Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)
hierher?“ Es klang eher kühl und abwartend.
„Ich glaube, ich sollte mich entschuldigen. Dein Bruder hatte Recht. Das mit dem Operculum war tatsächlich eine sehr plumpe Anmache. Ich wollte mich vergewissern, dass du mir deswegen nicht allzu böse bist.“
Dafür, dass ich die Worte auf dem Weg von Arure bis Las Hayas immer wieder leise vor mich hingeflüstert hatte, um sie auch flüssig vortragen zu können, klangen sie eigenartig holprig und unsicher.
Die Hübsche schmunzelte. „Ach weißt du, das ist gut gemeint von dir, aber wenn alle Männer, die mich in der Casa Maria plump anmachen, hier bei mir aufkreuzen würden, hätte ich hier keinen Platz zum Treten.“
Ich lachte. „Das glaube ich gut und gerne. Ich wollte aber nicht nur reden, ich habe ein kleines Geschenk zur Wiedergutmachung dabei.“
Ich schwang den Rucksack von meinem Rücken herunter, schnürte ihn auf und zog die Weinflasche heraus. Wie die Opfergabe am Alter einer heidnischen Göttin, reichte ich sie Anita mit bebenden Händen entgegen.
Anita nahm die Flasche und sah sie etwas ratlos an.
„Es ist mein eigener Wein“, fügte ich zur Erklärung hinzu, „Aus eigener Produktion.“
Anita hob eine Augenbraue. „Und den soll ich etwa ganz alleine austrinken? Das bekommt mir mit Sicherheit nicht.“
„...oder in netter Gesellschaft“, schlug ich vor, „wobei ich dir verspreche, dass mein Wein sehr bekömmlich ist.“
Wieder schmunzelte Anita. „Also gut, Juan“, sagte sie, (Woher kannte sie meinen Namen?), „dann schlage ich Folgendes vor: Du setzt dich dorthin“, sie zeigte auf eine kleine Bank mit einem Tisch, die an der Hauswand stand, „und ich mache meine Arbeit hier eben zu Ende. Dann schauen wir uns diesen Wein etwas genauer an.“
Sie stellte die Flasche auf den Tisch, ging zur Wäscheleine und hing weiter Wäsche auf.
Ich setzte mich auf die Bank und lehnte meinen Rücken gegen die sonnenwarme Hauswand.
Während ich darauf wartete, dass Anita fertig wurde, legte ich einen Arm auf den Tisch, streckte meine Beine gerade aus und dachte, wie schön das Leben sei und was für ein Glückspilz ich doch war. Ich hätte auf Anhieb mindestens zwanzig Männer aufzählen können, die ihren rechten Arm dafür hergeben würden, wenn sie an meiner Stelle sein könnten.
Ich saß unter einem blühenden Mandelbaum. Es duftete nach Garten und frischer Wäsche. Auf dem Dach des Häuschens gurrte eine Taube friedlich vor sich hin.
Die untergehende Sonne leuchtete warm in mein Gesicht und durch meine gesenkten Wimpern konnte ich sehen, wie Anitas schlanke Figur sich bückte, bog und streckte, wie in einem besonders schönen Tanz.
Dann verschwand sie mit dem leeren Wäschekorb im Haus. Nach kurzer Zeit war sie wieder da und stellte zwei Gläser auf den Tisch, zwei Teller, zwei Messer, einen Laib Brot und ein Stück Ziegenkäse. Dann setzte sich Anita neben mich auf die Bank, achtete jedoch darauf, dass sie nicht zu dicht bei mir saß und sah mich erwartungsvoll an.
„So, Señor Juan“, sagte sie scherzhaft, „ jetzt bin ich gespannt, wie du die Flasche ohne Korkenzieher aufkriegen wirst, denn so etwas besitze ich nicht.“
„Señorita“, entgegnete ich, „du vergisst, dass ich Winzer bin. Ich besitze so etwas sehr wohl.“
Blitzschnell zauberte ich mein Schweizer Armeemesser aus meiner Hosentasche, klappte den Korkenzieher heraus und drehte ihn in den Korken hinein. Er löste sich mit einem sanften Knall aus der Flasche und ich goss uns etwas ein.
Der Wein duftete gut. Anita schnupperte am Glas und nippte dann daran. Dann nahm sie einen tiefen Zug. Sofort röteten sich ihre Wangen und ihre Augen funkelten.
„Na“, fragte ich gespannt, „ wie schmeckt er?“
„Gut“, sagte sie. „Ich habe von deinem Wein schon gehört. Man lobt ihn im ganzen Dorf.“
Aha, Anita kannte mich also doch schon vom Hörensagen. Ich war erleichtert, dass sie mich nicht gänzlich als Fremden einstufte.
Wir griffen nach Brot und Käse und ließen es uns schmecken.
Ich überlegte, worüber ich mich mit Anita unterhalten sollte. Ich konnte ja nicht einfach sagen: Ich finde dich wunderschön. Möchtest du mich heiraten?
Nach einer kleinen Weile unterbrach Anita mein verlegenes Schweigen, indem sie sagte: „Woher wusstest du das alles?“
„Was meinst du?“
„Na, das von dem Schneckenhaus.“
„Ach, das von dem Operculum.“
„Ja.“
Ich erzählte ihr, dass ich vor Jahren einmal auf den Malediven zum Tauchen war. Dort konnte man
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