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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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das Kompliment umgekehrt reziprok gegen Sie zurück.«
    Sie lachte und prüfte, ob der Tee schon stark genug war. »Ihrer Äußerung entnehme ich, daß Sie und Baltasar gute Freunde sind. Er sagte, bevor er verschwand, daß ein mickriges Kerlchen mit Blähnabel auftauchen und Schmähreden gegen ihn sabbern würde. Daran könnte ich Sie erkennen.«
    Ich klopfte gelassen auf meinen bescheidenen Wanst. »Blähnabel? Na schön. – Entschuldigen Sie meine Neugier, aber ich möchte Sie gern fragen, wie Baltasar an Sie geraten ist und was Sie mit seiner kriminellen Ermittlung zu tun haben. Ich habe ihn jedenfalls so verstanden, daß Sie informiert sind und daß ich Sie auf dem laufenden halten soll.«
    Sie nickte und strich sich mechanisch einige Haare aus der Stirn. »Das ist zunächst ganz einfach. Als Ihr gemeinsamer Freund Moritz seine angebliche Recherche über diesen Voyeur machte, war meine Tochter gerade bei Morkens zu Besuch. Sie ist mit Iris befreundet, der jüngeren der beiden Töchter. Sie sind in der gleichen Klasse. Ihr Freund war offenbar zuerst bei allen anderen gewesen und kam zuletzt zu Morkens, zu einer Zeit, als Evelyn, meine Tochter, nach Hause wollte. Sie hat ihn wohl gefragt, ob er sie mitnehmen könnte, und er hat sie nach Hause gefahren.«
    Sie goß den Tee in die beiden hauchdünnen Täßchen und bot mir Zucker und Sahne an.
    »Auf dem Heimweg hat meine Tochter wohl – sie ist nämlich gar nicht so dumm – durch geschicktes Fragen herausbekommen, daß es gar nicht um einen Artikel ging. Darauf brachte sie Herrn von Morungen mit zu mir.«
    »Sagen Sie nicht Herr von Morungen«, bat ich, »ich erkenne ihn dann gar nicht wieder.«
    Sie überging den Einwand. »Das hat mehrere Gründe. Evelyn hatte vor ein paar Wochen den Eindruck, daß im Haus Morken etwas nicht so ist, wie es sein sollte. Da ich Frau Morken schon sehr lange kenne, habe ich meiner Tochter einige Dinge erzählt, die ich über die Familie weiß und die man nicht unbedingt erzählen muß, wenn die interessierte Tochter noch klein ist. Evelyn ist eine begeisterte Krimi-Leserin und hat sich natürlich, als Herr von Morungen sich verplapperte, sofort eine wilde Geschichte ausgedacht, die passiert sein könnte.«
    »Ah«, sagte ich. »Moritz, die Plapperschlange! Deshalb hat er nichts erzählt; er hat sich bestimmt geschämt.«
    »Das kann gut sein. Jedenfalls hat Evelyn ihn mit in die Wohnung gebracht, und weil er ohnehin einen Fehler gemacht hatte, hat er mir dann die ganze Geschichte von der Zahnbürste und dem grauen Männlein erzählt.«
    Sie lehnte sich zurück und grinste spitzbübisch. »Ich fand die Geschichte unwiderstehlich; ich glaube, ich habe schrecklich gelacht. Herr von Morungen wollte dann ein Versprechen von mir, sozusagen unter Pressekollegen, daß ich nichts weitersage. Er war richtig erleichtert, als ich ihm gesagt habe, daß ich dazu bereit wäre, aber nur unter einer Bedingung.«
    »Welche Bedingung?«
    »Ach, wissen Sie, diese Zeiten sind so grau und mechanisiert, daß ein phantastischer Farbtupfer richtig erfrischend ist. Ich habe ihm gesagt, ich würde schweigen, wenn er mich mit dem Erfinder des Zahnbürstenkomplotts bekanntmacht. Daraufhin hat er Baltasar angerufen und ihm gesagt, er hätte schrecklich wichtige Informationen und Baltasar müßte sofort kommen. Na ja, nach einer halben Stunde tauchte Herr Matzbach auf, und Moritz hat sich ganz schnell verdrückt. Wir haben dann hier, mit Evelyn, bis in die Nacht gesessen und geredet. Schließlich haben wir uns für den vorigen Freitagabend verabredet.« Sie blies eine lange Rauchfahne an die hohe Decke. »Ein bemerkenswerter Mann«, sagte sie. »Kennen Sie ihn schon lange?«
    »Ungefähr sieben Jahre.«
    »Wirklich bemerkenswert. Ich dachte immer, die Sorte wäre ausgestorben. Vielleicht irre ich mich, aber das wird sich herausstellen. Jedenfalls jetzt, nach der kurzen Zeit, habe ich das Gefühl, daß er vieles von dem verkörpert, was dieser Epoche fehlt.«
    »Ja«, sagte ich, »er hat alle Macken, die spätestens im Mittelalter verboten wurden.«
    »Seien Sie doch mal ernst. Er weiß so viel, denkt nicht in Schablonen, paßt in keine Schublade. Außerdem ist er auch noch zärtlich, und er liebt seine Freunde.«
    Plötzlich schaute sie aus dem Fenster. Ich begriff, daß ihr die Offenheit unangenehm war und daß etwas sie überwältigt hatte. Halblaut sagte ich:
    »Ich weiß, daß er seine Freunde – wie sagten Sie? Jedenfalls schlägt er mich häufig.«
    Sie

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