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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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hat sie nie herausbekommen, aber auf der Flucht war Emil plötzlich dabei; seine Eltern waren offenbar umgekommen. Später haben die Ahrenborns Emil offiziell adoptiert. Eva hat ihren Pflegebruder immer gehaßt; er muß sie oft malträtiert haben, war wohl ein kleiner Sadist. Später hat er dann Jura studiert. Als ich mich mit Eva anfreundete, war er nur selten im Haus. Er hatte zwar keine eigene Bude in Bonn und wohnte zu Hause, aber er kam immer spät und ging früh, weil er mit seinem Pflegevater wenig zu tun haben wollte.«
    Sie machte eine kleine Pause und schenkte Tee nach.
    »Eva und ich haben neunundfünfzig gemeinsam Abitur gemacht, in Bonn. Ich weiß noch, wie sie gejubelt hat. Jetzt komm ich endlich aus dem Kerker, das hat sie, ich weiß nicht wie oft, gesagt. Am Tag nach dem Abi wollten wir zusammen einen Ausflug machen, aber sie ist nicht gekommen. Ich konnte sie auch nicht erreichen. Außerdem hatte ich selbst genug Probleme. Bei mir zu Hause sah es nur wenig besser aus. Ich hab nach dem Abitur meine Sachen gepackt und bin ausgezogen. Damals war das noch schwerer als ein paar Jahre später, aber vielleicht einfacher als heute, jedenfalls was Arbeit angeht. Ich hatte nebenher Maschine und Steno gelernt und noch vor dem Abi versucht, eine Stelle als Sekretärin zu finden. Ich wollte zwei oder drei Jahre arbeiten und sparen, um hinterher studieren zu können.« Sie schwieg nachdenklich, und ich versuchte, mir vorzustellen, welche Mühsal und Not das 1959 für eine Neunzehnjährige gewesen sein muß.
    »Mit meinen Leuten wollte ich nichts mehr zu tun haben, ich habe sie auch nie mehr gesehen. Ich hatte schon vorher – dabei haben mir ein paar Freundinnen mit ihrem Taschengeld geholfen, übrigens auch Eva – ein winziges möbliertes Zimmer gemietet. Eva wußte, wo sie mich finden konnte. Ungefähr eine Woche später tauchte sie abends bei mir auf. Sie war völlig gebrochen. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich sie so weit hatte, daß sie sprechen konnte. Dann hat sie mir ihre Horrorgeschichte erzählt.«
    Am Tag nach dem Abitur hatte der Vater sie in sein Arbeitszimmer befohlen. In Anwesenheit der schweigenden, tränenüberströmten Mutter erklärte er ihr, daß sie sozusagen umgehend ihren unangenehmen Pflegebruder Emil zu heiraten habe. Zunächst war sie wie betäubt. Dann weigerte sie sich und sagte, sie wolle studieren, dazu habe sie schließlich Abitur gemacht, und außerdem sei sie viel zu jung, und insgesamt sei Emil ihr widerlich. Ahrenborn ließ sie ruhig ausreden und blieb kalt. Das sei alles beschlossene Sache, und sie sei noch keine 21, also unmündig. Natürlich könne sie umgehend das Haus verlassen – ohne einen Pfennig. Er sei ein einflußreicher Mann mit vielen Verbindungen, und was immer sie versuche, er würde es zu verhindern wissen. Außerdem drohte er damit, ihrer Mutter – die sie liebte – das Leben zur Hölle zu machen.
    »Eva war – ist – leider nicht so stark wie ich. Ich will mich nicht loben, mißverstehen Sie mich nicht. Vielleicht hätte ich in ihrer Situation auch nicht anders gekonnt. Immerhin ging es ja nicht nur um totalen, unwiderruflichen Rausschmiß ohne einen Pfennig. Da war die Drohung mit der hilflosen Mutter, und vor allem hat Eva ja immer unter dem Schatten ihres Vaters gestanden. Von klein an ist es ihr systematisch unmöglich gemacht worden, einen gegen ihn gerichteten Willen zu entwickeln. Und er war natürlich schlau. Ein Jahr später, nachdem sie vielleicht ins Leben, in die Uni hineingerochen und andere Leute kennengelernt hätte, wäre es ihm wahrscheinlich nicht mehr gelungen, sie derart – ja, plattzuwalzen. Abends kam dann das Gespräch mit Emil.«
    Emil stand ein halbes Jahr vor dem juristischen Examen. Eva erfuhr nur, daß auch ihm der sofortige Entzug aller Mittel angedroht worden war. Und da mußte noch etwas sein, mit dem er unter Druck gesetzt wurde, aber das erfuhr sie nie genau. Jedenfalls war Emil gleichzeitig eiskalt und wütend. Sie wußte, daß er sie ebensowenig leiden konnte wie sie ihn; dazu kam, daß er im Verlauf seines Studiums mehrere Affären gehabt hatte und zur fraglichen Zeit mit einer Kommilitonin enger befreundet war.
    »Diese sogenannte Aussprache hat in ihrem Zimmer stattgefunden, wobei Emil ihr klarmachte, daß Ahrenborn ein überwältigendes Druckmittel gegen ihn in der Hand hätte. Das Geld sei ihm nicht so wichtig; er würde zwar das Studium unterbrechen und eine Weile arbeiten müssen, bis er den zweiten Anlauf

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