Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
wieder ein. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, daß mich der Fortgang der Ereignisse interessierte, wenn auch vielleicht nur als Denkspiel, das sich am Schluß in völlig harmlose, zufällige Erklärungen auflösen würde. Eigentlich war ich davon überzeugt, daß alles Spinnerei war. Aber ein kleiner Mann in meinem Binnenohr bearbeitete mich hartnäckig.
    Baltasar Matzbach, der Universaldilettant. In den acht Jahren, seit ich ihn kennengelernt hatte, war ich Zeuge vieler erstaunlicher Vorfälle geworden. Immer wieder hatte er sich mit neuen Dingen beschäftigt und es darin zu einer gewissen Perfektion knapp unterhalb der Grenze des Professionalismus gebracht; wenn ihn dann der Spaß an der Sache verließ, wandte er sich ab und befaßte sich mit dem nächsten Neuen. Das war auch schon vorher so gewesen, aber seine bunte Vorzeit kannte ich nur aus zweiter oder dritter Hand oder aus seinen eigenen Berichten, denen zu mißtrauen mir immer ratsam erschien. Immerhin, der kleine Mann in meinem Binnenohr redete mir beharrlich zu, dem Universaldilettanten zu vertrauen. Warum sollte seine Nase ausgerechnet in dieser Angelegenheit trügen? Und warum sollte sein ausufernder Geist ausgerechnet in der Kriminalistik versagen?
    Ich brachte meine fertige Arbeit zur Post und deckte mich kurz vor Ladenschluß in der großen Universitätsbuchhandlung mit Fachliteratur ein: Poirot, Maigret, Lord Peter, Marlowe, Bony, Parodi … Krimis waren mir immer als subalterne Zerstreuung erschienen, deshalb kannte ich einige der Namen nur vom Hörensagen und die anderen gar nicht. In einer angenehmen Nacht lernte ich sie teilweise kennen und schloß Freundschaften. Freitags war ich wild entschlossen, mich mit der Genealogie der Detektive näher zu befassen, konnte aber einen Bekannten, von dem ich wußte, daß er auf diesem Gebiet weitläufig belesen war, nicht erreichen. Zwischen Dupin und Lupin erwischte mich dann Baltasar, per Telefon.
    »Eh, was treibst du?« Seine Stimme klang irgendwie zerstreut, abgelenkt.
    »Ich ergründe deine Vorfahren«, sagte ich.
    »Wieso? Liest du Machiavelli oder die Beschreibungen des Lebens großer Männer?«
    Offenbar litt er nicht an Depressionen. Ich teilte ihm freundlich mit, was ich a) las und b) von seiner Selbsteinschätzung hielt. Er ging nicht darauf ein.
    »Hör mal«, sagte er, »ich hab dir einen Brief geschickt.«
    »Du hast reichlich extravagante Einfälle. Was steht denn drin?«
    »Die Ergebnisse meiner weiteren Forschungen.«
    »Und warum kommst du nicht vorbei, oder wir treffen uns irgendwo, und du erzählst es mir? Bist du schüchtern?«
    Er kicherte. »Nein, beschäftigt. Ich hab ein bißchen herumgeforscht, wie gesagt.«
    »Bist du durchs Geäst gehüpft, wie vorgesehen?«
    »Ja. Sehr inspirierend. Also: keine Rolläden. Und die Schlafzimmer gehen zum Garten. Aber rat mal, was mit den Bewohnerinnen los ist!«
    Ich überlegte. »Na ja, sind sie alle so fett und häßlich wie du?«
    »Nein«, grunzte er, »schlimmer.«
    Ich überlegte abermals. Schließlich fiel mir einer von Baltasars geflügelten Sätzen ein:
je blonder desto doof
.
    »Sind sie alle blond?«
    »Ja. Ist das nicht widerlich?«
    Ich lachte. »Ziemlich.«
    Er räusperte sich. »Ich melde mich hiermit ab«, sagte er. »Ich bin ein paar Tage fort.«
    »Was treibst du denn, und wo?«
    Er schnalzte mißbilligend mit der Zunge. »Erzähl ich dir nicht, sonst willst du am Ende mitkommen.«
    »Aha. Wann geht's denn los?«
    »Morgen früh.«
    »In Sachen Haselmaus?«
    »In Sachen Haselmaus.«
    Ich überlegte. »Du«, sagte ich dann, »ich hab Durst. Was machst du heute abend?«
    »Bin beschäftigt.«
    Irgendwie hallte seine Stimme wider, bevor sie in die Telefonleitung fiel.
    »Wo steckst du?«
    »Auf dem Klo«, sagte er. »Hier kann ich ungestört mit dir sprechen. Ich verbinde«, erklärte er hoheitsvoll, »das Notwendige mit dem Üblen.«
    Ich bezog letzteres auf mich. »Danke, aber wieso bist du beschäftigt und mußt vom Topf aus telefonieren? Hast du am Ende gar Besuch?«
    »Scharfsinniges Kerlchen«, sagte er.
    Er schwieg, und ich kicherte.
    »Baltasar, Baltasar«, sagte ich dann, »was muß ich von dir hören! Und deine Askese?«
    Er hustete. »Alles im Interesse der Sache«, behauptete er. »Ich opfere mich für die Fortschritte der Kriminalistik.« Leise deklamierte er: »Wacker ficht unser Held, belagert von zwei Blondinen, öffnet die Pforte mit Macht, bringt so die Wahrheit ans Licht.«
    Es war mir unmöglich, das Glucksen

Weitere Kostenlose Bücher