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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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verkaufen oder sogar hinrichten lassen.«
    »Keine Sorge«, versuchte ich sie zu beruhigen. »Ich werde mit dem Priester reden. Wenn ihr mir alles erzählt, was ihr wisst, habt ihr nichts von ihm zu befürchten. Aber ihr dürft mir weder etwas vorenthalten, noch dürft ihr eurem Bericht etwas hinzufügen - erzählt mir einfach, was passiert ist. Habt ihr mich verstanden?«
    Sie nickten. »Ja, Herr.«
    »Dann erzählt mir jetzt, was ihr wisst.« Inzwischen hatten sich auch die duumviri und die anderen Würdenträger der Stadt um uns versammelt. Gaeto hielt Wort und blieb ein wenig abseits stehen.
    »Wir wurden wach, als …«, begann Leto.
    »Nein«, unterbrach ich sie. »Erzähl mir, wann du deine Herrin das letzte Mal lebendig gesehen hast.«
    Sie holte tief Luft. »Wir hatten die Sonnenuntergangszeremonie beendet, die geweihten Gegenstände weggeräumt und das Feuer gelöscht, als unsere Herrin uns zu Bett schickte. Sie selber wollte noch ein Bad in der Quelle nehmen und später nachkommen.«
    »Hat sie öfter abends gebadet?«, hakte ich nach.
    Sie runzelte die Stirn und dachte einen Augenblick nach.
    »Nein, nicht oft, aber hin und wieder. Vor allem an heißen Tagen.«
    »Wo war Diocles, der Priester?«
    »Er ist gestern nach Cumae gereist, um an der alljährlichen Zeremonie zu Ehren der Sibylle teilzunehmen. Normalerweise wäre er erst morgen oder übermorgen zurückgekommen. Wir haben einen Boten geschickt.«
    »Ihr seid also zu Bett gegangen. Was ist dann passiert?«
    »Wir wurden von einem furchtbaren Schrei aus dem Schlaf gerissen. Zuerst dachte ich, dass der Schrei unmöglich von einem Menschen stammen konnte. Jedenfalls wurde das ganze Haus geweckt. In dem Augenblick sahen wir, dass die Herrin nicht in ihrem Bett lag. Wir haben sofort das Haus und den Tempel nach ihr abgesucht, und die Arbeiter haben die Felder und den Olivenhain durchforstet. Astynax hat sie schließlich gefunden.«
    »Wer ist Astynax?«, fragte ich.
    Ein junger Mann in einer dunklen Tunika trat hervor. »Ich, Herr. Ich bin für den Olivenhain zuständig, deshalb habe ich dort nach unserer Herrin gesucht.« Er war sichtlich erschüttert; er zitterte leicht, und seine Stimme war gebrochen und schwach.
    Sklaven haben immer eine wahnsinnige Angst, wenn jemand aus ihrem Haushalt ermordet wird, und das mit gutem Grund.
    Wenn sich nämlich herausstellt, dass einer von ihnen das Opfer getötet hat, werden alle Sklaven des Haushalts gekreuzigt.
    »Dann sehen wir uns die Leiche wohl am besten mal an«, entschied ich. Angeführt von dem Sklaven Astynax betraten wir den geweihten Olivenhain des Apollo. Dort stießen wir auch auf Hermes. Marcus und einige andere junge Männer meines Gefolges standen mit hoch erhobenen Fackeln und Öllampen in seiner Nähe. Hermes hockte neben einer reglos daliegenden, weißen Gestalt. Als wir uns näherten, erhob er sich.
    »Wir waren zu spät«, berichtete er mir. »Als wir ankamen, waren der gesamte Tempelhaushalt und die meisten Bewohner der Villa bereits hier versammelt. Wir haben sie natürlich sofort aus dem Olivenhain getrieben, aber nun sieht es trotzdem aus wie nach einem Wagenrennen.«
    Der Boden sah in der Tat so aus, als wäre eine Horde Elefanten durch den Hain gestampft; zudem war aus den Lampen rußiges Öl getropft, so-dass jedes Beweisstück, das ich unter Umständen hätte entdecken können, unwiederbringlich verloren war.
    »Sehen wir uns die Tote an«, befahl ich.
    Die Leiche war mit einem weißen Umhang zugedeckt, den Hermes jetzt wegzog. Gorgo war immer noch wunderschön, aber sie hatte schon diesen pathetischen Gesichtsausdruck der Toten angenommen. Von einigen Schmuckstücken abgesehen unter anderem einer stilvollen ägyptischen Halskette, goldenen Armbändern an beiden Handgelenken und fein gearbeiteten Goldschlangen, die sich an ihren Unterarmen emporwanden - war sie nackt. Sie lag ausgestreckt da, die Beine nebeneinander und die Hände knapp unter den Brüsten gefaltet.
    »So ist sie doch nicht gefunden worden!«, stellte ich fest.
    »Ihre Sklavinnen haben sie so hingelegt und bedeckt«, klärte Hermes mich auf. »Hätte ich sie nicht daran gehindert, hätten sie sie auch schon in den Tempel getragen.«
    Ich rief die Mädchen zu mir. »Habt ihr sie an exakt dieser Stelle gefunden?«
    »Ja«, brachte Leto hervor. »Aber wir konnten es nicht ertragen, sie liegenzulassen wie …«
    »Dass ihr bereit wart, die Tote vor der Durchführung der Reinigungsopfer zu berühren, spricht für eure

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