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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sondern verprassen sie lieber mit einem Erpresser vom Parnaß, ist nicht ganz ohne innere Sinnlosigkeit.
    Insgesamt dauerte die Aktion fast vierzig Minuten. Dann kam Tochter Iris an die Reihe. Sie maulte zwischendurch über den Unsinn des ganzen Unternehmens, weigerte sich schnippisch mindestens eine halbe Minute lang, mit Jan, Jean, Gianni, Geoffrey, Juan, James, Django und Jérome jüngst in Lloret zur Jause und in Pjöngjang zum Jagen gewesen zu sein und hielt weder Ärzte noch Abgeordnete oder Kaufleute, wohl aber Diplomaten für angesehene Vertreter eines angesehenen Berufs. Die politische Berichterstattung der Medien erschien ihr unerträglich. Insgesamt hatte ich den Eindruck von politischem Desinteresse, allgemeiner Unreife, nicht sehr bedeutender Intelligenz und blondem Haar. Sehr befriedigt über die Bestätigung meiner Vorurteile beendete ich die zweite Befragung.
    Danach wartete ich bei einem weiteren Kaffee und einem Cognac darauf, daß die restlichen Familienmitglieder einträfen. Die ältere der beiden Töchter, Ines, 20, ebenfalls blond, kam glücklicherweise bald. Sie hatte den Nachmittag mit nicht näher bezeichneten Freunden verbracht und machte einen gesunden, gut durchbluteten und irgendwie satten Eindruck. Während Iris mit einer Ehrenrunde gerade die Oberprima (Dreizehn, heißt das) erreicht hatte, war Ines seit drei Monaten von einem Aufenthalt in den USA zurück und wollte im Oktober ihr Studium beginnen. Auch sie hatte die obligatorische Ehrenrunde gedreht. Sie wollte, wie sie betonte, auf keinen Fall und um keinen Preis Jura studieren (was ich vernünftig finde) und bis zum Freiwerden eines Studienplatzes in Kunstgeschichte die Mongolische Sprache erlernen, weil man damit so schön angeben kann (was ich empörend finde), und außerdem »gibt es da mindestens einen Tibeter und einen Mongolen in der Uni.« Ansonsten war sie schnell und weniger aufmüpfig als ihre jüngere Schwester, wenn auch nicht wesentlich beeindruckender. Beide Schwestern waren hübsch, mit angenehmen Gesichtszügen, vollen Lippen, schmalen Nasen, blond, schlank und sportlich, und gänzlich nichtssagend,
    Während ich noch Ines befragte, erschien der Abgeordnete Emil Morken, grüßte kurz und von fern; seine Frau erklärte ihm, was los sei, dann zog er sich, ohne etwa seine Frau oder die Töchter geküßt oder gestreichelt zu haben, in sein Arbeitszimmer zurück.
    »Lästig«, sagte er, als er schließlich Platz nahm und mich betrachtete, wie man eine Schmeißfliege beschaut. »Aber es muß ja wohl sein. Machen Sie bitte schnell.«
    Ein drahtiger dunkelhaariger Mann, Jahrgang 1934, aus dem nämlichen Dorf bei Eger; gesund, sportlich und gebräunt – diese Abgeordneten haben Möglichkeiten, sich fit zu halten, die dem normalen Menschen verschlossen sind –, etliche Falten, interessant angegraute Schläfen, eine breitere Nase als die anderen Familienmitglieder, der Mund schmal und fast verkniffen, das Kinn nicht sehr betont. Seine eisgrauen Augen waren kalt und verschlossen; er erledigte die Fragen blitzschnell, schrieb mit gelangweiltem Gesicht alle Sätze nieder, die ich diktierte, stand dann auf, nickte kurz und ging – kein Händeschütteln, kein Wort, nichts. Ein durchaus unsympathischer Mann, kalt, berechnend, im Zweifelsfall niederträchtig, das war mein Eindruck. Ich gebe zu, daß es ungerecht ist, jemanden nach einem ersten, schnellen Eindruck zu beurteilen, aber verglichen mit dem Vater erschienen mir plötzlich die Töchter wie Himmelsgeschöpfe und die Mutter unvergleichlich anmutig und von mächtiger Herzenswärme.
    Es war ungefähr acht Uhr, als ich die Morkens verließ. Sehr geschickt hatte ich auf der Veranda einen Kugelschreiber vergessen, um am nächsten Tag noch einen Vorwand zu haben, das Haus abermals aufzusuchen. Ich weiß nicht, was mich dazu bewegte, wahrscheinlich wußte ich es auch nicht in dem Moment, in dem ich den Kuli vergaß.
    Ich kalkulierte, daß es mindestens halb zehn, wahrscheinlich später wäre, bis ich die drei Bewohner des Ahrenbornschen Hauses befragt haben würde, dann noch die beiden Kleinsiepes. Meine Verabredung mit Moritz um 21 Uhr war nicht zu schaffen.
    Aus Baltasars Report wußte ich, daß die junge Dame, die mir die Ahrenbornsche Tür öffnete, die Haushälterin war, Susanne Weber hieß, 24 war sowie blond und hübsch, aber das sah ich auch selbst.
    »Sie wünschen?«
    Ich erklärte, um was es ging. Sie nickte und bat mich herein; dann wartete ich eine kleine Weile in der

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