mach schon«, sagte ich; »seit wann brichst du dir ethische Verzierungen ab? Ich hab immer gedacht, du wärst in deiner Unmoral ein wahrer Puritaner.«
    Er faßte sich an die Nase. »Mhm«, machte er, »sagt dir der Name Hartmut L. Burger was?«
    Ich mußte einen Augenblick lang überlegen.
    »Moment mal, ist das nicht der Kandidat vom Auswärtigen Amt, der da in einem der Häuser wohnt? Sekunde ...« Ich wollte Baltasars Papiere holen, aber Edgar hielt mich fest.
    »Ist er«, sagte er. »Wohnt am Millionenhügel in einer Einliegerwohnung in der Villa des Pelzhändlers. Okay. Also, dieser Burger kam abends gegen acht an dem bewußten Donnerstag in die Ambulanz. Er hatte ein weißes Hemd an, das war aber blutig. Er hat behauptet, ihm wäre beim Reinigen eines Jagdgewehrs ein Fehler unterlaufen. Sehr originelle Ausrede. Jedenfalls hat es die linke Schulter erwischt. Er meint, die Kugel wär wohl noch drin. Unter dem Hemd ist ein provisorischer Verband, aber voll durchgesuppt. Übrigens ist das Hemd ansonsten intakt. Na, der Notarzt nimmt den Verband vorsichtig ab und fragt dabei, ob er ein anderes Hemd anhatte, als der Schuß losgegangen ist. Burger fragt, warum. Der Arzt setzt ihm auseinander, daß Stoffetzen in die Wunde geraten und böse Dinge tun können. Darauf sagt Burger, bei dem schönen Wetter und der Hitze hätte er bloß eine Hose angehabt. War schwül an dem Tag, aber es hat fast durchgehend genieselt. Egal. Jedenfalls hat die Blutung aufgehört, muß also schon ne kleine Weile her sein. Beim Abtasten stellt der Arzt fest, daß die Kugel kurz vor dem Wiederaustritt in der Muskulatur über dem Schulterblatt stecken geblieben ist. Burger sagt, er soll sie rausholen, er würd schon die Zähne zusammenbeißen. Wie im Western! Also schön, nach kurzem Hin und Her hat der Arzt das Ding rausgepuhlt, die Wunde gesäubert und verbunden. Dann wollte er dem Kandidaten ein Bett verpassen. Burger hat aber darauf bestanden, wieder nach Hause zu gehen, und man kann ja keinen zwingen, auch wenn's eigentlich nicht zu verantworten ist. Der Arzt soll ihm nur was Schmerzstillendes geben, und nen Zettel für den Hausarzt. Er war wohl ein bißchen blaß um die Nase und klapprig in den Knien, aber sonst noch einigermaßen in Ordnung. Wollte unbedingt die Kugel als Andenken haben. Der Arzt bringt ihn raus, und draußen wartet ein Bekannter von Burger, der hat ihn dann wohl nach Hause gefahren.«
    Er lehnte sich zurück und atmete durch.
    Ich konnte mir einen Pfiff nicht verkneifen. »Toll«, sagte ich, »wie im Krimi oder im Western. Wo hast du die Story denn her?«
    Er breitete die Arme aus. »Der Notarzt ist ein alter Kommilitone von mir. Wir haben vor ein paar Tagen Anekdoten ausgetauscht.«
    Er machte ein Gesicht, als hätte er noch etwas auf Lager. Ich betrachtete ihn gierig. »Spuck's schon aus!«
    Er grinste. »Okay. Also – erstens: der Bekannte, der ihn gefahren hat, war ziemlich groß und rothaarig.«
    Ich überlegte. »Das paßt auf – ah, wie heißt er gleich?« Diesmal holte ich doch Baltasars Report. »Hier. Ewald Kleinsiepe, Verwaltungsbeamter, ungefähr einsfünfundachtzig, achtundzwanzig Jahre, rothaarig. Seine Frau Felicitas, zweiundzwanzig, ungefähr einssiebzig, blond. Das sind die beiden, die bei dem reichen alten Witwer zur Miete wohnen; dem war wohl das Haus zu groß geworden. Pistorius, heißt er, Hermann Pistorius.«
    Edgar nickte.
    »Komisch«, sagte ich, »wenn das Kleinsiepe war – warum ist er draußen geblieben, statt mit seinem verwundeten Nachbarn reinzukommen?«
    Edgar zuckte mit den Schultern. »Weiß man's? Vielleicht kann er kein Blut sehen. Aber weiter. Zweitens: das Geschoß. Ich habe keine Ahnung vom

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