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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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die zu beantworten ich Sie bitte. Sie können sich darauf verlassen, daß alle Daten nur sachlich ausgewertet und anschließend vernichtet werden. Indiskretionen sind ausgeschlossen.«
    Sie nahm eine Zigarette aus dem Päckchen, das neben ihrer Hand lag. Ich gab ihr Feuer und lehnte mich zurück.
    »Außerdem«, sagte ich wie beiläufig, »ist vorgesehen, daß alle Mitglieder eines Haushalts befragt werden, und zwar getrennt voneinander, um gegenseitige Beeinflussungen auszuschließen«
    Sie sah mich an und runzelte die Stirn.
    »Sehen Sie, das hat mehrere Gründe. Einige Fragen laufen schon beinahe auf ein kleineres Quiz hinaus, und wenn diese Fragen nicht von jedem Befragten unabhängig beantwortet werden, sind die Ergebnisse natürlich verfälscht. Weiterhin gehen die Verfasser des Fragebogens davon aus, daß bestimmte Themen in vielen Familien kontrovers sind. Daß, zum Beispiel, Väter ihren Kindern das Taschengeld kürzen, wenn die Kinder andere Meinungen vertreten, als den Vätern lieb ist. Diese Unterschiede sind aber wichtig, weil auch das Alter der befragten Personen eine Rolle spielt.«
    Nach kurzem Geplänkel begann ich mit Baltasars Camouflage-Verhör. Die erste Überraschung stellte sich bald ein. Im ersten Teil – Name, Geburtsort, Geburtsdatum etc. –, der von Baltasar meiner Meinung nach nur zur Wahrung der Form angelegt worden war, erfuhr ich Erstaunliches.
    Eva Morken stammte aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Eger und war die einzige Tochter der Ahrenborns.
    »Ach«, sagte ich überrascht, »sind Sie mit Ihren Nachbarn verwandt?«
    Sie nickte. »Meine Eltern.«
    Professor Dr. med. Arno Ahrenborn wohnte gleich nebenan, im zweiten Haus der linken Reihe, und stand natürlich als nächster auf meiner Interviewliste.
    Hinterher bildete ich mir ein, in ihrer Stimme sei ein Unterton gewesen, aber ich war viel zu überrascht, um darauf zu achten. Warum eigentlich? Es kommt ja vor, daß man neben den Eltern oder Schwiegereltern wohnt. Etwas störte mich, aber ich wußte nicht, was es war.
    Wir kamen zum Fragenteil. Nach kurzer Zeit wurden wir unterbrochen. Die jüngere der beiden Töchter kam nach Hause und wollte sich zu uns setzen. Frau Morken bat sie jedoch, uns wegen des Quiz-Charakters der Befragung alleinzulassen, bis sie gerufen würde. Schmollend verzog sie sich, ein hübsches, schlankes, gebräuntes Mädchen von 18 Jahren mit schulterlangem blonden Haar.
    Die meisten Fragen erschienen mir unbedeutend, andere nicht. Ich bemühte mich aber, nach meinem anfänglichen Fehler in allen Fällen, bei denen es um etwas gehen könnte, was für Baltasars Ermittlungen interessant war, scharf auf eventuelle Reaktionen, Zögern, Untertöne oder ähnliches zu achten.
    Eine derartige Frage lautete: »Manchmal wird in der Bevölkerung Kritik an zu lascher oder sanfter Strafverfolgung laut. Sind Sie dafür, daß Straffällige härter angefaßt werden?« Eine Ja-Nein-Frage, die Frau Morken ohne zu zögern mit Ja beantwortete.
    »Ich nenne Ihnen einige Taten und die Straf-Mittelwerte, die in den letzten Jahren verhängt wurden. Sagen Sie mir bitte jeweils, ob Sie das Strafmaß für angemessen, zu mild oder zu streng halten.«
    Es folgte eine längere Liste in bewußt unordentlicher Reihenfolge; weder alphabetisch noch nach Strafmaß noch nach vermeintlicher Schwere der Tat sortiert, fragte ich Frau Morken nach ihrer Meinung über etwa 20 Aktionen. Bei den meisten überlegte sie kurz und gab dann eine klare Antwort; so befand sie, daß Wirtschaftsverbrechen schärfer und kleiner Diebstahl milder behandelt werden sollten. Bei sittlicher Belästigung, etwa durch Voyeure, weiteten sich für einen Sekundenbruchteil ihre Pupillen; sie hatte sich jedoch gut in der Gewalt und antwortete ohne merkliches Zögern, aber auch ohne Hast, daß sie dies nicht als Straftat im eigentlichen Sinne betrachte, falls nicht andere Delikte wie Beschädigung fremden Eigentums damit verbunden seien.
    Schließlich kamen wir zu dem Blatt, auf das die Interviewten nach Diktat eigenhändig Sätze schreiben sollten. Die meisten Sätze enthielten irgendeine knifflige Rechtschreibung oder Zeichensetzung oder Fremdwörter; einige waren einfach absurd. Was immer Baltasar gedacht hatte, als er einen Schreiner namens Hrabal eine Werkstattür öffnen und später Schwierigkeiten mit dem Sägeblatttremolo haben ließ, mochte der Himmel wissen. Auch die Behauptung, wenn Reptilien Erbsen von der Erpeler Ley erben, essen sie sie sicherlich nicht,

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