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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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zum Diktatteil kamen, runzelte er die Brauen und meinte: »Ich kenne die deutschen Rechtschreibregeln; wozu dieser Unsinn?« Aber er schrieb, schnell und flüssig. Die ganze Aktion dauerte kaum mehr als 25 Minuten. Dann erhob er sich und sah mich auffordernd an.
    Ich stand ebenfalls auf, nahm einen letzten Schluck von dem kalten Tee und sagte höflich:
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir nun mitteilen könnten, wo ich mich mit Ihrer Frau unterhalten kann.«
    »Nichts da«, sagte er barsch. »Es muß Ihnen reichen, daß ich Ihren sinnlosen Bogen ausgefüllt habe. Ich darf Sie ersuchen, mein Haus umgehend zu verlassen.«
    Ich schluckte; eine Reihe gehässiger Bemerkungen trippelte ungeduldig auf meiner Zunge, bis ich sie schluckte. In meiner Rolle als Befrager durfte ich mich nicht benehmen, wie ich mich sonst benommen hätte.
    »Darf ich Sie darauf hinweisen«, sagte ich mühsam höflich, »daß ich angewiesen bin, alle Mitglieder eines Haushaltes einschließlich des Personals, falls vorhanden, zu befragen, und daß Sie im Prinzip verpflichtet sind, derartige Erhebungen durch Ihre Antworten zu unterstützen?«
    Er hob die Brauen. »Sie sollten nicht mit mir argumentieren, junger Mann. Ich habe Ihnen gesagt, daß die Sache für Sie und mich erledigt ist. Wenn Sie Wert darauf legen, können Sie ja mit einem gerichtlichen Vernehmungsbefehl, oder wie immer das heißen mag, zurückkommen.«
    Ich sah ihm ruhig in die Augen. »Darf ich vielleicht Ihre Frau dazu hören?«
    »Meine Frau wird Ihnen das gleiche sagen wie ich. Leben Sie wohl.«
    Er verließ das Zimmer; Sekunden später tauchte die Haushälterin wieder auf.
    »Darf ich Sie hinausbegleiten?« sagte sie tonlos.
    Ich folgte ihr schweigend durch den Korridor. Sie trat einen Schritt vor die Haustür; als wir draußen standen, sagte sie leise:
    »Kriegen Sie Ärger, wenn Sie nicht alle Interviews bekommen?«
    Ich nickte und sagte ebenso leise: »Wahrscheinlich.«
    Sie zögerte einen Augenblick, dann sah sie mich an und murmelte: »Wenn es Ihnen hilft – tut mir leid, wegen drinnen –, ich hab Donnerstag meinen freien Tag ...«
    Leise verabredeten wir uns für ein Café in Bonn. Dann bedankte ich mich und ging zum nächsten Haus.
    Villa Nummer Drei gehörte dem pensionierten Witwer Hermann Pistorius, der sich seit einiger Zeit auf einer Auslandsreise befand. Um seine Einsamkeit zu bevölkern, hatte er ein junges Ehepaar als Mieter aufgenommen, Ewald und Felicitas Kleinsiepe.
    Ein großer, kräftiger Mann mit feuerrotem Schopf öffnete mir die Tür.
    »Herr Kleinsiepe?« sagte ich, mit meinem gewinnenden Lächeln, das Baltasar gelegentlich als die mundgewordene Idiotie bezeichnet; dabei trat ich den berühmten halben Schritt zurück und nannte meinen Namen.
    »Ah, Sie sind der Interviewer, nicht wahr? Da ist ja letzte Woche telefoniert worden. Kommen Sie rein.«
    Während wir die Treppe zur ersten Etage hinaufstiegen, erkundigte ich mich nach Herrn Pistorius.
    »Nee, der ist schon ne ganze Weile weg. Keine Ahnung, wann er wiederkommt.«
    Felicitas Kleinsiepe saß im geräumigen Wohnzimmer und folgte mit Hingabe einer Fernsehsendung. Sie trug eine beinahe durchsichtige Bluse ohne Unterlage und einen nicht mehr modernen, aber überaus panoramischen Ultrakurzrock; blonde Locken, dunkelrot lackierte Finger- und Fußnägel (sie war barfuß), dezentes Make-up zur Betonung des Kirschmundes und der strahlend blauen Kuhaugen. Herr Kleinsiepe schaltete das Fernsehen aus und bot mir Bier oder Wein oder Obstsaft an; ich entschied mich für letzteren.
    Als wir mit Getränken um den Couchtisch versammelt saßen, zog ich meine Papiere aus der Aktentasche und legte sie auf den Tisch. Dann hielt ich zum dritten Mal die kleine Rede.
    Frau Kleinsiepe sah ihren Mann an und strahlte. »O ja, Schatz, laß mich zuerst, bitte.«
    Ich hatte den Eindruck, daß Herr Kleinsiepe mich ungern mit seiner Frau allein ließ. Allerdings verstand ich bald, daß sich dieses Gefühl nicht gegen mich richtete, oder jedenfalls nicht in erster Linie. Ich bin weder so schön noch so charmant, daß Männer in meiner Gegenwart das Bedürfnis verspüren, ihre Frauen zu verstecken.
    Als Monsieur den Raum verlassen hatte, nahm ich meinen Füller zur Hand und sah meine Gesprächspartnerin an. »Frau Kleinsiepe«, sagte ich, »zuerst einige Fragen zur Person ...«
    »Sagen Sie ruhig Felicitas zu mir«, gurrte sie, »und meine Freunde nennen mich Felly.« Dabei fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen.

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