Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
an dem Essen waren nämlich nicht die Speisen, sondern das, was passierte, als wir so gut wie fertig waren.
    Die Sonne war schon etliche Stunden zuvor untergegangen.
    Die Sklaven servierten gerade Früchte und Nüsse, welche bei jedem Essen den letzten Gang ausmachen, egal ob es sich nun um ein bescheidenes Mahl in den eigenen vier Wänden handelt oder um ein exquisites öffentliches Gelage. Im Einklang mit den anderen erlesenen Speisen wurden uns natürlich nicht etwa die puren Früchte dargeboten, wie sie vom Baum oder von der Rebe gepflückt worden waren - nein, auf den Tabletts lagen kunstvoll konservierte, mit Honig gesüßte, gesalzene oder anderweitig verfeinerte Kreationen. Eigentlich war ich zwar zum Platzen voll, aber dieser Verlockung konnte ich einfach nicht widerstehen.
    Wir setzten gerade dazu an, unsere Gastgeber für die appetitlich angerichteten Nachtischplatten überschwänglich zu loben, als wir von lautem Hufgetrappel aufgeschreckt wurden.
    »Das Pferd ist ordentlich getrieben worden«, stellte Silva fest.
    »Es muss jemand mit einer dringenden Nachricht sein«, murmelte ich und ahnte Böses. Bisher war mein Aufenthalt in Südkampanien ja auch einfach zu schön gewesen. Natürlich konnte die Nachricht nur für mich sein. Ich hoffte nur, dass sie nicht aus Rom kam und mich über den Ausbruch des Bürgerkrieges in Kenntnis setzte.
    Doch der Mann, der den Hof betrat, war zum Glück einer der Boten der Villa Hortensia.
    »O je!«, rief Julia. »Hoffentlich ist kein Feuer ausgebrochen!«
    »Praetor«, wandte sich der Bote an mich, ohne sich mit irgendwelchen Begrüßungsfloskeln aufzuhalten, »du musst sofort in die Villa Hortensia kommen! Es ist jemand ermordet worden!«
    Diese Mitteilung führte zu einem aufgeregten Gebrabbel im ganzen Hof. In Rom war Mord an der Tagesordnung, doch im angenehmen und ungezwungenen Kampanien war ein derartiges Verbrechen so gut wie unbekannt.
    »Jemand ist ermordet worden?«, fragte ich fassungslos.
    »Wer?«
    »Gorgo. Die Tochter des Priesters Diocles.«
    Die Worte des Boten riefen ein tumultartiges Durcheinander hervor. Etliche der Anwesenden entrüsteten sich lauthals. Wäre ein Sklave das Opfer gewesen, hätten die Leute allenfalls ein paar missbilligende Kommentare abgegeben und sich umgehend wieder ihren Speisen gewidmet; hätte es einen Freigelassenen oder Freigeborenen getroffen, hätten sie sich furchtbar aufgeregt - aber die Ermordung der schönen jungen Tochter des angesehenen Diocles war eine Sensation. Ich spürte, dass die Stimmung überzukochen und außer Kontrolle zu geraten drohte, und verkündete energisch meine erste Maßnahme.
    »Ich muss sofort in die Villa. Immerhin wurde die Leiche auf dem Anwesen meines derzeitigen Aufenthaltsortes gefunden.
    Norbanus und Silva - als amtierende duumviri solltet ihr mich begleiten.«
    »Selbstverständlich«, entgegnete Norbanus. »Mit Sänften sind wir zu langsam. Am besten nimmt sich jeder ein Pferd aus meinem Stall.« Er erteilte seinem Stallmeister umgehend die entsprechenden Anweisungen.
    »Gut«, sagte ich. »Dann können auch gleich alle anwesenden Magistrate mitkommen.«
    »Wie ist es passiert?«, wollte Silva von dem Boten wissen.
    Ich hob die Hand und gebot ihm zu schweigen.
    »Informationen aus zweiter Hand bringen uns jetzt nicht weiter.
    Sie tragen lediglich dazu bei, Gerüchte in die Welt zu setzen und Verwirrung zu stiften. Wir begeben uns jetzt an den Tatort und sehen uns die Leiche an. Danach befragen wir eventuell vorhandene Zeugen. Bevor wir dies nicht getan und einen entsprechenden Bericht für die zuständigen Magistrate verfasst haben, appelliere ich an alle hier Anwesenden, keine substanzlosen Mutmaßungen anzustellen und irgendwelche Geschichten zu verbreiten, die zum jetzigen Zeitpunkt jeglicher Grundlage entbehren.«
    »Sehr weise, Praetor«, pflichtete Norbanus mir bei. »Auf mich kannst du zählen.«
    »Das arme Mädchen!«, brachte Julia hervor. »Was ihr bloß zugestoßen ist?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte ich. »Aber ich werde es herausfinden.«
    Wie immer in solchen Situationen nahm ich zunächst die Anwesenden gründlich ins Visier. Wohin mein Blick auch fiel, sah ich schockierte, wütende oder aufgewühlte Gesichter. Das brachte mich nicht weiter. Aus dem dunkelhäutigen Gesicht des Sklavenhändlers war alle Farbe gewichen. Er kam auf mich zu und sagte leise: »Bitte, Praetor, ich möchte dich ebenfalls begleiten.«
    »Das ist unmöglich, Gaeto. Du bist kein Magistrat. Du bist

Weitere Kostenlose Bücher