Mord am Vesuv
begrüßten den Schmuckhändler Publilius, den Seidenimporteur Mopsus, den mächtigen ortsansässigen Färber und etliche weitere lokale Geschäftemacher, mit denen wir bereits auf dem zu unseren Ehren ausgerichteten Bankett das Vergnügen gehabt hatten.
Ferner machte sie uns mit einem alexandrinischen Bankier und einem griechischen Schiffbauer bekannt, die wir noch nicht getroffen hatten. Plötzlich sah ich am anderen Ende des Speisezimmers Gaeto; er unterhielt sich angeregt mit Manius Silva. Rutilia folgte meinem Blick.
»Bitte entschuldige, Praetor, dass wir ihn auch eingeladen haben. Er hat mit einigen unserer Gäste wichtige geschäftliche Dinge zu besprechen. Es nützt nichts, ihn zu brüskieren, so gerne ich das manchmal auch täte. Ich hoffe, seine Anwesenheit stört dich nicht allzu sehr.«
»Überhaupt nicht«, versicherte ich ihr. »Im Gegenteil: Ich komme bestens mit ihm aus. Und nachdem ich ausreichend bewiesen habe, dass ich sowohl mit Galliern als auch mit Piraten und Senatoren zurechtkomme -wieso sollte mich da die Anwesenheit eines Sklavenhändlers stören?«
»Für einen Römer bist du recht tolerant«, stellte Rutilia lächelnd fest.
»Einen wie dich sieht man hier nicht alle Tage.«
»Mein Mann hat viele einzigartige Wesenszüge«, warf Julia ein.
Da wir Ehrengäste waren, wies man uns Plätze auf der Hauptliege im tridinium zu, das sich an einer Seite zu einem großen Innenhof öffnete, in dessen Mitte ein Brunnen plätscherte. Da viele Gäste Freunde mitgebracht hatten, waren auch im Hof Tische und Liegen aufgestellt worden, sodass wir im Grunde alle an einer einzigen großen Tafel lagerten.
Über der Innenhofmauer ragte in südöstlicher Richtung der grün bewachsene, majestätische Kegel des Vesuvs gen Himmel und spuckte genau in dem Moment, als wir Platz nahmen, eine schwarzgraue Wolke aus. Kurz darauf regnete etwas hernieder, das lange Rauchfahnen hinter sich herzog. Wahrscheinlich waren es glühende Gesteinsbrocken.
»Bricht der Vulkan aus?«, fragte Antonia mit aschfahlem Gesicht.
»Nein«, versuchte Norbanus sie zu beruhigen. »Das Schauspiel, das wir da gerade zu sehen bekommen, ereignet sich alle paar Monate. Einen richtigen Ausbruch hat es schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gegeben.«
»Das wollte mir mein Mann bei unserer Ankunft auch schon weismachen«, sagte Julia. »Redet ihr euch das vielleicht einfach nur ein, um ruhig schlafen zu können?«
»Vielleicht ist es besser, neben einem zahmen Vulkan zu leben als in der wilden und oftmals tödlichen Atmosphäre des ewigen politischen Streits in Rom«, warf Gaeto ein. Damit hatte er zwar den Nagel auf den Kopf getroffen, aber ich hatte den Eindruck, dass die Gäste lauter lachten, als es angebracht gewesen wäre.
»Ich verstehe durchaus, was du meinst«, räumte ich ein.
»Aber eins musst du bedenken - in Rom gehen die todbringenden Lava-und Ascheregen nur auf die Senatoren nieder. Unter einem Vulkanausbruch hingegen leiden alle. Ich selber habe einmal einen Aetnaausbruch gesehen, danach war die Umgebung dem Erdboden gleich.«
»Wann war das, Praetor?«, fragte Rutilia.
»Während des ersten Konsulats von Pompeius und Crassus.
Man hatte mich entsandt, dem Quaestor, einem Cousin von mir, bei der Getreideverteilung zu helfen. Als wir von dem Vulkanausbruch erfuhren, sind wir sofort zum Unglücksort geeilt.«
»Wie mutig«, bemerkte Circe.
»Ganz und gar nicht«, entgegnete ich. »Wir haben eine schnelle Triere bestiegen und den Ausbruch vom Wasser aus beobachtet. Obwohl wir uns dort in Sicherheit wähnten, sind ein paar dicke Brocken direkt neben uns runtergegangen. Sie waren glühend rot und zogen eine lange Rauchfahne hinter sich her, und als sie auf die Wasseroberfläche trafen, sind sie in einer riesigen Dampfwolke explodiert. Der Knall war unbeschreiblich.«
Mein Bericht führte zu einer Diskussion über die Frage, ob es sich bei einem Vulkanausbruch wirklich um Feuer aus der Schmiede des Vulcanus handelte oder um eine Art Naturphänomen wie Stürme und Fluten. Ich hielt Letzteres für wahrscheinlicher, denn immerhin steht Vulcanus in dem Ruf, ein überaus kunstfertiger Schmied zu sein, und deshalb bezweifele ich, dass er jemals die Kontrolle über seine Feuer verlieren würde.
Wie erwartet war das Essen hervorragend, doch ich will meine Worte nicht darauf verschwenden, all die aufgetragenen extravaganten Gerichte zu beschreiben, obwohl ich mich an jedes Einzelne nur allzu gerne erinnere. Das Bemerkenswerteste
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