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Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman

Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman

Titel: Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Röschen-Verlag
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geblendet.
    „Lammkeule in Rotweinsoße.“ Michael Pergande stellte einen dampfenden Topf auf den Tisch. „Mit viel Knoblauch, dazu Bohnen und Kartoffelgratin.“ Er platzierte die Töpfe in der Tischmitte und setzte sich. „Na, was sagst du?“
    „Großartig. Wie in alten Zeiten.“
    „Es ist das Rezept meiner Mutter. Ich habe es nur noch ein wenig verfeinert, aber im Wesentlichen hat sich nichts verändert.“
    Von Lichtenhagen lächelte. Tatsächlich vertrieb die Erinnerung an eine längst vergessene Zeit die dunklen Gedanken, die sie beschäftigten. Damals war die Welt noch in Ordnung gewesen. Damals hatte es weder Streit, noch Missgunst gegeben. Niemand hatte über den anderen gestanden. Sie waren noch halbe Kinder gewesen und erst dabei, das Leben zu begreifen. Andreas, Michael, Klaus, sie selbst und natürlich Marie. Michael hatte seinen achtzehnten Geburtstag gefeiert und es hatte Lamm gegeben, genau wie heute. Es war eine ausgelassene Stimmung und sie hatten sich so gut verstanden wie niemals wieder. Erst danach hatte das Leben seine pralle Fahrt aufgenommen und die Freundschaften zerstört. Dass das Erwachsenwerden ein mühevoller Prozess ist, der nicht ohne Schwierigkeiten abläuft, ist der normale Gang der Welt. Man muss Dinge tun, die man vorher schlicht abgelehnt hat. Die Reinheit des Gewissens geht verloren. „Man muss erwachsen werden mit Schulden im Gepäck“, hatte ihr Opa immer gesagt. Doch dass man Freunde verletzen und Feinden vertrauen muss, hatte sie selbst erst viel später erfahren. Ein einziges Ereignis konnte gewachsene Strukturen zum Einsturz bringen, konnte Freundschaften, die ein Leben lang Bestand gehabt hatten, von einen Tag auf den anderen zerstören. Manchmal kommt das Leben wie ein Erbeben daher, unerbittlich und derb, laut und vernichtend.
    „Noch einen Schluck Rotwein?“ Pergande sah sie lächelnd an.
    Für einen Moment zögerte sie. Es war wie eine dunkle Vorahnung, die sie zurückschrecken ließ. Doch die Tatsache, dass Pergande den Wein auch in sein Glas gegeben hatte, ließ ihre Vorsicht weichen.
    „Gerne“, sagte sie mit einem Augenaufschlag.
    Von Lichtenhagen fühlte sich immer mehr als Bestandteil eines Spiels. Hier saßen sich zwei Menschen gegenüber, die sich gegenseitig ausloteten. Aber war es wirklich nur ein Spiel? Oder war es längst zu einem Machtkampf geworden? Wer würde das Spiel zuerst abbrechen? Wer würde zuerst die Segel streichen? Sie hatte Pergande längst durchschaut und sie war sich sicher, dass er es wusste. Mit der eingeritzten Lilie hatte er ihr ein Zeichen gegeben und sie hatte sich auf das weitere Spiel eingelassen. Tausend Fragen schossen ihr durch den Kopf. Hatte er tatsächlich vor, auch sie zu töten und zu köpfen? Während sie ihre Möglichkeiten und Chancen auslotete, begann das Gift langsam zu wirken. Ihre Gedanken wurden langsamer, nebulöser und dann verdichtete sich der aufsteigenden Nebel vor ihren Augen zu einer undurchdringlichen Wand. Annette von Lichtenhagen kippte vornüber auf den Tisch.
    „Suchen Sie nach etwas Bestimmten?“
    Obwohl Bohlan den Mann, der aus dem Fahrerfenster der Limousine lugte, noch nie gesehen hatte, wusste er sofort, dass es sich um Klaus von Lichtenhagen handeln musste.
    „Wir sind auf der Suche nach Ihrer Frau“, sagte der Kommissar.
    „Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf.“
    „Hauptkommissar Bohlan und das ist meine Kollegin Will“, antwortete Bohlan. „Wollen Sie unsere Dienstmarken sehen?“
    „Nein, ich glaube Ihnen das auch so.“ In diesem Moment setzte sich, begleitet von einem leichten Surren, das Tor zur Grundstücksauffahrt in Bewegung. Von Lichtenhagen hatte die Fernbedienung aktiviert.
    „Folgen Sie mir einfach“, sagte von Lichtenhagen und steuerte den Wagen auf den Hof. Nachdem Bohlan und Will den Hauseingang erreicht hatten, fuhr das Hoftor wieder zu. Klaus von Lichtenhagen war groß gewachsen. Bohlan schätzte seine Körpergröße auf mindestens einsneunzig. Er hatte graues, glattes Haar, das ihm über die Ohren und den Hals fiel, und trug eine jener Brillen, deren Einfassung aus einem so dünnen Metall war, dass man sie fast nicht sah.
    „Treten Sie doch bitte ein.“
    Die beiden Kommissare folgten ihm ins Haus.
    „Ah, da haben wir auch schon des Rätsels Lösung“, sagte von Lichtenhagen. Er hielt einen Notizzettel in der Hand.
    „Meine Frau hat noch eine Besprechung mit einem Kollegen.“
    „Steht da vielleicht auch, mit wem?“, fragte Bohlan, der das

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